MAN und Scania gegen Daimler und Volvo
Traton strebt die Marktführerschaft an
"Global Champion" werden - Andreas Renschler hat sich viel vorgenommen. Der Chef der VW-Lastwagensparte Traton mit den Marken MANMAN und Scania will endlich auch in den USA und in China mitspielen. So wie die erfolgreichen Konkurrenten Daimler und Volvo. Top-500-Firmenprofil für MAN SE
Auf den ersten Blick scheint die Zeit günstig: Der weltweite Gütertransport wächst. Strengere Abgasvorschriften zwingen die Transporteure, neue Lastwagen zu kaufen. Die Unternehmensberatung McKinsey etwa erwartet, dass der Weltmarkt für schwere Lkw bis 2030 um fast die Hälfte wachsen wird auf 240 Milliarden Euro jährlich und der Gewinn ebenso auf 16 Milliarden Euro.
Aber die Kundenwünsche sind sehr verschieden und die Marktanteile überraschend stabil, wie die Analysten der US-Investmentbank Jefferies in einer großen Branchenstudie erklären. Bei den schweren Lastwagen liegt in Westeuropa Volvo vor Daimler, in den USA Daimler vor Paccar und in China der Staatsbetrieb FAW vor Dongfeng.
Billig-LKW in China gefragt
2018 wurden weltweit 3,5 Millionen schwere Lastwagen verkauft, davon 1,3 Millionen in China. Gut die Hälfte der chinesischen Lastwagen "sind sehr einfache Trucks, wie man sie sich hier gar nicht mehr vorstellen kann. Motortechnik, Spritverbrauch, Haltbarkeit, Fahrerkomfort sind mit unseren Standards überhaupt nicht vergleichbar", sagt Eric Zayer, Partner bei der Unternehmensberatung Bain. Solche Lastwagen kosten nur 30.000 Euro. Aus Europa importierte Lastwagen oder Lastwagen aus europäisch-chinesischen Gemeinschaftsfirmen sind vier Mal so teuer. Bislang werden davon keine 50.000 Stück pro Jahr verkauft. "Aber dieses Segment wächst in China," sagt Zayer.
Die Kunden des Online-Händlers, Alibaba zum Beispiel, erwarten heute Lieferung binnen sieben Stunden, so die Jefferies-Analysten. Die Industrie fordert eine pünktliche Anlieferung. Für Flottenbetreiber sind Zuverlässigkeit und die Gesamtbetriebskosten die beiden entscheidenden Fragen beim Lkw-KaufLkw-Kauf. Top-Firmen der Branche Automobil
Kosten pro Kilometer entscheidender als Design
"Für den Autokäufer spielen emotionale Faktoren wie das Design, die Marke eine große Rolle", sagt Zayer. "Der Lkw-Käufer dagegen will wissen, was der gefahrene Kilometer kostet. Er entscheidet rational, will mit seinem Lkw Geld verdienen."
Der Kaufpreis des Lastwagens macht bei den Gesamtbetriebskosten nur 10 Prozent aus. 30 Prozent kostet der Fahrer in Europa und den USA. Der dickste Brocken aber sind die Spritkosten mit 35 Prozent. Also finanziert sich ein neuer Lkw mit 10 Prozent weniger Spritverbrauch zur Hälfte bereits selbst, wie die Branchenexperten von Jefferies vorrechnen.
LKW-Abgasreinigung teurer als der Motor
Aber die Sache hat einen Haken. Die Abgasreinigung eines Lkw kostet heute schon mehr als der Motor. "Die größte Herausforderung für die europäischen Lkw-Hersteller sind die immer strengeren Abgasvorschriften. Die Diesel-Technik wird immer aufwendiger und teurer", sagt Bain-Partner Michael Schertler. "Zugleich müssen die Hersteller viel Geld in Elektro-Fahrzeuge investieren. Dabei gehen sie große Wetten ein, denn keiner weiß, ob die Batterie oder die Wasserstoffzelle oder der Hybrid das Rennen macht."
Mittelschwere Lkw im Verteilerverkehr oder Kipplaster können mit Akku fahren. Aber der Fernverkehr? Mit zehn Tonnen schweren Akkus und stundenlangen Ladezeiten - wenn es überhaupt genug Parkplätze und Ladesäulen gäbe? "Statt eines Dieselmotors müssen die Hersteller in Zukunft eventuell verschiedene Nischenlösungen anbieten", sagt Schertler. "Das macht es teurer."
Nutzfahrzeugbranche stark konjunkturabhängig
Die EU schreibt vor, dass Lastwagen im Jahr 2030 ihren CO2-Ausstoß im Vergleich zu heute um 30 Prozent senken müssen - sonst drohen hohe Strafen. "Die EU-Vorgaben für 2030 könnten tatsächlich existenzgefährdend sein, wenn die hohen Investitionen mit einem konjunkturellen Abschwung zusammenkommen", sagt Schertler. "Wenn dann die nächste Rezession kommt, werden einige Hersteller in Bedrängnis geraten."
In der Finanzkrise 2008/09 brachen die Verkäufe um die Hälfte ein. "Die Nutzfahrzeugbranche ist stark konjunkturabhängig", warnt Traton potenzielle Aktienkäufer in seinem Prospekt für den Börsengang des Unternehmens. Staatliche Klima- und Abgasvorschriften könnten zu erheblichen Kosten führen, und es sei nicht sicher, "dass der Gruppe die Entwicklung wirtschaftlich rentabler Produkte gelingen wird, die diesen Vorschriften entsprechen".
Wenn Fahrer in Europa und den USA ein Drittel der Gesamtkosten eines Lkw ausmachen, könnten autonom fahrende Lastwagen ein Geschäft werden. Auf Autobahnen und in Häfen, Minen und Baustellen ohne öffentlichen Verkehr werden sie erprobt. Die USA und China sind neuen Technologien gegenüber offener. "Aber wenn der enorme Fahrermangel in Europa dazu führt, dass die Versorgung stockt, könnte es auch hier schneller gehen", sagt Zayer. (dpa/rs)