KARRIEREPLANUNG
Mit Headhuntern nach oben
GÜNTER KÖSTER KENNT SIE, Roland Krieg und Gunnar Thaden hatten bereits Kontakt zu ihnen, und auch Volker von Minckwitz sind sie vertraut: Headhunter gehören zur KarriereKarriere fast jedes CIOs. "Da bin ich weggehuntet worden", sagt der eine ganz locker, ein anderer verweist fast verschämt auf Beziehungen, und ein Dritter mag sich eigentlich gar nicht äußern. Noch immer erscheint manchen die Zunft der Executive-Search-Berater als unseriös, gar unehrenhaft. Verständlich, dass das für Ernst Pabst "absoluter Blödsinn" ist. "Headhunter helfen beim Karrieremachen - nicht mehr und nicht weniger", sagt der Chef einer Beratungsfirma, die den Kontakt zwischen Huntern, Firmen und Suchenden herstellt. Das sieht auch Köster so. Der 46-Jährige leitet seit 1998 als CIO die IT des Troisdorfer Chemie- und Automotive-Konzerns Dynamit Nobel, hat weltweit rund 150 Mitarbeiter und verfügt über einen Jahresetat von knapp vierzig Millionen Euro. "Headhunter gehören bei unserem Beruf einfach dazu", sagt er. Fast periodisch melden sich Personalberater bei ihm, um zu fragen, ob er nicht Interesse an einer beruflichen Veränderung habe. "Das ist doch völlig legitim, sofern Interessenlage und der persönliche Veränderungswunsch zusammenpassen." Und es spült viel Geld in die Kassen der Branche: Rund 6400 Headhunter aus etwa 2000 Personalberatungsfirmen waren im vergangenen Jahr auf der Suche nach den richtigen Köpfen für knapp 90000 Suchaufträge. Im Erfolgsfall geht durchschnittlich ein Drittel des Jahresgehalts an den Headhunter; das summierte sich im Jahr 2000 auf einen Umsatz von 2,5 Milliarden Mark, 19 Prozent mehr als im Vorjahr. Entsprechend viele CIOs hatten bereits einen Headhunter an der Strippe. Köster etwa ließ sich Mitte der neunziger Jahre zum Wechsel bewegen, nachdem er neun Jahre im In- und Ausland für ABB Zürich gearbeitet hatte, zuletzt als Konzern-CIO eines weltweiten Geschäftsbereichs. "Ich wollte aus familiären Gründen wieder zurück nach Deutschland, und neue Herausforderungen brauchte ich auch", sagt der diplomierte Betriebswirtschaftler. "Wenn in dieser Zeit der Headhunter mit dem richtigen Angebot anruft, fällt der Wechsel natürlich leichter." Auftraggeber war damals ein internationaler Konzern für optoelektronische Produkte und Engineering im Breisgau, der einen CIO zur Globalisierung der IT suchte. Doch nur die wirklichen Spitzen-Researcher schaffen es, hoch qualifizierte Leute in attraktive Positionen zu hieven. Diese Erfahrung machte auch Roland Krieg. Auf einem Kongress lernte der 46-Jährige - sicher nicht zufällig - einen Headhunter kennen, der ihn als CIO zum Frankfurter Flughafen (Fraport) brachte. Schon beim ersten Kontakt wollte der Executive Searcher viel von Krieg wissen. "Mein Leben, meine Karriere - das war alles in Ordnung. Ich dachte, es schadet ja nie, mit einem Headhunter zu reden", sagt Krieg. Der eröffnete ihm schließlich, dass er auf der Suche nach einem geeigneten Mann für Fraport sei. Vorher habe er öfter Anrufe von Researchern erhalten, die die Vorrecherche für Headhunter durchführen. "Aus Neugier" hat sich der promovierte Physiker manchmal darauf eingelassen. "Aber das hat nie geklappt. Die wirklichen guten Jobs laufen anders." Ins Visier des erfolgreichen Headhunters kam Krieg, als er während seiner Tätigkeit als Prokurist und Betriebsstättenleiter bei der IBM-Tochter IBO-Informationssysteme häufiger als Referent auftrat; Thema waren Service Level Agreements. Heute referiert Krieg in der erweiterten Fraport-Vorstandssitzung, deren ständiger Teilnehmer er ist, über Themen wie "Einsatz der Kundenerfolgsrechnung in SAPSAP/R3 zur Steuerung der Geschäftsfelder". Mit