Kanban-Systeme

So lösen Sie agile Konflikte

Stefanie Krauss ist Inhaberin von Tech Mediation, einem Unternehmen, das Organisationen dabei unterstützt, die virtuelle Zusammenarbeit durch digitale Konfliktlösung und Teamentwicklung zu meistern .
Mitglieder in Kanban-Teams stoßen durch Selbstmanagement und erhöhte Interaktion oft an ihre Leistungsgrenzen. Lesen Sie hier, wie Sie Konflikte klären.

Agilität ist in der IT-Welt längst kein Fremdwort mehr. Unternehmen müssen agil arbeiten, um im Wettbewerb standzuhalten und nicht ins Abseits gedrängt zu werden. Dennoch brachte der "Future Organization Report 2019" von Campana & Schott sowie des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen ans Licht: Unternehmen arbeiten häufig zwar mit agilen Methoden wie Scrum oder Kanban, sind in Wirklichkeit aber nicht agil, denn das Mindset ihrer Mitarbeiter ist ein anderes. Nichtsdestotrotz setzen Betriebe vor allem bei bereichsübergreifenden Projekten auf neue und agileagile Methoden. Alles zu Agile auf CIO.de

Die Arbeit in Kanban-Teams muss nicht automatisch mit Konflikten einhergehen. Bleiben Missverständnisse allerdings ungeklärt oder werden Emotionen unterdrückt, birgt jegliche Form von Zusammenarbeit Sprengstoff.
Die Arbeit in Kanban-Teams muss nicht automatisch mit Konflikten einhergehen. Bleiben Missverständnisse allerdings ungeklärt oder werden Emotionen unterdrückt, birgt jegliche Form von Zusammenarbeit Sprengstoff.
Foto: Karashaev - shutterstock.com

Eine Problematik ist, dass die bereichsübergreifende Zusammenarbeit von IT und Fachabteilungen selten vollkommen reibungslos verläuft. Der Grund: Meistens ist die Kommunikation mangelhaft oder missverständlich. Wenn dann noch der Ansprechpartner fehlt, beispielsweise in einem Projekt mit Kanban-Teams, ist Stress vorprogrammiert.

Agiles Arbeiten in Kanban-Teams

Das Wort Kanban stammt ursprünglich aus dem Japanischen und heißt so viel wie "Karte" oder "Tafel". Im Zentrum steht hier das Kanban-Board, auf dem die Aufgaben auf Karten für einen sichtbaren, planbaren und steuerbaren Workflow visualisiert werden. Diese Methode wurde einst eingeführt, um die Produktion flexibler und dezentral zu steuern. Heute wenden vor allem IT-Abteilungen diese agile Methode im Projektmanagement an. Ziel ist, eine stetige Verbesserungskultur im Unternehmen einzuführen. Selbstmanagement, Transparenz und Effizienz stehen hier im Vordergrund - alles ohne Unterstützung von außen, ganz ohne Manager, Teamleiter oder Scrum-Master.

Kanban-Teams gehen Prozessverbesserungen selbstorganisiert an, übernehmen Verantwortung für die Erledigung der Aufgaben und treffen Entscheidungen. Ein weiteres zentrales Merkmal der Zusammenarbeit in Kanban-Teams ist der sogenannte "Flow". Übersetzt heißt das, dass sämtliche Tickets möglichst gleichmäßig durch das System fließen, ohne ins Stocken zu geraten. Die Vorteile scheinen zunächst zu überwiegen. Jeder weiß für welche Arbeit er zuständig ist, dank Flow herrscht eine zügige Durchlaufzeit der Prozessschritte und nach dem Prinzip der Transparenz werden Überlastungen von Kollegen sowie vorhandene Engpässe offensichtlich. Ein effizientes System, wenn alles funktioniert.

Kanban-Systeme kennen keinen Master

Eine der größten Herausforderungen für Kanban-Teams liegt in der Kommunikation. Im Gegensatz zu Scrum-Teams haben sie keinen aufmerksamen Scrum Master, der ein wachsames Auge auf den Kommunikationsprozess hat. Es liegt daher in der Verantwortung der Teammitglieder, eine klare und offene Kommunikation aufrechtzuerhalten. Vor allem dann, wenn die Mitglieder eines Teams unabhängig voneinander an unterschiedlichen Aufgaben arbeiten, ist eine effektive Kommunikation unerlässlich, um einen optimalen Arbeitsfluss (Flow) zu gewährleisten. Sie ist das Rückgrat der Zusammenarbeit. Umgekehrt können Missverständnisse oder mangelnder Informationsaustausch schnell zu Fehlinterpretationen, doppelter Arbeit, verpassten Deadlines, Spannungen oder Konflikten führen, die die Produktivität in die Tiefe ziehen.

Nicht immer sind die Konflikte offensichtlich. Sie müssen nicht mit lautstarken Wutausbrüchen einhergehen. Es gibt auch subtilere Anzeichen, wie z.B. eine überformelle Kommunikation in IT-Tickets, die eher an den Austausch kugelsicherer Vertragstexte als an eine kooperative Zusammenarbeit erinnert. Diese unscheinbaren Anzeichen können sich im Laufe der Zeit summieren, Ärger aufstauen und eine kundenorientierte Zusammenarbeit verhindern. Ohne klare Konfliktlösungsstrategien bewegen sich Teams oft in einem Minenfeld unausgesprochener Themen, in dem ein kleiner Funke ausreichen kann, um eine scheinbare Banalität in eine verheerende Explosion zu verwandeln.

