Artificial Intelligence
Selbstlernende Systeme nur ein Buzzword?
Rainer Zierhofer ist Partner und Leiter der IT Management & Transformation Practice bei der Managementberatung Horváth & Partners in Frankfurt.
AI macht subjektive Interpretation unnötig
In den wenigen Firmen mit Erfahrungen im Bereich der AI-Projekte lassen sich auch für andere Unternehmen Muster bezüglich optimaler Einsatzbereiche erkennen. Großen Nutzen sehen die Befragten im Bereich der fortgeschrittenen selbstlernenden Systeme zum Beispiel dort, wo Entscheidungen bislang subjektiv durch Interpretation großer Informationsmengen getroffen wurden.
Firmen nutzen AI beispielsweise in folgenden Bereichen:
IT und Sicherheit (28 Prozent)
Marketing (24 Prozent)
Kundenservice (22 Prozent)
Hier fällt es Menschen mitunter schwer, den Überblick über riesige Datenmengen zu behalten. So werden sie mehr aus dem Bauch heraus interpretiert und Handlungsanweisungen abgeleitet. Künstliche Intelligenz kann helfen, Entscheidungen auf eine fundiertere Basis zu stellen.
In anderen Abteilungen werden eher die traditionellen regelbasierten Systeme angewendet. Diese Methode braucht klar definierte Problemstellungen, konkrete Fakten bestimmen den Prozess. Verändert sich die Datenlage, müssen IT-Mitarbeiter den Prozess neu definieren. Dahinter verbirgt sich kein echter Lernprozess, sondern eher eine Nachahmung menschlicher Intelligenz durch Computer. Sie können somit eher bei der Datenauswertung assistieren statt selbstständig zu arbeiten. Diese Hilfestellung wird in Finanzabteilungen beim Reporting und in der Produktion genutzt (je 13 Prozent). Auch im Controlling oder Personalmanagement sind regelbasierte Systeme im Einsatz.
Fazit: Veränderungen jetzt anstoßen
Um künftig mit der bereits selbst erkannten Entwicklung Richtung mehr AI-Anwendungen Schritt halten zu können, müssen Unternehmen jetzt tätig werden. In der Praxis haben sich als Handlungsempfehlung fünf wichtige Schritte herauskristallisiert, die eine erfolgreiche Nutzung von AI im Unternehmen ermöglichen.
1. Es müssen zunächst überhaupt die richtigen Anwendungsfelder im Unternehmen identifiziert werden. Interne Prozesse müssen bei diesen Schwerpunkten genauso berücksichtigt werden wie externe Produktanwendungen.
2. Sind die Anwendungsfelder gefunden, müssen dafür Leiplanken in Form einer an der Firmenstrategie orientierten AI-Strategie definiert werden. Darin werden die Roadmap und ein konkreter Aktionsplan definiert.
3. Anschließend wird mit ersten richtungsweisenden Anwendungen begonnen. Anhand solcher Leuchtturmprojekte werden erste Wertbeiträge für das Unternehmen sichtbar und Mitarbeiter können ihre Kompetenzen in der neuen Technologie erlernen oder ausbauen. AI-Experten können extern angeworben und intern geschult werden.
4. Sind erste Anwendungsfälle umgesetzt, muss AI im Organisations- und Betriebsmodell verankert werden. Für Experten müssen neue Rollen geschaffen oder bestehende angepasst werden, damit klare Zuständigkeiten und eine gute Verteilung der Umsetzungskompetenz gewährleistet sind. AgileAgile Zusammenarbeitsmodelle unterstützen den Übergang von der Pilot- in die Produktivphase. Alles zu Agile auf CIO.de
5. Ein aktives Change-Management ist wichtig für den Erfolg der AI-Einführung. Führungskräfte, Mitarbeiter und Arbeitnehmervertretung müssen im Prozess mitgenommen werden. Schulungen und Kooperationen können helfen, Kompetenzen im eigenen Haus aufzubauen und zu verankern. Zudem muss ein Plan für die Wartung und Weiterentwicklung der Systeme und Algorithmen festgelegt werden.
Es ist also ein ganzheitliches und systematisches Vorgehen erforderlich, um das volle Potenzial von Artificial Intelligence zu heben. Nur so kann die Performance im Unternehmen nachhaltig gesteigert werden. Ein rein technologisch getriebener oder auf die Umsetzung einzelner Anwendungsfälle abzielender Ansatz greift deutlich zu kurz.