Headhuntern vertraut ist auch Gunnar Thaden, CIO vom TÜV Nord. Bereits dreimal halfen ihm Personalberater in den nächsten Job, zuletzt auf den Chefsessel in Hannover. Hier war das Persönlichkeitsprofil wichtig: "Der TÜV suchte jemanden, dessen Mentalität zu der des Unternehmens passt", sagt Thaden. In zwei Monaten - vom ersten Anruf bis zur Vertragsunterzeichnung - sei alles unter Dach und Fach gewesen, sagt der gelernte EDV-Kaufmann. Informatik-Diplom erwünscht Mit seinem Berufsabschluss steht Thaden relativ allein da. Viele CIOs haben einen akademischen Titel erworben. "Obwohl in den ursprünglich erstellten Wunschprofilen selten ein Studium als Voraussetzung für die Besetzung einer bestimmten CIO-Position genannt wird, lassen sich die meisten Unternehmen schließlich doch von einer akademischen Ausbildung überzeugen", so jedenfalls die Erfahrung von Gabriele Lehner, Geschäftsführerin der Plaut Personalberatung in Wien. "Wichtigste Voraussetzung für CIOs ist ein technisches Studium", sagt auch Jürgen Rohrmeier, Mitglied der Geschäftsleitung der Kienbaum Executive Consultant in München; besser sei jedoch ein Abschluss in Wirtschaftsinformatik. Noch höher hängt Mischa von Velsen vom Münchner Personalberater Pape die Latte: "Der ideale Kandidat hat ein technisches und ein wirtschaftswissenschaftliches Studium abgeschlossen." Die Zahl der nicht studierten Quereinsteiger wird also in Zukunft sinken. Nach Beobachtung von Elke Beekmann, Headhunterin und Partnerin bei Civitas in München, sind solche CIOs derzeit jedoch keine Seltenheit. Die Ansprüche an den gesuchten CIO unterscheiden sich nicht wesentlich. Fast zwingend ist Industrieerfahrung in einem Unternehmen erforderlich, das mit der neuesten Technik arbeitet. Beekmann: "Das vergrößert die Einsatzmöglichkeiten." Karrierefördernd sind außerdem einige Jahre Berufserfahrung in der Beratung. "Idealerweise hat der Kandidat dort IT-Projekte geleitet, beispielsweise eine SAP-Einführung über alle Bereiche, und das mit strategischem Ansatz", sagt von Velsen. Sicherheits-Know-how gefragt Natürlich gilt generell: Je mehr Erfahrung mit Prozessoptimierungsverfahren wie Supply Chain Management oder Customer Relationship Management vorhanden ist, desto leichter wird der Aufstieg. Erfolge mit E-Business-Projekten können laut Plaut-Chefin Lehner ebenfalls den Ausschlag geben. Ganz neue Anforderungen sieht Beekmann in Sachen SecuritySecurity auf die CIOs zukommen: "Nach den Terroranschlägen am 11. September hat sich die Nachfrage nach Fähigkeiten in diesem Bereich schlagartig erhöht" - besonders in Großunternehmen und in öffentlichen Organisationen. Als wichtigstes Gut zählt indes Business-Know-how. Wer im Bereich Betriebswirtschaft größere Lücken hat, braucht - so die Überzeugung der Headhunter - keine Bewerbung als CIO abzuschicken. "Ein Techie wird in diese Aufgabe nicht hineinwachsen können", heißt es. Von Velsen beschreibt den mustergültigen CIO als einen "Generalisten, für den die IT nicht alles, sondern lediglich Mittel zum Zweck ist". Sechs Monate Garantie Doch wie arbeiten eigentlich Headhunter, wenn sie auf die Jagd nach CIOs gehen? "Bei diesen Top-Positionen arbeiten wir anders als üblicherweise: Wir Berater rufen selbst an und nennen unseren Namen. Alles andere ist unseriös", sagt Beekmann. Die Namen der potenziellen Kandidaten seien in der Szene oft bekannt, die sonst erforderlichen Vorbereitungen durch Researcher überflüssig. Im ersten Telefonat wird meist nur ein Gesprächstermin vereinbart, um die grundsätzliche Übereinstimmung mit dem Anforderungsprofil zu prüfen. Diese Unterhaltung kann durchaus eine Stunde oder länger dauern. In der Regel fällt hier auch der