Retail IT


Der lange Weg zu transparenten Handelsketten

Multi-Enterprise-Collaboration

20.09.2006
Ein MEC-Ansatz (Multi-Enterprise-Collaboration) bietet Unternehmen die Möglichkeit, Wachstums- und Ertragsziele schneller zu realisieren, indem sich die Geschäftsprozesse zwischen den Partnern einer Wertschöpfungskette schneller und fehlerfrei verwalten lassen.

In vielen Handelsunternehmen sind B2B-Infrastrukturen aus kleinen Anfängen heraus historisch gewachsen. Unkoordinierte Adhoc-Entwicklungen ließen vielerorts heterogene Systeme und Insellösungen entstehen, die das Potenzial einer integrierten Zusammenarbeit nicht ausschöpfen. Die eigentliche Aufgabe strategischer IT – nämlich Wirtschaftlichkeit und gesundes Wachstum eines Unternehmens zu fördern – können sie nicht leisten.

Um ein strategisches Transaktions-Management zu realisieren, müssen Hersteller und HandelHandel ihre vorhandenen Systeme nicht über Bord werfen. Für eine kurzfristige Effizienzsteigerung und eine langfristig erfolgreiche Integration über Unternehmensgrenzen hinweg gilt es, alle Partner entlang einer Wertschöpfungskette einzubinden. Eine Lösung dafür bietet Multi-Enterprise-Collaboration (MEC) – eine strategische Sichtweise, die über die Unternehmensgrenzen hinausgeht. Top-Firmen der Branche Handel

Der Handel ist traditionell eine Branche, in der ein besonders scharfer Wettbewerb herrscht. Geprägt von unbeständigen Kunden und winzigen Margen befindet sie sich ständig im Fluss. Entsprechend versucht die Community stärker als andere Branchen, Produktpositionierungen, Markenwert, Kundenbindung, Service-Grad und Einführungszeiten zu verbessern.

In diesem Verbesserungs- und Veränderungsprozess bildet die IT den Schlüssel zu mehr Effizienz und Kostenreduktion und kann zu den entscheidenden Wettbewerbsvorteilen verhelfen.

Vom Silo-System zur Enterprise Application Integration

Die IT im Handelssektor hat sich in drei Phasen entwickelt: Zunächst lag der Fokus auf einer Automatisierung von Prozessen innerhalb einer Abteilung. Als Folge entstanden Silo-Systeme in den einzelnen Abteilungen wie Kundendienst oder Buchhaltung. Dass diese Systeme in Zukunft miteinander kommunizieren können sollten, war eine Vision in weiter Ferne.

Später jedoch stellten die Handelsunternehmen fest, dass die Informationen in Formaten eingingen, die ihre neuen Computer nicht verarbeiten konnten. Solange Daten via E-Mail, Fax, Telefon oder als Adressaufkleber auf Paketen ankamen, mussten sie immer noch per Hand in die Systeme eingegeben werden. An eine vollautomatische Verarbeitung war so noch nicht zu denken.

Die bedeutendste Entwicklung auf diesem Gebiet war das so genannte Electronic Data Interchange (EDI) – also der automatische Versand von strukturierten Nachrichten zwischen Anwendungssystemen von Handelspartnern. Bei EDI ging es in erster Linie um Geschäftsdokumente wie Aufträge oder Rechnungen. Andere Initiativen beschäftigten sich mit der automatischen Verarbeitung von Informationen, die von Barcode- und Sprachausgabesystemen oder Magnetstreifen stammten. Und immer ging es darum, die Information, die man physisch in der Hand hielt, in den Computer zu transferieren, so dass dieser sie automatisch weiterverarbeiten konnte.

Viele Informationen jedoch, die sich in einem Dokument befinden, sind abteilungs- und unternehmensübergreifend relevant: Auftragsvolumen und Preise, Liefer- und Rechnungsadressen, Bankverbindungen, Bestell- und Rechnungsnummern etc. Und viele Entscheidungen, die aufgrund dieser Daten gefällt werden, könnten automatisiert oder zumindest durch IT unterstützt werden. Seit dieser Zeit konzentrieren sich Handelsunternehmen darauf, die Silo-Systeme zu integrieren, um die dort vorhandenen Informationen über Abteilungsgrenzen hinweg auszutauschen – jedoch nur innerhalb ihres Unternehmens. Man spricht dabei von Enterprise Application Integration, kurz EAI.

