Gefahr aus dem All

Sonnenstürme können Hightech der Erde lahmlegen

15.03.2022
Sie bewegen sich rasend schnell durch das Sonnensystem und sind für die Erde eigentlich keine Gefahr. Aber für die Technologie der Menschheit können Sonnenstürme verheerend sein.
Heftige Sonnenstürme können die Satellitenkommunikation auf der Erde stören.
Heftige Sonnenstürme können die Satellitenkommunikation auf der Erde stören.
Foto: Elena11 - shutterstock.com

Sonnenstürme können als Polarlichter faszinierende Lichtspiele am Himmel erzeugen, sie können aber auch einen Ausnahmezustand verursachen. Für die Erde als Planeten sind sie keine Gefahr, aber für die Menschen in einer zunehmend hochtechnologisierten Welt schon. Bei einem Sonnensturm rasen hochenergetische Teilchen und eine massive Plasmawolke vom Zentrum des Sonnensystems auf die Planeten zu und können die Infrastruktur auf und um die Erde herum massiv stören. Schmerzlich erfahren musste diese Folgen des sogenannten Weltraumwetters unlängst das US-Raumfahrtunternehmen SpaceX, das infolge eines Sonnensturms rund 40 seiner Satelliten verlor.

Sonnenstürme entstehen bei Eruptionen auf dem Stern. In den kommenden Jahren dürfte es sie wieder häufiger geben: Seit Ende 2019 nimmt die Aktivität der Sonne in ihrem etwa elfjährigen Zyklus wieder zu, das Maximum wird 2024 bis 2026 erwartet. Und die heftigen Teilchen- und Strahlungsausbrüche in Phasen hoher Aktivität können mit zunehmender Technisierung immer stärkere Folgen auf der Erde haben.

Der europäischen Raumfahrtbehörde Esa zufolge werden bei einem Sonnensturm hochenergetische Teilchen und Plasma in einer Dimension von Milliarden Tonnen ins All geschleudert, die sich binnen kurzer Zeit auf die 150 Millionen Kilometer entfernte Erde zubewegen können. Die Erde ist eigentlich durch ihr Magnetfeld und die Atmosphäre geschützt, dennoch können solche Stürme zu massiven Schäden führen. Satelliten können zerstört werden, Stromnetze oder Kommunikations- und Navigationssysteme zusammenbrechen.

"Es ist jederzeit möglich, dass ein sehr extremer Sonnensturm auftritt und der kann weitreichende Folgen haben", sagt die Koordinatorin der Weltraumwettermission beim Esa-Standort in Darmstadt, Melanie Heil. Von dem Standort mit dem Satellitenkontrollzentrum steuern die europäischen Raumfahrer ihre Beobachtungen von Sonnenstürmen. Es sei nicht "superwahrscheinlich", dass gleich alle Satelliten kaputtgehen, aber einige könnte es treffen.

Um die Stromnetze auf der Erde zu schützen, brauche man eine Vorwarnzeit. Wenn man Kapazitäten in Generatoren und Transformatoren runterregeln könnte, könne dies möglicherweise ausreichen, um sie vor Schaden zu bewahren. Ein Jahrhundertereignis sei allerdings ganz schwer vorherzusagen. "Die letzten Berechnungen sagen, dass wir mit rund zehnprozentiger Wahrscheinlichkeit ein extremes Weltraumwetterereignis in den nächsten zehn Jahren erwarten können."

Die Vorwarnzeit ist dabei nur kurz, weil die Sonnenteilchen sich rasend schnell durch die Weiten des Sonnensystems bewegen. "Wenn wir nicht in der Lage wären, so etwas zu beobachten, wären wir jederzeit anfällig", sagt Heil. Es gebe bereits gewisse Beobachtungspunkte, die Daten liefern. Allerdings sei man für verlässlichere Vorhersagen noch stark am Ausbau der Kapazitäten.

Mit der Sonde "Vigil" erhofft sich die Esa einen weitaus besseren Blick auf Sonnenstürme. "Die Vigil-Mission wird aufgrund ihres Standorts im Weltraum einen scharfen Blick auf potenziell gefährliche Sonnenaktivitäten werfen können", erläuterte unlängst der Leiter dieser Esa-Mission, Giuseppe Mandorlo. Die Mission soll Heil zufolge 2027 starten und kann anders als bisherige Beobachtungsmöglichkeiten seitlich auf die Sonne schauen und die Stürme so verfolgen.

Das Ausmaß des Schadens beim privaten Raumfahrtunternehmen des Milliardärs Elon Musk überraschte die Esa. "Es war eigentlich kein besonders starker Sonnensturm, deswegen wurde auch keine offizielle Warnung rausgeschickt", sagt Heil. Die SpaceX-Satelliten waren zur falschen Zeit am falschen Ort. Durch den Sturm habe sich die Atmosphäre so stark verdichtet, dass die Orbiter in 200 Kilometern Höhe nicht aus eigener Kraft ihren eigentlich 300 Kilometer höher gelegen Zielpunkt erreichen konnten und nun verglühen werden.

Mit dem Starlink-System will SpaceX schnelle Internet-Verbindungen direkt über eigene Satelliten herstellen. SpaceX leiste mit Starlink "gute Arbeit", heißt es bei der US-Raumfahrtagentur Nasa. Sowohl die Nasa als auch die US-Wetterbehörde NOAA arbeiteten derzeit mit SpaceX daran, den Starlink-Betrieb noch weiter zu verbessern. Die Nasa arbeite zudem daran, Wetter-Vorkommnisse im Weltraum noch besser zu verstehen.

Wie heftig der begonnene Sonnenzyklus letztlich ausfallen wird, ist bisher unklar. 2020 gingen Experten des Solar Cycle Prediction Panel (SCPP) von einem eher matten Maximum ähnlich wie im Vorgänger-Zyklus aus. Ein Team um Scott McIntosh vom National Center for Atmospheric Research (NCAR) in Boulder widersprach dieser Prognose allerdings, die Forscher halten ein starkes Maximum mit vielen Sonnenstürmen für wahrscheinlicher. Welche Vorhersage zutrifft, wird sich zeigen. (dpa/rs/rw)

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