Deutscher Ring
Neue Ampeln für 120 Scorecards
Der Pfad zur Balanced Scorecard führt über das Intranet: Doch nur wenige – wie etwa Alexander Tourneau - haben die Berechtigung, sich alle Karten anzuschauen. Die meisten sind grün und mit einem Haken versehen, manche tragen ein Ausrufezeichen und sind gelb. Das Problem liegt in den roten Stopschildern hinter manchen Bereichen. „Hier laufen die Kennzahlen aus dem Ruder“, erläutert der Leiter der Unternehmensentwicklung beim Versicherungsunternehmen Deutscher Ring Alexander Tourneau. Sind etwa Schadensquoten oder Leistungsausgaben zu hoch oder beschweren sich zu viele Kunden, sendet das System automatisch eine Hilfe-Mail an die Verantwortlichen. „Daraufhin lässt sich eine Initiative einleiten, zum Beispiel ein Sanierungsprojekt, mit dem die Ampel wieder in den grünen Bereich kommen soll“, erläutert Tourneau. Dieser Weg lässt sich online im System darstellen.
In dem, was auf dem Bildschirm heute so handhabbar und praktisch aussieht, steckt weit mehr als ein Stück Technik. Vom Startschuss des Projektes bis zum ersten Handgriff der externen SAP-Chefimplementierer verging ein Jahr. Und noch einmal ein Jahr, bis der Deutsche Ring (2600 Mitarbeiter, 1,4 Milliarden Euro Prämienvolumen 2004) schließlich unternehmensweit sein Ampelsystem eingeführt hatte.
Und das kam so. „Nicht komfortabel“ und „nicht widerspruchsfrei“ sei die Anzahl der Berichte gewesen, erläutert der Spezialist für Finanzdienstleistungen Tourneau, der 2003 von der Boston Consulting Group kam. So gab es damals 75 Storno-Definitionen, die sich nicht miteinander vergleichen ließen. Tourneau: „Eine einheitliche Plattform für die Balanced Scorecard musste her.“ Schließlich gab es eine Menge führungsrelevante Informationen in den Bereichen – teilweise jedoch ungenutzt. Tourneau war von Anfang an von der Managementmethode Balanced Scorecard überzeugt: „Sie hilft, ein Unternehmen durch die Frontscheibe und nicht durch den Rückspiegel zu führen.“
Tourneau beraumte Sitzungen ein, zu denen er die Verantwortlichen aller Bereiche und die entsprechenden Vorstände an einen Tisch holte – ausgestattet mit Bleistift und Papier. Es gab zwar Informationen über Kennzahlen wie die Produktivität, den Rückstand oder Durchlaufzeiten, doch seien die nicht transparent geworden, kommentiert Tourneau: „Sie wurden teilweise diskutiert, teilweise nicht.“ Es gab jedoch keine Klarheit darüber, wie breit und tief Informationen erhoben werden und wie weit Kennzahlen miteinander verlinkt werden sollten. Tourneau: „Das muss geklärt sein, sonst schafft man einen Datenfriedhof.“
Sämtliche Daten schaufelte der Deutsche Ring vorübergehend in eine zentrale Datensammelstelle – eine Access-Datenbank. „Als wir die Scorecards zusammen hatten, war klar, dass wir professionelle IT-Unterstützung brauchten“, so Tourneau, der heute 120 Scorecards mit etwa 400 Kennzahlen definiert hat. Erst als alle Kennzahlen da waren und der Deutsche Ring davon ausging, die Balanced Scorecard fachlich durchdrungen zu haben, begann die Tool-Auswahl.