Name des Unternehmens, um das es geht. Anschließend werden in Absprache mit dem Kandidaten Referenzen von früheren Arbeitgebern oder Manager-Kollegen eingeholt. Höhepunkt ist schließlich der Auftritt beim potenziellen Arbeitgeber. "Hier sind wir aber selten dabei; unser Job ist dann vorerst erledigt", sagt Beekmann. Mit dem Auftraggeber sind bereits im Vorfeld ausführliche Gespräche geführt worden - über die genaue Positionierung, das Aufgabenfeld und die Verantwortungsbereiche des neuen CIOs. Auch die gewünschten Soft Skills und das erforderliche Fachwissen werden dabei fixiert. Ebenso wissen die Headhunter, wie alt der Aspirant etwa sein sollte, welche Gehaltsspanne vorgegeben ist, wie viele Mitarbeiter zu leiten sind und auf welcher Ebene die Position im Unternehmen angesiedelt ist. Wichtig für interessierte Bewerber ist die Frage, wie lange der Headhunter schon für das betreffende Unternehmen tätig ist. Kennt er die Strukturen dort, kann er besser beurteilen, ob jemand tatsächlich in das Unternehmen passt. Zu diesem Fitting-Prozess gehört auch die Gehaltsfrage. Das Jahressalär eines CIOs bewegt sich zwischen 250 000 und 700000 Mark, wobei etwa dreißig Prozent dieser Summe häufig als variabler Bestandsteil ausgehandelt werden. Wie hoch das Einkommen konkret ist, hängt von der Firmengröße (Umsatz und Mitarbeiterzahl) ab, von der Branche und dem Verantwortungsbereich. Die Eine-Million-Mark-Hürde haben nach Einschätzung der Headhunter erst sehr wenige CIOs in Deutschland genommen. Ist ein Deal abgeschlossen, betreiben die Personalberater eine Art Nachsorge: "In den ersten Arbeitsmonaten rufen wir den neuen CIO mindestens einmal monatlich an - das wirkt wie ein Frühwarnsystem", sagt Kienbaum-Mitarbeiter Rohrmeier. Schwierigkeiten lassen sich so frühzeitig ausräumen. Kommt es doch zum "Rücklauf", hat der Headhunter das Nachsehen: Renommierte Personalberatungen gewähren ihren Kunden eine mindestens sechsmonatige Garantiezeit auf den neuen Manager. Funktioniert die Zusammenarbeit in diesem Zeitrahmen nicht, sind sie verpflichtet, kostenlos einen neuen Kandidaten zu präsentieren. "Das kommt fast nie vor", behaupten naturgemäß die Headhunter. Falls doch, liege es überwiegend in der menschlichen Natur; der "Nasenfaktor" stimme eben manchmal nicht. Wechselwillen signalisieren CIOs, die eine neue Herausforderung suchen, sollten frühzeitig ihre Fühler ausstrecken - mindestens sechs Monate vorher, raten Experten. Der Besuch von Seminaren und Konferenzen bringt Kontakte; Vorträge oder Referate sowie Erwähnungen in Fachmagazinen erhöhen den Bekanntheitsgrad und damit die eigenen Chancen. Eine gute Netzwerkpflege gehört ohnehin zu den Grundlagen der Karriereplanung. Wer entschlossen ist, sich zu verändern, sollte sich ruhig bei einem Headhunter melden. Für die Personalberater sind Initiativbewerbungen mittlerweile Alltag - und durchaus gewollt und geschätzt. "Dadurch werden wir auf Kandidaten aufmerksam, die uns vorher vielleicht nicht bekannt waren", sagt Kienbaum-Berater Rohrmeier. Und wenn aktuell keine entsprechende IT-Position zu vergeben ist, lasse sich so zumindest die eigene Kandidaten-Datenbank für den nächsten Deal vergrößern, sagen die IT-Headhunter. Erfahrungen mit Initiativbewerbungen hat auch Volker von Minckwitz, ehemals CIO des Weka-Verlags in Augsburg. Der 42-Jährige leitete zuletzt als CEO die Weka-Tochter I-Connexx und verließ das Unternehmen, nachdem er das Reintegrationsprojekt abgeschlossen hatte. Nun befindet sich von Minckwitz in einer Orientierungsphase, in der er als selbstständiger Berater auch seinem früheren Arbeitgeber zur Seite steht. "Natürlich wissen die Headhunter, dass ich wieder auf dem Markt