Mergers & Acquisitions
Software-Übernahmen 2019 im Überblick
Scott Carey ist Redakteur bei unser IDG-Schwesterpublikation Computerworld in Großbritannien. Der IT-Journalist mit dem Schwerpunkt auf Unternehmensanwendungen moderiert auch Branchenveranstaltungen. Besonders interessieren ihn die großen IT-Player und Cloud-Service-Anbieter. Er hat ein Diplom in Journalistik an der Universität Cardiff in Wales erworben. In seiner Freizeit treibt er Sport, reist viel und beschäftigt sich intensiv mit der Medienlandschaft in Großbritannien.
Das Jahr neigt sich dem Ende zu und wie immer gab es zahllose Firmenübernahmen im weltweiten ITK-Sektor. Erinnert sei etwa an Googles Fitbit-Übernahme, Facebooks Kauf von CTRL Labs (ein Gehirn-Computer-Interface-Sezialist) oder Capgeminis Akquisition des Pariser Ingenieurdienstleisters Altran für immerhin 3,6 Milliarden Euro. Zudem ging IBMs 34 Milliarden Dollar teure Übernahme von Red Hat über die Bühne, die aber schon im Herbst 2018 angekündigt worden war. In unserem kleinen Überblick wollen wir uns auf die interessantesten Mergers & Acquisitions im Softwaremarkt konzentrieren.
Google lässt sich Looker 2,6 Milliarden kosten
Thomas Kurian, der von Oracle gekommene CEO von Google Cloud, griff zur Jahresmitte tief in die gut gefüllte Tasche und erwarb für 2,6 Milliarden Dollar den BI- und Analytics-Anbieter Looker. In einem Blog-Beitrag schrieb er, Looker vervollständige das Analytics-Angebot von Google Cloud, indem es die Integration von Daten und Analyse-Ergebnissen in die täglichen Workflows und die Visualisierung erleichtere. Außerdem könne Google nun industriespezifisch zugeschnittene Analytics-Lösungen für verschiedene Branchen anbieten.
Looker-CEO Frank Bien sagte in einem Interview mit "Forbes", sein Unternehmen sei erfolgreich, weil es grundlegende Probleme im Analytics-Bereich löse. Wo Anbieter zuvor Visualisierungs-, Katalogisierungs- und Datenvorbereitungs-Tools nutzen mussten, könnten sie nun mit einer einzigen durchgängigen Plattform arbeiten. "Wir bringen Geschäftsinformationen wie Umsatz, Buchungen oder Kundenwert-Betrachtungen in die Hände der Unternehmensanwender."
HP Enterprise rettet Openstack-Kunden
Nicht bekannt ist der Preis, den HP Enterprise für die Business-Assets des klammen Hadoop-Anbieters MapR zahlte. Immerhin: HPE verspricht MapR-Kunden, dass ihre Investitionen sicher sind. MapR war in finanzielle Schwierigkeiten geraten, das Überleben schien vorübergehend nicht gesichert.
Die Assets von MapR sieht HPE im Bereich Big-Data- und KI-Know-how. Antonio Neri, Präsident und CEO von HPE, lässt sich in einer Miteilung wie folgt zitieren: "Die File-System-Technologie von MapR ermöglicht es HPE, ein vollständiges Produktportfolio zur Steuerung von KI- und Analytics-Anwendungen anzubieten. Sie stärkt unsere Fähigkeit, Kunden bei der End-to-End-Verwaltung ihrer Datenbestände zu unterstützen - vom Edge bis in die Cloud."
Zusammen mit der im November 2018 zugekauften Softwareschmiede BlueData könnten Datenwissenschaftler und -Analysten besonders schnell "Daten-Pipelines" über Hybrid-, Multicloud- und On-premise-Umgebungen hinweg anlegen, heißt es in einer Presseerklärung.
