Telekom im Nachteil
Vodafone erhält vollen Zugriff aufs deutsche Kabelnetz
Es ist nicht unbedingt ein guter Tag für die Deutsche Telekom. Vodafone ist bei der Übernahme von Kabel Deutschland am Ziel - und greift die Bonner nun mit einem Netz an, das die Telekom vor rund 14 Jahren auf Druck der EU selbst abgeben musste. Die Briten zahlen Milliarden für den Münchner Konzern. Ein Schnäppchen ist das nicht, doch für den Mobilfunkriesen locker zu bezahlen. Eine lohnende Investition ist es ohnehin. Vodafone bekommt nicht nur direkten Zugang zu Millionen Kunden, sondern auch zu einem leistungsfähigen Netz, das vor allem für das Internet enorme Geschwindigkeiten erlaubt.
In der Nacht zum Donnerstag lief das Übernahme-Angebot von Vodafone ab, am späten Abend meldeten die Briten, dass sie sich mehr als 75 Prozent an Kabel Deutschland gesichert haben. Nun müssen noch die EU-Kartellwächter zustimmen. Und es ist gut möglich, dass es dort kaum Bedenken gibt. Die deutschen Wettbewerbshüter, die zumindest die Möglichkeit hatten, das Verfahren für sich in Anspruch zu nehmen, hatten bereits abgewunken. Zwar betreffe der Kauf nur den deutschen Markt - das Kartellamt sehe aber nicht, dass es zu größeren Beeinträchtigungen des Wettbewerbs kommen werde, sagte Behördenchef Andreas Mundt.
Im Gegenteil: Der Wettbewerb gerade um Internet- und Telefonkunden könnte sogar noch schärfer werden. Die Briten, die sich mit der Telekom bereits im Mobilfunk ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern, werden nun auch im Festnetz ein starker Player. Dem künftigen Telekom-Chef Tim Höttges wird das kaum gefallen, auch wenn der Bonner Konzern zum Treiben in London, Düsseldorf und München nur wenig sagt. Vodafone kann im umkämpften deutschen Markt künftig Mobilfunk, Telefon, Fernsehen und schnelles Internet aus einer Hand anbieten.
Und gerade beim Thema Geschwindigkeit kann Vodafone den Rivalen nun ärgern. Das Kabelnetz erlaubt hohe Übertragungsraten, die nötig sind, um viele lukrative Internetangebote wie Online-Videotheken mit hochauflösenden Filmen überhaupt vernünftig nutzen zu können. Das Fernsehkabel mit seiner Breitbandtechnologie erlaubt deutlich höhere Geschwindigkeiten und deutlich mehr Durchsatz als im Kupferkabel der Telefonleitungen. Die Bonner müssen den dringend nötigen Ausbau der eigenen Infrastruktur mit schneller Glasfasertechnik beschleunigen.
Anfang September kündigte der scheidende Konzernchef René Obermann massive Investitionen in den Ausbau an. Allein in diesem Jahr will die Telekom 3,4 Milliarden Euro ausgeben. Für die Jahre 2014 und 2015 hat der Konzern dann 4,1 und 4,3 Milliarden Euro eingeplant - 11,8 Milliarden insgesamt. "Die Datenautobahn von heute ist, wenn man nichts tut, schon morgen ein Feldweg", sagte der Manager. Kabel Deutschland könnte Vodafone letztlich fast 11 Milliarden Euro kosten, die Briten bekommen aber sofort ein Netz, dass etwa doppelt so hohe Geschwindigkeiten ermöglicht wie das VDSL-Netz der Telekom.
Die Pakete, die Unternehmen wie Kabel Deutschland aus TV, Telefon und Internet schnüren, versprechen zudem Wachstum und mehr Umsatz pro Vertrag, denn längst noch nicht jeder Kabelkunde nutzt das Angebot. Vom Wettbewerb auf dem Kabelmarkt spüren die Kunden ohnehin weniger als in anderen Branchen, denn oft haben vor allem Mieter kaum eine Wahl. Verträge etwa mit Wohnungsfirmen binden Kunden, oft sind die Gebühren bereits in den Nebenkosten enthalten, ein Wechsel zu einer anderen der regional getrennt arbeitenden Kabelfirmen ist nicht möglich. Von diesem lukrativen Kuchen will auch die Telekom wieder etwas abhaben - mit TV-Angeboten aus dem eigenen Glasfasernetz. Doch der Wiedereinstieg in das Kabelgeschäft ist zäh für die Bonner. (dpa/rs)