bin - die habe ich selbst informiert", sagt von Minckwitz. Und er fühlt sich gut aufgehoben: "Die kümmern sich wirklich um mich." Unzufriedenheit durch falsche Versprechen Das scheinen nicht alle so zu sehen. "Ein Drittel der von Headhuntern vermittelten Kandidaten ist bereits nach wenigen Monaten im neuen Job unzufrieden und hat die Firma verlassen", sagt Sven Kolthof. Er ist Chef von Rarecompany, einer Personalvermittlungsfirma, die sich für Bewerber aus den so genannten Wachstumsbranchen um passende Jobs kümmert und dazu Company Hunting betreibt. Bei einer Befragung unter 150 Managern aus dem Hightech-Umfeld, die über Rarecompany einen neuen Job fanden, bemängelten viele eine große Diskrepanz zwischen den Versprechen der Headhunter und der Realität. Ein weiterer Vorwurf: Der Fokus der Headhunter liege auf einer schnellen Besetzung der Stelle; die Karriereinteressen der Kandidaten würden kaum berücksichtigt. Als gute Alternative nannte jeder Vierte die Bemühungen über Netzwerkkontakte. "Headhunting beruht eher auf Zufallstreffern als auf Planung", sagt Kolthof. Um Wechselwillige kümmert sich auch Ernst Pabst. Unter www.headhunteradressen.de bietet er für 51 Euro eine Liste mit den Namen jener Headhunter, die sich auf diesen Beruf spezialisiert haben. "Diese Übersicht ist besonders im IT-Bereich wichtig, weil sich hier viele junge Personalberatungsunternehmen bewegen, die teilweise mit vollmundigen Versprechungen locken." Rund 700 Kunden pro Jahr beliefert er mit seinen Listen. Dabei wäre dieser Service eigentlich überflüssig, wenn sich die Jobsuchenden nur an einen alten Rat hielten, sagt er: "Es ist immer am besten, sich selbst permanent im Gespräch zu halten."
Headhunter-Tipps zur Bewerbung Die gravierendsten Fehler Jobhopping zur Gehaltsverbesserung: Ein mehrmaliger Jobwechsel innerhalb der letzten zwei Jahre führt zu einem schnelleren Aus. Schwaches Englisch: Fehlen im Lebenslauf sehr gute Englischkenntnisse, wird das Bewerbungsgespräch zur Kontrolle schon mal in Englisch geführt. Falscher Dresscode: Eine klassische Kombination ist wünschenswert, ein kariertes Sakko eher nicht. Zögern: Eine zu lange Entscheidungsphase wirkt wie eine schlecht getimte Prüfung des eigenen Marktwerts. Berufliche Unbeweglichkeit: Die Chancen für Aussitzer in unflexiblen Unternehmen sind gering. Mangelhafte Vorbereitung: Der Kandidat stellt Fragen über das Unternehmen, die er sich bei einer guten Vorarbeit leicht selbst hätte beantworten können.
Der Star der Branche Rick Fulghum vermittelt nur Top-Executives Wer von ihm angerufen wird, hat es geschafft - er ist ganz oben angekommen. Der Münchner Headhunter Rick Fulghum, Partner bei Rickert + Partner, sucht nur die absoluten Spitzen-Manager auf Vorstands- und Geschäftsleitungsebene, etwa 25 bis 30 Positionen jährlich. Firmenlenker wie Hartmut Mehdorn (damals Heidelberger Druckmaschinen) und Gerhard Cromme (Thyssen-Krupp) haben sich von Rickert + Partner auf die Chefsessel hieven lassen, ebenso wie einige CIOs. Gerhard Barth etwa wurde 1999 von Alcatel SEL zur Dresdner Bank geholt; und auch der ehemalige Debis-Manager Knud Norden nahm Fulghums Dienste letztes Jahr erfolgreich in Anspruch, indem er als Vorstands-CIO zu RWE wechselte. Die Messlatte, die Rickert + Partner anlegen, ist hoch: Mindestens 600000 Mark muss ein Kandidat auf die Gehaltswaage bringen; "im Durchschnitt ist es allerdings wesentlich mehr", sagt Fulghum, seit 1999 dabei. Diese Schallgrenze bedeutet aber nicht, dass sich die Headhunter nicht auch unterhalb dieses Betrags bemühen würden: "Wir machen Ausnahmen bei Personen, die sich in eigener Sache bei uns melden."
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