Strategien


Interview mit Volker Smid

"Technologie gehört zur DNA eines Verlagshauses"

Stefan Huegel verantwortet die digitalen Geschicke der Publikationen der IDG Business Media. Sein Studium der Anglistik, Japanologie, Medienwissenschaften und Betriebswirtschaft verschaffte ihm einen philologischen Blick auf die IT. So beschäftigt er sich mit Vorliebe mit semantischen Netzen, Computational Linguistics und den Tiefen der künstlichen Intelligenz.  

"Konflikt ist kein Problem, sondern Teil der Lösung"

Kleinen Verlagshäusern dürfte es schwer fallen, in der Holtzbrinck-Story eine Blaupause für die eigene Technologiestrategie zu sehen. Zu begrenzt sind dort die Ressourcen und Märkte. Wie können diese Verlage die Digitalisierung meistern?

Volker Smid: Das Grundprinzip der Digitalisierung lautet nicht "die Großen schlagen die Kleinen" sondern "die Schnellen schlagen die Langsamen". Egal ob globaler Großverlag oder kleiner Fachverlag, am Anfang einer Digitalisierungsstrategie steht die Überlegung, welche Verlagsaktivitäten wertedifferenzierend sind, heute und morgen. Im Falle der Verlagstechnologie kommt man hierbei sehr rasch zur Erkenntnis, dass Bereiche wie Netzwerktechnologie und IT-Infrastruktur und alles, was im Keller steht, nicht wirklich die Alleinstellungsmerkmale eines Hauses sind.

Meine Empfehlung lautet, diese Non-Differentiators nach außen zu geben und in ein Sourcing-Konzept einzubinden. Mit Augenmaß, aber komplett. Der Fokus der verlagseigenen Technologie muss auf der Unterstützung des Geschäftsprozesses liegen und der damit verbundenen Applikationen. Gerade für kleine Verlage ist es wichtig, die per se geringen Technologie-Ressourcen auf den Feldern einzusetzen, auf denen sie den größten Wertbeitrag erwirtschaften. Hosting, StorageStorage und Datenbanken können in den Commodity-Märkten für kleines Geld eingekauft werden. Kein Verlag betreibt diese Infrastrukturen in Eigenregie günstiger und besser. Alles zu Storage auf CIO.de

Inwieweit beeinflusst die Fokussierung auf geschäftsfördernde Prozesse die Sourcing-Strategie Ihres Verlages? In welchen Fällen sollte es zur Verantwortung der Verlags-IT gehören, Applikationen selber zu entwickeln, so wie es immer mehr digitale Player in den USA im Bereich Content Management machen?

Volker Smid: 'Make or Buy' ist keine Grundsatzentscheidung. Es ist immer eine Einzelfallentscheidung. Bei nicht wertedifferenzierenden Geschäftsvorfällen tendiere ich stets zu 'Buy'. Nehmen Sie die Finanzbuchhaltung als Beispiel. Die schönste Buchhaltung differenziert einen Verlag nicht vom Markt. In diesem Falle ist die StandardisierungStandardisierung von Geschäftsprozessen die einzig richtige Entscheidung. Der Einsatz von Standardsoftware setzt hier Ressourcen frei für die Fokussierung auf die Technologiebereiche, die das Geschäftsmodell eines Verlages befördern, zum Beispiel durch die Entwicklung eines eigenen Content Management oder Learning Management Systems. Vereinfacht kann man sagen, dass 'Make' in wichtigen Geschäftsfeldern eines Verlages nur möglich ist, wenn auf anderen, nicht-differenzierenden Felder konsequent 'Buy'-Entscheidungen gefällt werden. Alles zu Standardisierung auf CIO.de

Der Aufbau von Technologie-Kompetenz im Unternehmen wirft zwangsläufig die Frage nach der Bedeutung des geeigneten Personals auf. Was macht Holtzbrinck, um den Kampf um den digitalen Nachwuchs zu gewinnen?

Volker Smid: Die Rekrutierung von Mitarbeitern, welche die digitale DNA komplett abbilden, ist schwierig genug. Um diese Talente ist ein globaler Kampf entbrannt. Umso wichtiger ist es, das Unternehmen von innen heraus die Weichen für die Digitalisierung erfolgreich stellen. Dies ist Führungsaufgabe. Hierzu bedarf es Worte und Taten der Geschäftsführung, die das bestehende Personal weiter in Richtung Digitalisierung motiviert. Menschen mit digitaler DNA müssen in diesem Prozess mit einem sinnvollen Führungsprinzip ausgestattet werden, um andere Mitarbeiter auf dem Weg der Digitalisierung mitzunehmen.

Die Zusammenlegung verschiedener Abteilungen kann hierbei beschleunigend wirken und dafür sorgen, dass Digitalisierung nicht nur in den hierfür zuständigen Fachabteilungen stattfindet, sondern auch die analogen Besitzstandsbewahrer einbezieht. Bei Holtzbrinck hat sich hieraus eine Kultur des Wandels entwickelt, die als schwierig anerkannt und dennoch gelebt wird. Konflikt ist hier nicht ein Problem, sondern Teil der Lösung.

Kunden und- Daten-Management, agile IT-Organisation, Sourcing oder Cloud Computing. Was sind die derzeit größten Herausforderungen für die Holtzbrinck Publishing Group?

Volker Smid: Holtzbrinck unterscheidet sich hier nicht von anderen Branchen und Unternehmen. Wir kommen aus einer Ära der dezentralen IT-Entscheidungsfindung. Diese Phase hat dafür gesorgt, dass an sehr vielen Stellen sehr viele Systeme entstanden sind, die im Grunde alle das gleiche machen. Hier tauchen wir nun in eine Phase der Rationalisierung und KonsolidierungKonsolidierung ein, um alle Geschäftsprozesse aus einem System heraus zu bedienen. Dies ist die Grundvoraussetzung für die Agilität und Geschwindigkeit, die der Markt uns abverlangt. Ganz konkret bedeutet dies zentrale Datenbestände mit dezentralen Adaptionen, wie beispielsweise im Bereich der Kundenstammdaten oder der Produktdaten. Alles zu Konsolidierung auf CIO.de

Volker Smid, Jahrgang 1958, ist studierter Betriebswirtschaftler und Informatiker. Seine Karriere begann er als Berater, bevor ihn der Weg zu verschiedenen Software-Unternehmen führte. Für Novell leitete er mehrere Jahre das Europageschäft. Von 2009 bis 2013 war Volker Smid Vorsitzender der Geschäftsführung bei Hewlett-Packard Deutschland. Seit 2014 ist er Geschäftsführer Digital & Technologies bei der Holtzbrinck Publishing Group.

Auf dem 2. IT-Gipfel der Verlagsbranche in München am 15. September referiert Volker Smid zum Thema "Digital Impact – IT und die digitale DNA als Kernkompetenz". Die Veranstaltung wird vom CIO.de als Medienpartner begleitet.

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