CDIO Khaled Bagban

Meine ersten 100 Tage bei Klöckner & Co.

12.08.2022
Karen Funk ist freie IT-Fachjournalistin und Autorin. Bis Mai 2024 war sie Redakteurin beim CIO-Magazin und der COMPUTERWOCHE (von Foundry/IDG). Zudem leitete sie 17 Jahre lang den renommierten IT-Wettbewerb CIO des Jahres. Funk setzt sich seit vielen Jahren für mehr Frauen in der IT und für digitale Bildung ein. 2024 erschien ihr Buch "Hack the world a better place: So gestalten Unternehmen die Zukunft", das sie mit Julia Freudenberg, Geschäftsführerin der Hacker School, zum Thema Corporate Volunteering geschrieben hat.
Seit Anfang Mai 2022 ist Khaled Bagban CDIO bei Klöckner. Wie Onboarding als Manager funktioniert und wie man sich in das Thema Stahl einarbeitet, verrät er hier.
CDIO Khaled Bagban hat sich in seinen ersten 100 Tagen bei Klöckner & Co. nicht nur mit dem Thema Stahl, sondern vor allem mit den Menschen im Unternehmen und den wichtigsten Standorten vertraut gemacht.
CDIO Khaled Bagban hat sich in seinen ersten 100 Tagen bei Klöckner & Co. nicht nur mit dem Thema Stahl, sondern vor allem mit den Menschen im Unternehmen und den wichtigsten Standorten vertraut gemacht.
Foto: Klöckner & Co

Khaled, Du warst bis vor kurzem als CIO bei Olympus im Bereich Medizintechnik und Life Science unterwegs. Jetzt bist Du seit Mai 2022 CIO und CDO beim Stahlhändler Klöckner & Co. Wie gelingt so ein Branchenwechsel?

Khaled Bagban: Ich bin kein StahlexperteStahlexperte, das ist ein komplett neues Gebiet für mich. Ich bin es aber gewohnt, mich in neue Themenfelder einzuarbeiten: Ich habe in der Telekommunikation angefangen, dann ging es weiter über BankenBanken, klassische IndustrieIndustrie, Onlinehandel und Kataloggeschäft bis zur Medizintechnik, Consumer Electronics und auch Life Science bei Olympus. Die Erfahrungen aus der Unternehmensberatung haben mir den Einstieg in unbekanntes Terrain erleichtert. Top-Firmen der Branche Banken Top-Firmen der Branche Industrie

Wie bist Du an das Thema Stahl herangegangen?

Khaled Bagban: Um Klöckner & Co und die Stahlbranche kennenzulernen, habe ich mir zunächst Informationen über die Branche sowie die Unternehmensstrategie eingeholt: Bereits vor meinem Start hatte ich erste Gespräche mit den Vorstandsmitgliedern und konnte mich mit zukünftigen Kollegen austauschen, um das Geschäft und die Unternehmensausrichtung besser zu verstehen. Und zu Ostern hat mir meine Frau ein Buch geschenkt: "Stahl-Metallurgie für Einsteiger" von John Verhoeven (lacht).

Wie weit bist Du?

Khaled Bagban: Nach Kapitel neun über die Härtbarkeit von Stahl bin ich ausgestiegen. Dann habe ich nur noch geblättert. Jetzt ist es mein Nachschlagewerk.

Inzwischen bist Du seit gut 100 Tagen bei Deinem neuen Arbeitgeber Klöckner & Co. Wie ist es Dir ergangen?

Khaled Bagban: Es war eine extrem schnelle und intensive Anfangszeit. In den ersten Wochen durfte ich an verschiedenen Standorten das Team und das operative Geschäft kennenlernen. Ich habe mir auch frühzeitig die Digitalisierungsinitiativen angeschaut und mir gemeinsam mit dem Vorstand Gedanken gemacht, wie wir in Zukunft die Weichen in Bezug auf die digitale Transformation stellen wollen.

