Strategien


Interview mit Volker Smid

"Technologie gehört zur DNA eines Verlagshauses"

Stefan Huegel verantwortet die digitalen Geschicke der Publikationen der IDG Business Media. Sein Studium der Anglistik, Japanologie, Medienwissenschaften und Betriebswirtschaft verschaffte ihm einen philologischen Blick auf die IT. So beschäftigt er sich mit Vorliebe mit semantischen Netzen, Computational Linguistics und den Tiefen der künstlichen Intelligenz.  
Ein gutes Technologieverständnis gehört zur Kernkompetenz moderner Verlage. Davon überzeugt ist Volker Smid, Geschäftsführer Digital and Technologies der Holtzbrinck Publishing Group.

Volker Smid hat mehr Zeit seiner KarriereKarriere außerhalb der Medienbranche verbracht als in ihr. Dennoch oder gerade deshalb leitet der ehemalige Geschäftsführer von Hewlett Packard Deutschland seit 2014 die digitalen Geschicke eines der bedeutendsten deutschen Verlagshäuser, der Holtzbrinck Publishing Group. Anlässlich seiner Keynote zum 2. IT-Gipfel der Verlagsbranche am 15. September in München erklärt Smid, warum Verlage gut beraten sind, mehr Technologen in Führungsverantwortung zu bringen. Alles zu Karriere auf CIO.de

Volker Smid leitet seit 2014 die digitalen Geschicke der Holtzbrinck Publishing Group.
Volker Smid leitet seit 2014 die digitalen Geschicke der Holtzbrinck Publishing Group.
Foto: Joachim Wendler

CIO.de: In Ihrem Vortrag auf dem 2. IT-Gipfel appellieren Sie an die Verlagslandschaft, Technologie als Kernkompetenz zu begreifen. Was steckt dahinter?

Volker Smid: Hintergrund ist die sich schnell verändernde Landschaft an Monetarisierungmodellen für Verlagshäuser. Es ist kein neuer Trend, dass die herkömmlichen Geschäftsmodelle der Verlage im Bereich Print rückläufig sind. Nicht überall aber generell. Und das Geld, das man früher versuchte über Papier einzufangen vagabundiert heute im Internet. Ich sehe dies durchweg als Chance. Je mehr Verlage die Wirkungsweise des Internets mit allen dessen Monetarisierungsmöglichkeiten verstehen, umso mehr kann das Internet als Perspektive begriffen werden. Für dieses Verständnis ist es notwendig, Technologie zu verstehen und zu beherrschen.

Sie sprechen in diesem Kontext von der digitalen DNA. Warum?

Volker Smid: DNA beschreibt eine große Komplexität, wie ich sie auch im Internet sehe. Die Wechselwirkung von technologiegetriebenen Bereichen wie dem Onlinemarketing, der Suchmaschinenoptimierungen und vielen anderen Positionierungen, die das Web erlaubt, müssen Verlage durchdringen, um Chancen für sich selbst zu entdecken. Technologie gehört deshalb fest in die DNA jedes modernen Verlagshauses.

Wie tief ist dieses Verständnis bereits in der deutschen Verlagslandschaft verankert?

Volker Smid: Viele Verlage haben diese Erkenntnis bereits gewonnen. Jedoch reibt sie sich hin und wieder mit den herkömmlichen Strängen der DNA - nicht immer zum Wohle der Verlage. Deswegen glaube ich, dass Technologiewissen in den Führungsebenen der Verlage vertreten und von dort heraus gelebt werden muss unter Berücksichtigung beider Stränge, analog und digital, und als ständiger Motor der Veränderung. Digitalisierung ist eine Führungsaufgabe, die direkt in der Geschäftsführung anzusiedeln ist, und von dort aus in die einzelnen Unternehmensbereiche eingebettet werden muss.

Welchen Wandel hat das Haus Holtzbrinck vollzogen, um der Technologie den Sprung zur Kernkompetenz zu ermöglichen?

Volker Smid: Der Wandel bestand vor allem aus dem Erkennen der Dynamik, der digitale Geschäftsmodelle unterliegen. Ein Beispiel hierfür sind Holtzbrincks Aktivitäten im Bereich für englischsprachige Lehrbücher. Die Produktionskette hier bestand klassischerweise aus der Erstellung von Content, einigen Workflows drum herum und der Distribution des fertigen Produktes als eBook und pBook. Ein Großteil dieses Contents wird in den USA jedoch mittlerweile auf ganz anderen Wegen distribuiert, nämlich digital über web-basierte Lernumgebungen, so genannte Learning Management Systeme.

Spätestens am Labor Day Monday, wenn alle Schüler in den USA in die Schulen zurückkehren und nahezu zeitgleich auf diese Inhalte zugreifen, realisiert man als Verlag, dass atmende Technologie-Kapazitäten von Nöten sind, um einen Bedarf dieser Größenordnung unterbrechungsfrei zu decken. Denn diese Art von Wechselwirkung ist eine ganz andere, als die bei der Disponierung von Druckprodukten oder dem Aufbau starrer IT-Infrastrukturen. Im gleichen Maße, in dem Konsumenten verlegerische Produkte zunehmend digital konsumieren, müssen Verlage die Infrastruktur und die Statik ihrer Angebot verändern. Dies war auch der Hintergrund für die Entscheidung, Digitales und Technologie in der Geschäftsführung von Holtzbrinck in zentraler Verantwortung zu kapseln.

Apropos Kapselung. Auf dem Weg der Digitalisierung hat sich Holtzbrinck gezielt auch für eine externe Kapselung von Technologie-Expertise entschieden. Welche Rolle spielt der Auf- und Ausbau von Dienstleistern wie HGV, circ IT, devbliss und GTS für die Digitalisierung des Geschäftsmodells?

Volker Smid: Holtzbrinck ist ein weltweit agierendes und dezentral aufgestelltes Haus. Richtigerweise hat auch die Digitalisierung in ihrer ersten Stufe dezentral stattgefunden. Jedoch nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich zeigte, dass Dezentralität bei der Skalierung von Geschäftsmodellen und Infrastrukturen hinderlich ist. Heute geht es uns darum, die Kräfte unserer Technologietöchter zu bündeln, zu standardisieren und auf globale Märkte auszurichten. Die dezentrale Grundsatzentwicklung ist hierzu eine gute Voraussetzung, auf die man aufsatteln kann. Skalierbar sind diese Strukturen jedoch nicht. Auch GoogleGoogle wäre nicht in der Lage gewesen, die Rechenkapazität von 2,5 Millionen Servern auf dezentrale Art und Weise zur Verfügung zu stellen. In einer gewissen Größenordnung lässt sich Technologie nur zentral planen und steuern. Alles zu Google auf CIO.de

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