- AOL / Time Warner 2000 - 165 Milliarden Dollar
Die mit Abstand teuerste gescheiterte Übernahme der IT-Geschichte ist nach wie vor der Jahr-2000-Plan von AOL und Time Warner. Der damalige Internetriese AOL wollte Time Warner kaufen, war aber sehr viel kleiner als der Medienkozern und konnte die Übernahme überhaupt nicht verkraften. Am Ende waren 300 Milliarden Dollar Aktionärskapital futsch, AOL wurde 2015 von TK-Dienstleister Verizon vergleichsweise günstig für 4,4 Milliarden Dollar geschluckt. - HP / Compaq 2001 - 25 Milliarden Dollar
HP hat viel Erfahrung mit desolaten Managerleistungen im Zuge von Übernahmen: Bereits 2001 wollte die damalige CEO Carly Fiorina unbedingt den Hardware-Hersteller Compaq kaufen, obwohl sich viele Aktionäre heftig gegen diesen Plan wehrten. Schließlich baute auch HP Hardware. Es kam, wie es kommen musste: Viele Geschäftsbereiche und Produkte lagen nach der Fusion doppelt vor - der Wertverlust des Konzerns war enorm, der Aderlass an Mitarbeitern auch. CEO Meg Whitman gab kurz nach ihrem Antritt im Jahr 2012 jedoch zu Protokoll, dass sie den Compaq-Deal trotzdem für einen der besten Zukäufe der HP-Geschichte halte. - Google / Motorola 2012 - 12,5 Milliarden Dollar
Google scheffelt zwar viel Geld - die 12,5 Milliarden Dollar, die der Konzern 2012 für die Handysparte von Motorola hinblätterte, war trotzdem kein Pappenstiel. Gerade angesichts dessen, dass eine Integration nicht gelang und man nur zwei Jahre später an Lenovo weiterverkaufte - für gerade einmal noch 2,9 Milliarden Dollar. - Microsoft / Nokia 2014 - 9,5 Milliarden Dollar
Erst das Smartphone-Geschäft verschlafen, dann mit der Übernahme eines Ex-Giganten, der aber schon auf dem absteigenden Ast war, ins Klo gegriffen: Die teure Übernahme von Nokia durch Microsoft brachte zwar neue Smartphones hervor, die sich am Markt aber nicht gegen die starke Konkurrenz behaupten konnten. Mitte 2015 musste Microsoft 7,6 Milliarden Dollar abschreiben - viele tausend Jobs wurden gestrichen. - Oracle / Sun 2009 - 7,2 Milliarden Dollar
Lange wurde gerätselt, wer Sun Microsystems, zunächst für seine Unix-Workstations, später dann für die Java-Programmiersprache bekannt, übernehmen könnte - überraschenderweise war es dann Software- und Datenbankspezialist Oracle. Das Hardwaregeschäft Suns wurde nicht weiter gefördert, viele lange gut laufende Produkte eingestellt. Die langjährigen Firmenchefs Scott McNealy (Sun, links auf dem Foto) und Larry Ellison (rechts) machten trotzdem gute Miene zum bösen Spiel, das auch einige Rechtsstreitigkeiten beinhaltete. - HP / Palm 2010 - 1,2 Milliarden Dollar
Kennen Sie noch den PDA? Der "Personal Digital Assistant" war als tragbarer Kleincomputer der Vorgänger des Tablets und in Unternehmen in den 1990er Jahren durchaus beliebt. Obwohl Apple mit dem Newton den ersten als solchen bezeichneten PDA auf den Markt brachte, war es Palm, das sich in diesem Markt zunächst die Spitzenposition erwarb. Als jedoch das erste iPad kam, ging es steil bergab - der Wettbewerb wurde zu groß, Palm ausgerechnet von HP aufgekauft. Das konnte ja nur eines heißen: Das Palm-Betriebssystem WebOS war angesichts der sexy Apple-Konkurrenz ein Flop, die Geräte verkauften sich überhaupt nicht. Bereits 2011 spielte Palm in HPs Strategie keine Rolle mehr.