Antrittsreise in die USA

Via LinkedIn habe ich Deine Antrittsreise am US-Standort Atlanta verfolgt, das war auch ganz am Anfang, richtig?

Khaled Bagban: Ja, das war mir sehr wichtig. Klöckner & Co generiert rund die Hälfte des Umsatzes in den USA - da ist es unerlässlich, in der neuen Rolle als CDIO auch global präsent zu sein. Das geht nicht nur vom Hauptsitz in Duisburg aus.

Apropos neue Rolle: Deine Funktion bei Klöckner & Co wurde neu geschaffen und Du stehst für drei Bereiche in weltweiter Funktion: Die klassische IT sowie Digitalisierung und Transformation.

Khaled Bagban: Die neue Rolle des Global CDIO umfasst neben den klassischen Aufgabenbereichen auch die komplette Transformations- und Innovationsverantwortung. Das ist sehr umfangreich und tangiert auch die operativen Einheiten, also Operations Technology, Robotik und Data & AnalyticsAnalytics. Die Digitalisierung ist bei Klöckner & Co fester Bestandteil des operativen Geschäfts, das gestalte ich aktiv mit. Alles zu Analytics auf CIO.de

Neue Berichtslinie: an den CEO

Du berichtest nicht an den CFO, sondern direkt an den CEO Guido Kerkhoff, auch das ist neu.

Khaled Bagban: Genau. Um die hohe Relevanz der digitalen Transformation für das operative Geschäft zu untermauern, berichte ich als CDIO direkt an den Vorstandsvorsitzenden.

Wie groß ist Dein Team?

Khaled Bagban: Insgesamt besteht das Team aus rund 260 Personen, davon rund 150 Digitalexperten bei kloeckner.i.

Wie lief denn das Kennenlernen in Corona-Zeiten?

Khaled Bagban: Um die Mitarbeitenden kennenzulernen, haben wir gängige Formate wie Townhalls und Meetings organisiert, die auch digital gut funktionieren. Zudem war es mir wichtig, das rund 35-köpfige IT-Führungsteam persönlich kennenzulernen. Dafür bin ich auch an verschiedene Standorte gereist, beispielsweise nach St. Gallen, Paris oder Blackburn. So habe ich ein gutes Gefühl für die Organisation, die Menschen und die Talente bekommen.

Grüne Transformation

Es fiel schon ein paar Mal das Stichwort Strategie: Wo geht denn die Reise hin bei Klöckner & Co in den nächsten Jahren?

Khaled Bagban: Als digitaler Pionier in der Stahlindustrie hat Klöckner & Co sehr früh auf Digitalisierung, Automation und datengestützte Geschäftsmodelle gesetzt. Im nächsten Schritt gilt es, mit der weiteren Digitalisierung auch die grüne Transformation noch stärker zu unterstützen. Das fängt bei der Ermittlung des Product Carbon Foot Prints an und soll in Zukunft so weit reichen, dass wir diesen entlang der gesamten Wertschöpfungskette optimieren können.

Klöckner & Co ist das erste Unternehmen weltweit, dessen CO2-Net-Zero-Reduktionsziele im regulären Verfahren nach den neuesten Standards der Science Based Targets initiative (SBTi) als wissenschaftlich fundiert anerkannt wurden. Darüber hinaus haben wir eine Bewertungsskala für grünen und CO2-reduzierten Stahl entwickelt, damit Kunden direkt einsehen können, wie das CO2-Profil eines bei Klöckner & Co gekauften Produktes aussieht.

Die Digitalisierung bei Klöckner & Co war bislang sehr auf die Kunden fokussiert, ihr habt mit dem Innovation Hub kloeckner.i sowie mit XOM in Berlin die Plattformen für Kunden und Zulieferer aufgebaut. Gibt es Bereiche in Sachen Digitalisierung, wo ihr Nachholbedarf habt?

