T-Systems-Chef Ferri Abolhassan im Interview
"Nicht über KI dozieren, sondern anpacken"
KI ist ein existenzielles Thema
Und das Bewusstsein ist mittlerweile da. Das spüre ich auch bei uns in der Telekom, wenn unser CEO Tim Höttges sagt, KI ist nicht nur ein strategisches, sondern ein existenzielles Thema. Mittlerweile haben mehr als 88.000 Mitarbeitende unsere Lernangebote in Sachen KI angenommen.
Ich glaube Deutschland hat den Triggerpunkt verstanden und die Voraussetzungen sind gut. Schließlich ist Deutschland immer noch das Bildungsführerland. Und gehen wir mal zu den Wurzeln der KI. Am Ende sind alle diese KI-Themen Large Language Models (LLMs) und neuronale Netze mathematische Modelle, die in Europa und Deutschland erfunden wurden.
Denken Sie nur an das DFKI. An dem Institut begegne ich Menschen, die haben bereits zu neuronalen Netzen Vorträge gehalten, als ich studierte. Die Basis der ganzen Mathematik, die KI zugrunde liegt, ist eine europäische Domäne.
Die Voraussetzungen sind vorhanden
Also von unseren Wurzeln her haben wir gute Voraussetzungen. Aber das alles nützt nichts, wenn es uns nicht gelingt, diese Themen schnell in praktische Anwendungsfälle zu übersetzen. Wer es am schnellsten schafft, von der Theorie in die Praxis umzuschalten, der wird am Ende führend sein.
Was läuft dann in der Praxis falsch, wenn die Voraussetzungen vorhanden sind? Reden, diskutieren wir zu wenig über die Beispiele?
Ferri Abolhassan: Das ist bestimmt auch ein Grund. Deshalb haben wir unser bereits angesprochenes Booklet mit den vielen KI-Anwendungsbeispielen erstellt. Ich sehe im Moment das Glas auch nicht halb leer, sondern halb voll. Und die Anwender werden die KI-Lösungen nutzen, die sie im Unternehmensalltag wirklich brauchen.
Führungsanspruch bei KI-Integration
Um diese Kunden kämpfen wir. Dazu sind wir gut aufgestellt. Und wir werden weiterkämpfen und nicht aufhören, denn wir wollen eine führende Position bei der Integration von KI erreichen.
Die Telekom als KI-Leader? Sorry, wie wollen Sie als kleine Telekom gegenüber den US-amerikanischen Marktbegleitern bestehen, wovon erst einer kürzlich ankündigte, drei Milliarden in Sachen KI in Deutschland zu investieren?
Ferri Abolhassan: Also wir fühlen uns als Telekom überhaupt nicht klein, noch müssen wir uns angesichts unseres Investments verstecken, das wir jedes Jahr allein für die Modernisierung, für die Infrastruktur und für die Digitalisierung des Standortes Deutschland tätigen.
Sie investieren in die Digitalisierung. In vielen internationalen Vergleichen wird Deutschland eher zu den Schlusslichtern bei der Digitalisierung gezählt. Teilen Sie diese Einschätzung?
Wir haben etliche Vorzeigeunternehmen
Ferri Abolhassan: Ich glaube, wir haben etliche Vorzeigeunternehmen. Sei es die SAP, Aleph Alpha oder auch unser Unternehmen. Das, was wir für die Modernisierung des Standorts Deutschland tun - etwa beim Glasfaserausbau - hat ja eine gesellschaftliche Relevanz.
Wo wir als Land nicht führend sind, das ist die Digitalisierung von Verwaltungsabläufen. Das betrifft nicht nur die angesprochenen Bürgerdienste, sondern auch zahlreiche Genehmigungsverfahren. Davon sind wir ja selbst betroffen, etwa beim Glasfaserausbau. Und es gibt zu viele manuelle, nicht automatisierte Prozessketten.
Wir haben viel über Deutschland diskutiert, aber was muss eine T-Systems künftig besser machen?
Ferri Abolhassan: Ich glaube, wir müssen über die guten Dinge, die wir tun, mehr reden. So ist es ein zu großes Geheimnis, dass wir in Sachen KI weltweit schon viele erfolgreiche Projekte gemacht haben. Deswegen sollte immer gelten, tue Gutes und rede darüber.
Ein anderer Punkt ist, dass wir als T-Systems als Teil der Telekom agieren. Damit haben wir eine ganz andere Größe, als wenn wir uns als T-Systems allein positionieren. Und wir können wie kein anderer Service-Provider auf ein komplettes ICT-Portfolio zugreifen, so dass wir in anderen Größenordnungen und mit einer anderen Leistungstiefe agieren können.