Finance IT


Digitalisierung in der Finanzbranche

Rules Engines erleichtern die Digitale Transformation

Thomas Cotic ist Gründungsmitglied und CEO des Softwareherstellers Actico. Nach seinem Studium der Allgemeinen Informatik mit Schwerpunkt Künstliche Intelligenz war Thomas Cotic in einem Technologieunternehmen mit Spezialisierung auf intelligente Systeme tätig. Seit 1997 befasst er sich in geschäftsführenden Positionen verschiedener Unternehmen mit der Entwicklung von Software für die Entscheidungsautomatisierung.

Zentrale Rules Engines

Auf Fachvorträgen und Konferenzen diskutiert die Finanzindustrie intensiv über den Einsatz von zentralen Rules Engines - ein Konzept, das unmittelbar aus den Digitalisierungsprojekten der Institute hervorgeht. Der Hintergrund ist einfach nachvollziehbar: Die Unternehmen erweiterten in den vergangenen Jahren ihre Systemlandschaften erheblich, um mit Ihren Kunden über alle Kanäle hinweg Geschäfte tätigen zu können. Viele der Applikationen erfüllen jedoch ähnliche oder gar identische fachliche Aufgaben: Sie führen dieselben fachlichen Entscheidungen aus, müssen grundsätzliche Unternehmensrichtlinien einhalten und einheitlich die geltenden gesetzlichen Regularien berücksichtigen.

Häufig wird neben der Rules Engine als Ausführungseinheit auch ein zentrales Repository in der Unternehmensarchitektur vorgesehen, welches die Entscheidungsregeln sowie die GRC-Regeln beinhaltet. Dieses sogenannte Rules Repository bildet die Plattform für die Kollaboration zwischen Fachbereichen und IT. Aus dem Rules Repository heraus erfolgt die Bereitstellung der Regeln (Deployment) zur Ausführung. BRM-Systeme bieten für die Ausführung unterschiedlichste technische Möglichkeiten - ob als Service in einer Service-orientierten Architektur bereitgestellt oder direkt integriert in zeitkritische Handelssysteme ist hierbei unerheblich. Entscheidend ist, dass über das zentrale Repository sichergestellt wird, dass die jeweils gültigen Entscheidungsregeln unabhängig vom Zielsystem konsistent zur Anwendung kommen.

Entscheidungsregeln aus den Fachbereichen werden in einem zentralen Rule Repository hinterlegt.
Entscheidungsregeln aus den Fachbereichen werden in einem zentralen Rule Repository hinterlegt.
Foto: ACTICO

Vorteile einer zentralen Rules Engine

Von der Nutzung einer zentralen Rules Engine profitieren Fachbereiche und IT gleichermaßen:

  • Business-IT-Alignment: Der modellbasierte Ansatz fördert eine klare Aufgabenteilung: Fachbereiche werden dazu befähigt, Entscheidungsmodelle selbständig zu pflegen, während der IT-Bereich die technische Infrastruktur bereitstellt und bei der Integration unterstützt. Das BRMS dient dabei als gemeinsam genutzte Kollaborationsplattform.

  • Kurze Time-to-Market: Fachbereiche können Änderungen in den Entscheidungsregeln unabhängig von den IT-Releasezyklen umsetzen, was die Markteinführung deutlich beschleunigt und die Innovationsfähigkeit fördert.

  • Effizienzsteigerung: Die Automatisierung von Entscheidungen führt zu Effizienzsteigerungen im gesamten Unternehmen. Organisationale Abläufe werden weitgehend digitalisiert, was Prozesskosten signifikant reduziert und die Produktivität erhöht.

  • Transparenz: Fachliche Entscheidungsmodelle und regulatorische Regeln werden ganzheitlich in Form von grafischen Modellen gepflegt. Diese schaffen eine hohe Transparenz über Zusammenhänge und Abhängigkeiten.

  • Revisionssicherheit: Jede Transaktion wird lückenlos in einem Audittrail dokumentiert. Damit sind Entscheidungen auch im Nachhinein vollständig, d. h. einschließlich Zeitpunkt, Grund und zugrundeliegenden Informationen, nachvollziehbar.

  • Kontinuierliche Optimierung: Die dokumentierten Transaktionen bilden die Basis für eine IT-gestützte Analyse, anhand derer die Entscheidungsmodelle kontinuierlich optimiert werden können. Dieser Aspekt ist ein essentieller Bestandteil einer vollständigen Digitalisierungsstrategie.

Ausblick: Decision Management als wegweisende Disziplin

Dass das Management von Entscheidungsprozessen im Trend ist, zeigen Analysten und Software-Anbieter, die sich unter dem Begriff "Operational Decision Management" mit der Entwicklung integrierter Decision-Management-Systeme befassen. Diese zielen darauf ab, alle fachlichen und technologischen Aspekte einer automatisierten Entscheidungsfindung möglichst ganzheitlich einzubeziehen: Vom Design über die automatisierte Ausführung und die Analyse bis hin zur Optimierung. Durch die Kombination von Business Rules Management und analytischer Software entsteht so ein Ende-zu-Ende-System, das Unternehmen eine fortwährende Optimierung ihrer Geschäftsmodelle an die sich verändernde digitale Welt ermöglicht.

Zur Startseite