Streit um Netzneutralität
Telekom droht neues "Drosselgate"
Telekom-Chef Tim Höttges hatte es in dieser Woche eilig. Kaum hatten die Abgeordneten des Europaparlaments einer Abschaffung der Roaminggebühren sowie der Neuregelung der Netzneutralität zugestimmt, meldete sich Höttges in einem Blog unter dem Titel "Netzneutralität - Konsensfindung im Minenfeld" zu Wort. Doch statt Minen aus dem Weg zu räumen, hat der Konzernchef - zumindest nach Ansicht der Netzpolitiker in der schwarz-roten Regierungskoalition im Bund - neue Sprengkörper vergraben.
Höttges hatte darauf hingewiesen, dass der EU-Kompromiss gegen den Willen der Netzprovider Regeln zur Netzneutralität festgeschrieben habe "und damit mehr Regulierung". "Gleichzeitig bleibt es aber möglich, auch in Zukunft innovative Internetdienste zu entwickeln, die höhere Qualitätsansprüche haben. Das sind die so genannten Spezialdienste", schrieb Höttges. Doch bei der Interpretation des Begriffes "Spezialdienste" holte der Telekom-Boss nach Ansicht seiner Kritiker viel zu weit aus.
Während in Brüssel nur von lebensrettenden Anwendungen wie Telemedizin oder speziellen Telematik-Diensten die Rede war, definierte Höttges nun auch Videokonferenzen und Online-Gaming als "empfindliche Dienste". Bei ihnen müsse die Möglichkeit bestehen, dass die Daten im Stau Vorfahrt bekommen. Netzpolitiker aus den Regierungsfraktionen können dies nicht nachvollziehen. "Das sind nicht die Spezialdienste, die das Europaparlament beschlossen hat", sagte Sören Bartol, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. "Das muss schon im Rahmen bleiben." Auch Thomas Jarzombek (CDU), der netzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, kritisierte die Telekom-Initiative.
"Schönes Start-up haben Sie da. Wäre doch schade, wenn da mal eine Verbindung wackeln oder abbrechen würde" https://t.co/UX4R6Dp2TS
— Mathias Schindler (@presroi) 29. Oktober 2015
Auf Widerspruch stößt auch die mögliche Erlösquelle, die dem Telekom-Chef für die Mitfinanzierung des Netzausbaus vorschwebt. Gerade Startups benötigten Spezialdienste, schrieb Höttges, wenn sie gegen GoogleGoogle & Co mithalten wollten. Diese Dienste hätten teilweise höhere Qualitätsanforderungen als das einfache Surfen oder die E-Mail. "Nach unseren Vorstellungen bezahlen sie (die Startups) dafür im Rahmen einer Umsatzbeteiligung von ein paar Prozent. Das wäre ein fairer Beitrag für die Nutzung der Infrastruktur." Alles zu Google auf CIO.de
In der Netzgemeinde klang die Botschaft eher wie die Drohung von der Mafia: "Schönes Startup haben Sie da. Wäre doch schade, wenn da mal eine Verbindung wackeln oder abbrechen würde", twitterte der Netzaktivist Mathias Schindler. Er hatte als Mitarbeiter der Piratin Julia Reda im EU-Parlament gegen die Ausnahmeregelung für "Spezialdienste" gekämpft.
Wenn sich Bedenken einiger Verbände realisieren, bin ich bereit über eine Nachbesserung zu reden.Diskriminierungsfreiheit oberste Priorität.
— Günther H. Oettinger (@GOettingerEU) 27. Oktober 2015
Die TelekomTelekom weist diesen Eindruck entschieden zurück. Es gebe auch keine neuen oder aktuellen Pläne, "Startups zur Kasse zu bitten". "Der Vorschlag zur Umsatzbeteiligung zielte lediglich auf die Sorge der Netzgemeinde, große Wettbewerber könnten sich durch ihre finanzielle Stärke Vorteile gegenüber kleineren erkaufen." Top-500-Firmenprofil für Telekom
Der Vorschlag sei auch nicht neu. Bereits im Sommer 2013 habe der damalige Telekom-Chef René Obermann in einem Interview gesagt, dass die Telekom ein hohes Interesse habe, Kooperationen gerade mit kleinen und innovativen Unternehmen abzuschließen. "Startups und ihre Ideen machen unser Angebot attraktiv. Es geht nicht um hohe Fixkosten, sondern bestenfalls um moderate Umsatzbeteiligungen, die zur Kofinanzierung beitragen können."
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Die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation – heute Bundesnetzagentur – die in diesem Gebäude in der Bonner Tulpenallee residiert, nimmt ihre Arbeit auf und sollte der Telekom noch viel Ärger bereiten. - 1996:
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installierte Quante in Berlin die erste Telefonzelle - 1877 ...
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Ob sich der Vorstoß von Höttges zum PR-Gau für die Deutsche Telekom entwickeln wird, werden die kommenden Tage und Wochen zeigen. Im Sommer 2013 mussten der damalige Telekom-Chef Obermann und sein Finanzchef Höttges zurückrudern, nachdem Pläne zur Drosselung von Flatrates bei hohen Datenvolumen auf wütende Kritik bei den Kunden - Stichwort: "Drosselgate" - gestoßen waren. (dpa/tc)