Milliarden-Auftrag im Irak
Siemens sticht US-Rivalen GE aus
Am Ende hat es dann doch geklappt: Trotz massiver Interventionen von Präsident Donald Trump hat sich SiemensSiemens im Ringen um einen Milliarden-Auftrag im Irak gegen den US-Konkurrenten General Electric (GE) durchgesetzt. Die Münchner erhielten den Zuschlag für den Ausbau der Stromkapazitäten in dem Land. Dies teilten der Konzern und Iraks Regierung am Sonntag mit. Top-500-Firmenprofil für Siemens
Der Erfolg für Siemens hatte vor allem in den Tagen zuvor auf der Kippe gestanden. Die "Financial Times" hatte von erhöhtem Druck der USA auf die Regierung in Bagdad berichtet. Unter anderem seien Waffenlieferungen versprochen worden. Der Finanzdienst Bloomberg schrieb, ranghohe Vertreter der US-Regierung hätten Ministerpräsident Haider al-Abadi gewarnt, die Beziehungen zwischen den Ländern zu riskieren, falls der Auftrag an Siemens gehen sollte.
Siemens verspricht Unterstützung für den Aufbau im Irak
Doch auch die deutsche Seite hatte sich ins Zeug gelegt. Erst vor wenigen Wochen war Konzernchef Joe Kaeser gemeinsam mit dem parlamentarischen Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium in den Irak gereist, um dort persönlich für das Vorhaben zu werben. Neben der Schaffung Tausender Arbeitsplätze versprach Siemens auch Unterstützung beim Kampf gegen Korruption sowie bei der Ausbildung von Irakern und dem Aufbau von Schulen und Krankenhäusern. Dies alles seien Schlüsselelemente, um beim Aufbau eines neuen Irak zu helfen, sagte Kaeser bei der Unterzeichnung der Absichtserklärung.
Obwohl der Irak eines der ölreichsten Länder der Welt ist, leidet die Bevölkerung unter der schlechten Versorgung mit Elektrizität. Vor allem, wenn die Iraker in den heißen Sommermonaten mit Temperaturen von bis zu 50 Grad allerorten Klimaanlagen einschalten, fällt ständig der Strom aus. Seit dem Sturz von Langzeitherrscher Saddam Hussein 2003 scheiterten alle Regierungen daran, die Lage entscheidend zu verbessern. Ein Hauptgrund: die grassierende Korruption.
Der Frust der Iraker über die Mangelversorgung - auch mit Wasser und anderen öffentlichen Dienstleistungen - entlud sich in den vergangenen Wochen in Protesten. In der Stadt Basra im Süden, Zentrum der irakischen Ölförderung, gingen die Menschen auf die Straße. Bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften kam es zu Toten und Verletzten.
Der Elf-Gigawatt-Auftrag läuft über vier Jahre. Laut dem Unternehmen geht es um rund die Hälfte der aktuellen Stromerzeugungs-Kapazität in dem vom Krieg schwer gezeichneten Land.
Zweites Großprojekt für Siemens im Nahen Osten
Es ist innerhalb von nur etwas mehr als zwei Jahren schon das zweite Großprojekt, das Siemens im Nahen Osten für seine Kraftwerksparte an Land gezogen hat. Vor wenigen Monaten schloss der Konzern in Ägypten den Bau von drei neuen Gas- und Dampfturbinen mit einer Stromerzeugungs-Kapazität von 14,4 Gigawatt ab - nur rund zwei Jahre, nachdem man den Zuschlag mit einem Volumen von acht Milliarden Euro erhalten hatte. Dies war eine gute Werbung für das aktuelle Vorhaben.
Die kriselende Kraftwerkssparte der Münchner soll davon profitieren. Überkapazitäten bei Großturbinen und der generelle Strukturwandel der Energieversorgung hin zu erneuerbaren Quellen machen dem Geschäftsfeld zu schaffen. Um Kosten zu sparen, vereinbarte die Konzernspitze mit dem Gesamtbetriebsrat und der IG Metall den Abbau von rund 6900 Stellen weltweit, etwa 2900 davon in Deutschland.
Ob der Irak-Deal - in Kreisen ist von einem hohen einstelligen Milliarden-Betrag die Rede - daran etwas ändert, ist indes fraglich. Im Vorstand ist man darum bemüht, zwischen den Themen Jobabbau und Großauftrag zu trennen. Die Vereinbarung mit den Arbeitnehmern gelte trotz des Irak-Geschäfts, sagte Personalchefin Janina Kugel vor wenigen Wochen. Auch die Gewerkschaftsseite räumte ein, dass der neue Auftrag die langfristige negative Entwicklung kaum aufhalten dürfte.
Für GE dürfte die Niederlage im Irak die Probleme verschärfen. Als einstiger Innovationsführer und Aushängeschild der US-Wirtschaft ist der Konzern wegen dieser und anderer Schwierigkeiten schon seit Jahren im freien Fall. Jüngst erst setzte die über 125 Jahre alte US-Industrie-Ikone ihren erfolglosen Spitzenmanager John Flannery vor die Tür - es war der zweite Chefwechsel innerhalb von nur 14 Monaten.
Offensichtlich konnte nun selbst das Drängen der Politik aber die Entscheidung der Iraker für Siemens nicht verhindern. Aus dem Bundesverband der Deutschen IndustrieIndustrie (BDI) kam harsche Kritik an der Einmischung aus Washington. "Diese Art der Durchsetzung der "America-First"-Doktrin im weltweiten Wettbewerb multinationaler Unternehmen ist nicht akzeptabel", sagt Geschäftsführer Joachim Land der "Welt am Sonntag". (dpa/rs) Top-Firmen der Branche Industrie