Digital Life Day
Daimler stimmt Mitarbeiter auf neue Arbeit ein
Der Digital Life Day, zu dem Daimler-Vorstand Renata Jungo Brüngger, die Konzernjuristen, Datenschützer und Compliance-Manager nach Ludwigsburg geladen hatte, begann mit einem ohrenbetäubenden Weckruf. Auftaktredner Dietmar Dahmen demonstrierte den Teilnehmern mit markigen Thesen und bildhaften Vergleichen, was Disruption heißt und welche Herausforderungen sich Unternehmen und Mitarbeiter stellen müssen.
Im Digital Life siegen die Faulen
"Disruption ist nichts Neues. Die Steinzeit endete damit, dass jemand Nein zum Stein sagte und zur Metallaxt überging. Das Grundbedürfnis bleibt aber gleich: ein möglichst effektives Werkzeug zu nutzen", so Dahmen. Heute buchten die Kunden ihre Unterkünfte nicht deshalb über AirBnB, weil sich ihr Bedürfnis - in dem Fall zu übernachten - geändert habe, sondern weil sie es über diese Plattform einfacher, schneller und billiger befriedigen könnten. Dass solche Plattformen letztendlich andere für sich arbeiten lassen, zeigt für Dahmen die Verkehrung der Verhältnisse: "Im Digital Life siegen die Faulen."
Für Unternehmen sei es angesichts von Plattformökonomie und Herausforderern aus der Internet-Szene wichtig, ihr Geschäft neu zu denken. Für einen Kühlschrankhersteller könne das etwa bedeuten, künftig seine Geräte kombiniert mit einem Befüllservice anzubieten.
Dahmen forderte seine Zuhörer auf, radikal zu denken: "Digitaler Wandel heißt, die alten Prozesse zu zerstören. Verbrennen Sie Ihre Ordner, wagen Sie sich, wie einst Arnold Schwarzenegger, auch an die schwierigen, scheinbar unerreichbaren Aufgaben." Schwarzenegger habe sich nicht damit begnügt Bodybuilder zu sein, er habe Mr. Universum werden wollen. Als Schauspieler musste es schon Hollywood sein, als Politiker die Gouverneurs-Rolle.
"Wachstum passiert nur außerhalb der eigenen Komfortzone, darum müssen Sie diese verlassen", sagte Dahmen. Der Redner scheute nicht davor zurück, diese Forderung mit einer drastischen Demonstration zu unterstreichen: Mit einer Motorsäge zerfetzte er zwei Daunenkissen, das er als Sinnbild für die Komfortzone auf einen Bürostuhl geklebt hatte. Bald war die Bühne in eine Federwolke gehüllt, die Zuschauer johlten vor Begeisterung.
Mit Lego neue Denkmuster finden
Mit dem Eröffnungsvortrag wollte DaimlerDaimler zeigen, dass unkonventionelles Denken nötig ist, um auf dem Weg in die digitale Zukunft voranzukommen. Deshalb gab es auf der Veranstaltung wenig Raum für klassische Vorträge, stattdessen wurde viel in Workshops ausprobiert und ein zwangloser persönlicher Austausch an Marktständen ermöglicht. Top-500-Firmenprofil für Daimler
Die Juristen waren von diesem offenen Format sichtlich angetan, die Lego-Workshops waren gleich ausgebucht. Hier galt es, in kleinen Gruppen zwei Fragen mithilfe von Legosteinen und Knetmasse zu beantworten und anschließend zu präsentieren: Was ist für mich eine integre Person? Wie lässt sich Integrität bei Daimler umsetzen? Konzernweit haben sich bereits 1000 Mitarbeiter an Lego Serious Play versucht, eine beliebte Methode aus der Design-Thinking-Welt, um Hierarchien zu überwinden, die gewohnten Pfade zu verlassen, gemeinsam nach neuen Ansätzen und Denkmustern zu suchen und diese auch zu visualisieren.
Intelligente Software beurteilt AGBs
Im Daimler-Ressort Integrität und Recht haben neue Arbeitsmethoden bereits Einzug gehalten: So wird intelligente Software in Form von Legal Tech eingesetzt, um AGBs zu beurteilen oder für Due Diligence-Prüfungen. Ziel ist es, mit digitalen Arbeitsmethoden die Effizienz zu steigern und gezielt mehr Zeit für die qualifizierte Beratertätigkeit zu gewinnen.
Für Renata Jungo Brüngger, die als Vorstand diese Ressorts verantwortet, hilft die DigitalisierungDigitalisierung zum einen, die weltweite Regelflut - pro Tag entstehen 200 neue Gesetze - besser zu bewältigen. Zum anderen fordert sie die Mitarbeiter in Recht und Compliance neu, etwa in der rechtlichen Beratung bei Zukunftsthemen wie Künstlicher Intelligenz, Digital Future Mobility oder Data Governance. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de
Dazu erklärt Jungo Brüngger: "Unser divisionsübergreifendes Projekt Data Governance verfolgt das Ziel, Nutzen aus Daten zu ziehen und gleichzeitig den sensiblen Umgang mit Daten sicherzustellen. Data Governance beinhaltet auch Datenschutz, meint aber noch umfassender den verantwortungsvollen, rechtskonformen und ethischen Umgang mit Daten. Damit gehen wir über die Anforderungen der DSGVO hinaus."
Neue Ideen belohnen
Verstärkte Zusammenarbeit über Team- und Abteilungsgrenzen hinweg ist ein Ausdruck des digitalen Wandels bei Daimler, der Umgang mit Ideen ein anderer. "Es reicht nicht zu sagen, wir brauchen mehr Innovation oder wir müssen agiler arbeiten", warnte etwa Timo Bularczyk vom Digital Transformation Office HR. Vielmehr brauche es eine Kultur, die Innovation belohne, und Menschen, die nicht auf den Kick-off warten, sondern loslegen, einen Prototyp bauen, für ihn einen Kunden suchen und dann auch an den späteren Service denken.
Für den Wettbewerb um neue Services, Produkte und Arbeitsweisen im Ressort Integrität und Recht haben sich rund 40 Teams aus China, den USA, Indien und Deutschland beworben, die Finalisten präsentieren sich mit Marktständen und Kurzvorträgen auf der großen Bühne. Gewonnen hat "tratoo", eine mit Hilfe künstlicher Intelligenz selbstlernende Übersetzungsplattform. Ziel ist es, eine Echtzeitübersetzung für Mails, Dokumente und Präsentationen genauso wie für die Unterhaltung mit dem Taxifahrer auf Geschäftsreisen anzubieten. Die Gewinner erhielten ein Budget und Mentoring, um die Idee umzusetzen.
Gemeinsam verschiedene Ziele erreichen
Den Netzwerkgedanken fördert eine weitere Methode, die Lukas Fütterer und Melanie Rassloff den Daimler-Juristen vorstellten: Über das Intranet können sich Daimler-Mitarbeiter einem "Working-out-Loud-Circle" anschließen. In jedem Kreis finden bis zu fünf Mitarbeiter zusammen, die sich eine Stunde pro Woche austauschen, um binnen zwölf Wochen ihre individuellen Ziele zu erreichen. "Obwohl jeder sich ein anderes Ziel gesetzt hat, das ihn persönlich motoviert, kommt der Einzelne schneller weiter, da alle sich gegenseitig unterstützen", erklärte Fütterer. Da die Zirkelmitglieder meist aus ganz unterschiedlichen Bereichen kommen, entstehen ganz neue Verbindungen und eine neue Offenheit.