Manager-Pannen

"Öffentliches Tratschen ist tabu"

07.10.2015
Von Kristin Schmidt
Wenn Manager nicht aufpassen, kann es schnell unangenehm werden. Die Autoren des Buchs "Manager in der Öffentlichkeit – Fettnäpfchen kennen und meiden", Sebastian Kirchner und Thomas Breyer-Mayländer, schildern potenzielle Stolperfallen und wie man sie meidet.

Vor einigen Monaten hat sich der britische Premierminister David Cameron in einem Gespräch mit dem Medienunternehmer Michael Bloomberg despektierlich über die Queen geäußert. Nur dumm, dass die Mikrofone der Journalisten eingeschaltet waren. Peinlich?

Thomas Breyer-Mayländer: Allerdings. Denn dieser Fall zeigt gleich zwei Dimensionen auf. Zum einen ist es vermessen, ein Medien-Unternehmen zu besuchen und nicht damit zu rechnen, dass Mikros und Kameras mitlaufen. Zweitens ist Tratschen bei öffentlichen Auftritten ohnehin ein Tabu. Ein solches Verhalten ist ausschließlich im privaten Umfeld erlaubt.

Sebastian Kirchner: Unglaublich finde ich an der ganzen Geschichte aber vor allem, dass Cameron nicht von Fehlern anderer gelernt hat. Vor einigen Jahren etwa passierte dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush ein ähnlicher Fauxpas, als er tuschelnd einen Journalisten verunglimpfte. Auch in diesem Fall waren die Mikros eingeschaltet und die Worte des Präsidenten wurden aufgezeichnet.

Jetzt sind es aber nicht nur die Politiker, denen solche Fehler unterlaufen, sondern auch Manager und Unternehmer. Welches Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit fällt Ihnen da ein?

Breyer-Mayländer: Da denke ich an ein Interview mit dem BER-Chef Hartmut Mehdorn im "Spiegel". Darin hat er seinem eigenen Aufsichtsrat Unvermögen vorgeworfen. Wenn man davon ausgeht, dass eigentlich das Gremium ihn kontrollieren soll und er derjenige ist, der liefern muss, dann ist eine solche Kritik nicht gerade clever. Denn ein Top-Manager wie Mehdorn sollte wissen, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit dann nicht mehr möglich ist.

Und dass Internes auch intern bleiben muss.

Breyer-Mayländer: Ja, allerdings ist das manchmal nicht zu steuern. Weil Journalisten natürlich versuchen, bestimmte Dinge öffentlich zu diskutieren. Dennoch sollten die klaren Worte intern fallen und nach außen eher zurückhaltend kommuniziert werden.

Und das sollte ein Profi wissen.

Breyer-Mayländer: Theoretisch ja, in der Praxis sind solche starken Persönlichkeiten allerdings häufig wenig sensibel und bilden sich schnell ein Urteil über andere - und verkünden dieses dann auch noch selbstsicher. Sie halten ihren Standpunkt für den einzig richtigen.

Ist das ein häufiger Fehler, der bei Managern auftritt?

Kirchner: Ja, sie sind egozentriert, versetzen sich nicht in andere hinein und wundern sich dann, wenn sie nicht verstanden werden. Ein gutes Beispiel dafür ist, wenn CEOs auf Hauptversammlungen zu den Kleinaktionären sprechen. Sie nutzen einen Fachwortschatz, verwenden viele Anglizismen und argumentieren auf ihrem, meist sehr hohen Niveau. Die Kleinaktionäre können überhaupt nicht verstehen, was gemeint ist. Das schafft eine Kluft zwischen Unternehmen und Anlegern, aber auch Mitarbeitern.

Welche Fehler sind darüber hinaus typisch für Manager?

Kirchner: Sie halten sich für sehr schlagfertig und bereiten sich deshalb nicht sonderlich auf öffentliche Auftritte vor. Das kann zum einen dazu führen, dass sie inhaltlich falsche Aussagen treffen oder sich zum anderen zu impulsiven Reaktionen hinreißen lassen. So zum Beispiel Josef Ackermann, der sich im Rahmen einer Gerichtsverhandlung wegen Untreue das Victory-Zeichen nicht verkneifen konnte. Diese Geste hat die Öffentlichkeit als äußerst unpassend empfunden.

Das heißt, ich muss mich zum einen inhaltlich sehr gut vorbereiten, darf mich nicht selbst überschätzen.

Kirchner: Genau.

Und ich muss auch mein Temperament zügeln. Mir vorher überlegen, welche Symbole gehen und welche nicht. Das stelle ich mir sehr schwierig vor. Wir sind alle Menschen, die auch mal impulsiv reagieren.

Kirchner: Das ist natürlich eine Frage des Charakters. Dennoch sollte sich jeder über sein Temperament im Klaren sein und darüber, wie weit die eigene Intention einer Geste von der Interpretation durch andere abweichen kann. Mit diesem Wissen gelingt es zumindest, unüberlegte Handlungen einzudämmen.

Breyer-Mayländer: Impulsiv zu sein, ist keineswegs schlecht. Denn es ist ja auch authentisch. Aber jeder Manager sollte sein eigenes Fehlerrisiko bezüglich seines Temperaments zumindest hinterfragen.

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