Strategien


IT-Regime bei Siemens

Sparen mit Macht

Heinrich Seeger arbeitet als IT-Fachjournalist und Medienberater in Hamburg. Er hat über 30 Jahre IT-journalistische Erfahrung, unter anderem als Gründungs-Chefredakteur des CIO Magazins. Er entwickelt und moderiert neben seiner journalistischen Arbeit Programme für Konferenzen und Kongresse in den Themenbereichen Enterprise IT und Mobile Development, darunter IT-Strategietage, Open Source Meets Business, droidcon und VDZ Tech Summit. Zudem gehört er als beratendes Mitglied dem IT Executive Club an, einer Community von IT-Entscheidern in der Metropolregion Hamburg.

Hierarchisch rangiert der CIO als Zentralstellenleiter auf derselben Ebene wie früher Ramakrishnan und E-Excellence-Chef Albert Goller. Aber es ist offensichtlich, dass seine Position mit deutlich mehr Macht ausgestattet ist. "Der Zentralvorstand hat beschlossen, dass die Zentralstelle CIO weltweit für alle IT-Investitionen zuständig ist. Das hätte es zwischen 1989 und 2000 nie gegeben", stellt Fröschl fest. Geeignete Voraussetzungen habe er indes nicht vorgefunden: "Prozesse, wie man IT-Investitionen über eine Fachfunktion zusätzlich genehmigt, waren überhaupt nicht etabliert, weil das alles dezentral entschieden wurde." Er habe die Aufgabe nur unter der Bedingung angenommen, auch operativ führen zu können. "Wir wollen durch Kooperation bei Forschung und Entwicklung, IT, Einkauf, Personalwesen und FinanzenFinanzen verstärkt Synergien - wir nenen das ,Shared Services‘ - zwischen den Bereichen schaffen." Top-Firmen der Branche Finanzen

Dazu braucht der CIO Positionen, die es ihm erlauben, über den IT-Tellerrand hinauszublicken. Diese Positionen hat er sich zusichern lassen: Aufsichtsratsmandate bei Siemens-Gesellschaften, darunter in den USA, in China und Polen, wo er dem Aufsichtsrat präsidiert; darüber hinaus sitzt er im Lenkungsausschuss des Konzerns für das Europageschäft. Fröschl: "So kann ich meine Themen auch von oben statt nur über die Technologieseite einbringen."

Konsolidieren bis 2004

Solange Fröschls Aufgabe vorrangig darin besteht, die Luft aus der IT-Struktur des Konzerns herauszulassen, dürfte ihm der Nachweis, dass sich seine Projekte rechnen, meist gelingen. Die CIO-Organisation von Siemens holt gerade zu einem großen Wurf aus: Bis 2004 soll die Zahl der Rechenzentren von 46 auf 7 reduziert werden; den größten Schnitt macht dabei Europa, wo es von 22 auf 2 heruntergehen soll. Dasselbe gilt für die Anwendungsbetreuung: 3 statt 19 ApplicationManagement-Zentren soll es künftig geben; weltweit sinkt die Zahl von 40 auf 6. "Für diese Vorhaben existieren Business-Cases", sagt Fröschl, "die sich auf weltweiter Basis rechnen." Das ist noch nicht der Fall bei der Anwendungsentwicklung, der Fröschl aber ebenfalls die regionalen Standbeine entziehen will, um sie in wenigen Zentren zusammenzufassen.

Die nahe Zukunft gehört der Arbeit an einem ITArchitekturmodell, das im April vorgestellt werden soll. Ziel ist ein Rahmen für die Standardisierung von Desktops, Netzwerken, Sprachkommunikationstechnik und Infrastruktur. "Anfangs konnte ich feststellen, dass die SAP-Gesamtkosten (22 Prozent des Budgets, Anm. d. Red.) nicht fielen, obwohl die Zahl der Installationen nach unten ging", so Fröschl. Das sei der Anlass für eine "Tiefenbohrung" gewesen. Ergebnis: "Wir brauchen insgesamt eine höhere Standardisierung, um zu verhindern, dass Applikationen auf unterschiedlichen Software-Paketen entstehen."

Fröschl präsentiert seine Zwischenergebnisse mit Selbstbewusstsein - mit Grund, meint Pitz von der Hypo-Vereinsbank; gut 250 Millionen Euro Sparvolumen seien eine "realistische Zielsetzung. Fröschl kann nicht mehr sparen, als er angekündigt hat."

Was jedoch passiert, wenn der CIO den Sparkurs weiter verschärfen muss, ist offen. Gümbels Befürchtung: Oberhalb einer gewissen Schmerzgrenze könnten die Bereichsfürsten dem CIO die Gefolgschaft versagen.

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