In solchen Momenten wird die Fähigkeit, Konflikte eigenständig zu lösen, zu einem leuchtenden Rettungsanker für all jene, die in zähen Abstimmungsmeetings kostbare Zeit verschwenden und die interne Zusammenarbeit lösungsorientierter gestalten möchten.

Ob Kanban oder Scrum - so geht agiles Mindset

Konfliktkompetenz ist Teams selten in die Wiege gelegt. Sie muss entwickelt werden. Mit diesen drei Strategien kommen agile Teams schneller voran:

  1. Heiße Diskussionen entfachen
    Die erste Strategie ebnet den Weg zur nachhaltigen Konfliktlösung: der offene Schlagabtausch! Ring frei für Ideen, Kritik und Emotionen! In einem geschützten Raum werden Meinungen ausgetauscht, wobei aktives Zuhören entscheidend ist. Vielleicht denken Sie jetzt: "Wie schwer kann Zuhören sein?" Die Praxis zeigt: Es kann sehr schwer sein.

    Stellen Sie sich folgende Fragen: Wie oft häufen sich Beschwerden, dass die Entwickler die Kundenanforderungen nicht verstehen? Wie oft drehen sich Diskussionen in der abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit im Kreis, weil die Parteien aneinander vorbeireden? Und wie viel entspannter, zeiteffizienter und kundenorientierter wäre die interne Zusammenarbeit, wenn sich diese Probleme in Luft auflösen würden?

    Ein strategischer Konfliktlöser, auch Mediator genannt, kann viel dazu beitragen, diese wertvolle Fähigkeit systematisch zu entwickeln. So können Teams angespannte Kundenbeziehungen entspannen, Diskussionen lösungsorientierter führen und die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit kann so reibungslos gestaltet werden wie die Zahnräder eines Uhrwerks perfekt ineinandergreifen.

  2. Auf den Punkt gebracht
    Die zweite Strategie geht über das Kratzen an der Oberfläche hinaus. Sie zielt darauf ab, zum Kern des Problems vorzudringen. Warum erhitzen sich die Gemüter? Erst wenn das Team die eigentliche Ursache erkennt, können echte Lösungen entwickelt und nachhaltige Erfolge gefeiert werden.

    Oft stellt sich heraus, dass wiederkehrende Reibungspunkte zwischen zwei Parteien nicht unbedingt etwas mit der aktuellen Situation zu tun haben, sondern auf einen ungelösten Konflikt aus einem früheren Projekt zurückzuführen sind. Eine schnelle und nachhaltige Konfliktlösung setzt daher voraus, dass wir uns von den vordergründigen Streitpunkten lösen, uns dem eigentlichen Problem zuwenden und dieses in Teamarbeit lösen.

  3. Harte Konfrontation
    Die dritte Strategie lautet: Konstruktives Feedback, das Veränderung bewirkt. Persönliche Angriffe werden vermieden. Stattdessen steht das Verhalten im Mittelpunkt. Obwohl die meisten von uns Feedbackregeln schon oft gehört haben und manche sie nicht mehr hören können, ist es eine unterschätzte Disziplin. Oft denken wir, dass sachliches Feedback einfach ist, besonders in der techniklastigen IT-Welt, in der es scheinbar nur um Bits und Bytes geht. Ein häufiger Trugschluss, der viel Zeit kostet.

    Das Problem ist, dass die Person, die entscheidet, ob wir diese Disziplin beherrschen, auch die Person ist, die das Feedback erhält. Der Feedbacknehmer sieht die Bemühungen des Feedbackgebers nicht immer im gleichen positiven Licht, selbst wenn das Feedback in Übereinstimmung mit allen Feedbackregeln formuliert wurde. Warum ist das so? Weil wir oft etwas kritisieren, was dem anderen sehr am Herzen liegt. Das macht es persönlich.
    Ein Beispiel dafür ist ein Mitarbeiter, der jahrelang an einem Prozess gearbeitet hat, den er selbst entwickelt hat und für den er lange Zeit verantwortlich war. Selbst eine rein sachliche Kritik an diesem Prozess kann für ihn sehr persönlich sein, weil er eine emotionale Bindung zu diesem Prozess hat - es ist wie sein "Baby".
    In solchen Situationen kann ein Mediator eine wertvolle Brücke sein, die sicherstellt, dass die Intention des konstruktiven Feedbacks auch beim Gegenüber ankommt und man gemeinsam - wertschätzend und konstruktiv - den Prozess verbessert.

Halten wir fest: Die Entwicklung von Konfliktkompetenz kann Teams und ganze Abteilungen auf die Überholspur der agilen Zusammenarbeit bringen. Ein Mediator kann helfen, diese Kompetenz systematisch aufzubauen, damit die Teams auch in der Praxis jeden Härtetest souverän bestehen. (pb/bw)

Zur Startseite