Doch dem Optimierungspotenzial sind Grenzen gesetzt – im wahrsten Sinne des Wortes, wenn die Initiative an den Grenzen der Unternehmung endet. Um sich auch in Zukunft Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz zu erarbeiten, müssen Handelsunternehmen ihre Geschäftsprozesse auf ihre Lieferanten, Kunden und Partner ausweiten.

Das Dilemma der Handelsunternehmen

Wo immer ein Unternehmen über Informationen verfügt, die auch einem anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden könnten, so dass es damit arbeiten kann, bietet sich die Chance für Multi-Enterprise-Collaboration (MEC). Doch die Kooperation mit Geschäftspartnern hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Handelsunternehmen bieten ihre Dienste im Wesentlichen immer noch denselben Kunden an, doch der Prozess dahinter ist viel komplexer geworden.

Um Wachstum zu erzielen, wurden neue Kanäle aufgesetzt, das Produkt- und Service-Angebot erweitert, Operationen ausgelagert und Wettbewerber oder Partner übernommen. Das daraus entstandene Handelsnetzwerk macht es ungleich schwerer, die Bedürfnisse zu erfüllen: Es gibt mehrfache Auslieferungsprozesse, unterschiedliche Lieferanten, mehrere Datawarehouses und Service Provider sowie zahlreiche direkte und indirekte Vertriebskanäle – beispielsweise Online, über Partner, Versandkataloge, Shop-im-Shop-Systeme oder Franchise-Nehmer.

Handelsunternehmen stehen vor einem Dilemma: Zum einen ist die Ausweitung der Vertriebskanäle essenziell, um Marktanteile zu behaupten und auszubauen. Gemäß einer Untersuchung von Forrester Research sind 65 Prozent der Konsumenten Multi-Channel-Shopper, die laut den Marktforschern von McKinsey 20 bis 25 Prozent mehr Umsatz als der durchschnittliche Kunde generieren.

Zum anderen jedoch verschlechtert sich die Visibilität der Wertschöpfungskette, je größer das Handelsnetzwerk wird und je mehr Parteien und Verkaufskanäle daran angeschlossen sind. Schmerzhaft deutlich wird die fehlende Visibilität, wenn es um Lagerbestände geht: Hat ein Hersteller beispielsweise zu wenig Material auf Lager, sobald der Händler einen Großauftrag erteilt, entstehen Fehlmengen. Zu große Lagermengen wiederum binden Kapital. Hier hat der fehlende Zugang zu geschäftskritischer Information direkte Auswirkung auf die Gewinnsituation.

MEC-Lösungen helfen Unternehmen dabei, mehr Transparenz in ihre Wertschöpfungskette zu bringen. Sie lassen Systeme miteinander kommunizieren und sorgen dafür, dass die Informationen allen Beteiligten zur Verfügung stehen. Im oben genannten Beispiel weiß der Lieferant, welche Bestellungen im System des Händlers eingebucht werden, und der Händler wiederum, über welche Lieferkapazitäten sein Lieferant verfügt.

Da je nach Größe der Community mehrere Hundert bis Tausend Anwendungen involviert sind, machen Punkt-zu-Punkt-Schnittstellen wenig Sinn. MEC-Lösungen bieten daher einen anderen Ansatz: Sie sitzen zwischen den Anwendungen und übersetzen die Datenlieferungen. Anstatt jeweils Schnittstellen zwischen den einzelnen Lösungen zu programmieren, ist jede Anwendung über einen Adapter mit der Plattform verbunden. Die Daten werden in ein universelles Format transformiert und so zwischen den Teilsystemen übersetzt. Auf diese Weise arbeiten alle internen Systeme mit denen externer Partner, gleich welcher Anzahl, nahtlos zusammen.

Spencer Marlow, Manager Regional Marketing EMEA, und Michael Leuschner, Sales Manager CER bei Sterling Commerce

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