Khaled Bagban: Ich sehe vor allem intern noch Digitalisierungspotenzial: Wir könnten die Administration aber auch Industrieprozesse noch stärker digitalisieren und automatisieren, das Stichwort lautet Industrie 4.0. Das würde unsere Stahllager noch effizienter machen. Damit würden wir zudem auf globale Megatrends reagieren und beispielsweise die Auswirkungen des demografischen Wandels etwas abfangen. Denn auch wir spüren, dass wir Robotics und Industrie 4.0-Lösungen benötigen, um den FachkräftemangelFachkräftemangel zu kompensieren. Ein weiteres wichtiges Thema ist aber auch die Architekturkonsolidierung und die Harmonisierung unserer ERP- und CRM-Landschaft. Alles zu Fachkräftemangel auf CIO.de

Wie sieht der Stahlmarkt derzeit aus?

Khaled Bagban: Wenn wir auf den Stahlmarkt schauen, sehen wir aktuell vor allem kleinere Wettbewerber mit niedrigen Overheadkosten sowie neue "Pure Digital Player". Letztere sind teilweise finanziert durch Venture Capital oder Private Equity-Unternehmen und können ihr Geschäft sehr frei aufbauen und gestalten. Wir sehen hier aber auch Vorteile auf unserer Seite, die wir nutzen können und ausbauen wollen: Neben einer hohen digitalen Kompetenz haben wir bei Klöckner & Co ein großes Netzwerk an Lieferanten und Kunden, langjährige Mitarbeitende mit viel Erfahrung, eine gute Datenlage, Branchenexpertise und Marktnähe. Das macht uns seit über 115 Jahren erfolgreich. Gleichzeitig entwickeln wir uns ständig weiter, um Wettbewerbsvorteile zu erhalten bzw. auszubauen und die digitale Transformation voranzutreiben.

New Work für Manager

Die Zentrale von Klöckner & Co ist in Duisburg, kloeckner.i ist in Berlin, Duisburg und Atlanta. Du lebst mit Deiner Familie in Hamburg. Wie bekommst Du das unter einen Hut?

Khaled Bagban: Ich arbeite da, wo ich gebraucht werde (lacht). Im Moment gibt es noch keinen festgelegten Ablauf. Ich bin aktuell im Schnitt zwei bis drei Tage pro Woche in Duisburg und in Berlin. Die übrige Zeit verbringe ich bei unseren internationalen Tochtergesellschaften und im Homeoffice in Hamburg.

Gibt es etwas, was Dich erstaunt hat bei Deinem Antritt?

Khaled Bagban: Mich hat die hohe Geschwindigkeit überrascht, mit der bei Klöckner & Co Entscheidungen getroffen und Dinge vorangetrieben werden. Das hatte ich bei einem traditionsreichen Stahlhändler nicht unbedingt erwartet. Wir arbeiten sehr agil, vor allem bei kloeckner.i - aber auch im Gesamtkonzern. Das WIR wird hier nicht nur groß geschrieben, sondern auch konsequent gelebt. Aus meiner Sicht erfüllen wir damit alle notwendigen Voraussetzungen, um die digitale Transformation erfolgreich fortzuführen.

Zur Person Khaled Bagban

Khaled Bagban trat Anfang Mai 2022 die neu geschaffene Stelle des Global Chief Digital and Information Officer (CDIO) beim Duisburger Stahlhändler Klöckner & Co an und leitet zudem in der Position des Chief Executive Officer (CEO) kloeckner.i die Geschicke der Digitaltochter.

Davor war der studierte Informatiker und Wirtschaftswissenschaftler acht Jahre bei Olympus in unterschiedlichen IT-Management-Positionen tätig, zuletzt als Global CIO Olympus LifeScience & Industry. Für seine Transformationsleistung bei Olympus und sein Talentförderungsprogramm wurde er im Wettbewerb "CIO des Jahres 2021" mit dem "Transformation of Work Award" ausgezeichnet.

Vor Olympus leitete er einige Jahre die Konzern-IT und Governance bei der Otto Group. Bagban war zudem mehrere Jahre als Unternehmensberater für IT-Strategie und Transformation unter anderem für Deloitte tätig. Gleichzeitig promovierte er in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hamburg.

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