Angst vor China?
Schärfere Regeln für Investoren-Einstieg
Die Zeiten sind turbulent - und vor allem Unternehmen aus China drängen nach Deutschland: Die Bundesregierung hat zum Schutz vor Spionage und des geistigen Eigentums die Hürden für ausländische Investoren erhöht. Mit einer Änderung der Außenwirtschaftsverordnung senkte das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin für sensible Bereiche die Schwelle, ab der die Bundesregierung einen Anteilserwerb durch einen Investor prüfen kann. Statt bisher ab einem Anteil von 25 Prozent wird nun schon ab zehn Prozent geprüft.
Das bezieht sich auf Investoren außerhalb der Europäischen Union. Auch wenn im zuständigen Bundeswirtschaftsministerium betont wird: "Es ist keine Lex China", sorgten zuletzt Einstiegsversuche chinesischer Investoren für Bauchschmerzen bei der Bundesregierung.
Die Regelung bezieht sich etwa auf die Bereiche Verteidigung oder kritische Infrastrukturen - und soll auch Spionageversuche abwehren. So hatte die Bundesregierung den Einstieg eines chinesischen Konzerns beim Stromnetzbetreiber 50Hertz nur mit Mühe verhindern können. Am Ende übernahm die Staatsbank KfW einen Anteil von 20 Prozent an 50Hertz erwerben und stach den chinesischen Staatskonzern SGCC aus.
Ziel ist, dass die Bundesregierung frühzeitiger mitreden kann, ob legitime Sicherheitsinteressen Deutschlands betroffen sein könnten. Künftig kann per Kabinettsbeschluss damit schon bei dem Versuch, zehn Prozent der Anteile eines Unternehmens zu kaufen, ein Stoppsignal durch die Regierung erfolgen. Zunächst war von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) eine 15-Prozent-Schwelle geplant, der Wert wurde nun verschärft - er orientiert sich an Vorschlägen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Für die Prüfverfahren kommen unter anderem folgende Bereiche in Frage: Telekommunikation, IT-Sicherheit, Kraftwerke, Stromnetze, Trinkwasser- und Lebensmittelversorgung, Zahlungsverkehr, Wertpapier- und Derivatgeschäfte, Krankenhausinformationssysteme, Luftverkehr, Schienenverkehr, See- und Binnenschifffahrt und der Softwarebereich. Auch der Medienbereich wurde in die Neuregelung aufgenommen, um zum Beispiel unliebsame Propaganda und Einflussnahme zu verhindern.
Die Regelung bedarf nicht der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat und kann somit nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft treten - sie gilt also direkt ab Januar. Scharfe Kritik kam vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Stefan Mair, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung, sagte: "Der BDI spricht sich gegen Verschärfungen der Außenwirtschaftsverordnung im Jahresrhythmus aus".
Die Bundesregierung verfüge bereits seit der Novelle 2017 über ein wirksames Instrument, um die nationale Sicherheit und kritische Infrastrukturen zu schützen. "Die Absenkung der Prüfschwelle führt dazu, dass noch mehr Unternehmen der Investitionskontrolle unterworfen sind." Deutschland müsse offen bleiben für ausländische Investoren. "Drei Millionen Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten für Unternehmen in ausländischer Hand", so Mair. Deutsche Unternehmen würden im Ausland sogar sieben Millionen Menschen beschäftigen. Ausländische Investoren in Deutschland würden ebenso Rechtssicherheit erwarten, "wie deutsche Unternehmen sie im Ausland einfordern".
Den Grünen hingegen geht die Regelung nicht weit genug. Katharina Dröge, Sprecherin für Handelspolitik, forderte Altmaier dazu auf, auch beim Aufbau kritischer Infrastruktur die Regeln zu verschärfen, nicht nur für den möglichen Einstieg bei Betreibern. Das gelte vor allem für den anstehenden Aufbau der neuen 5g-Mobilfunknetzes. "Das ist gefährlich naiv", warnte Dröge vor einem möglichem Einfallstor für Spionage und Datenabfluss. "Es ist unabdingbar, dass wir bei einer so wichtigen Infrastruktur genau prüfen können wer sie aufbaut und was er potenziell mit ihr machen kann." (dpa/rs)