CIO des Jahres


Breuninger-CTO Frank Postel

Vom Kaufhaus zum digitalen Multi-Channel-Händler

Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Mit der Transformation zum digitalen Händler schaffte es das Team um Breuninger-CIO Frank Postel unter die Finalisten des Wettbewerbs CIO des Jahres 2024.
  • CIO des Jahres 2024 - Finalist in der Kategorie Mittelstand
  • Cloud-nativer E-Shop und Cloud Computing auf Basis von AWS, Google und Oracle Cloud
Frank Postel ist CTO bei Breuninger.
Frank Postel ist CTO bei Breuninger.
Foto: Privat / LICHTFANG-Fotografie

In der Metropolregion Stuttgart ist das 1881 gegründete Kaufhaus E. Breuninger mit Stammhaus in Stuttgart sowie den beiden Breuningerländern Sindelfingen und Ludwigsburg eine feste Institution. "Mir ganget zom Breuninger", hieß es für Generationen von Schwaben.

Doch der Breuninger des 21. Jahrhunderts hat nicht mehr viel gemeinsam mit dem traditionellen WarenhausWarenhaus von einst. Das im Familienbesitz befindliche Unternehmen hat sich zu einem digitalen, international aufgestellten Multi-Channel-Händler entwickelt. Top-Firmen der Branche Handel

Vom Filialisten zum Online-Händler

So betreibt das Unternehmen mittlerweile neben dem Stuttgarter Stammhaus - dem heutigen Flagship Store Stuttgart - insgesamt zwölf weitere Häuser in Deutschland und Luxemburg. Hinzu kommt ein international aufgestelltes E-Commerce-Geschäft in zehn Ländern im Premium- und Luxus-Segment für Fashion & Lifestyle.

Das 1881 gegründete Kaufhaus E. Breuninger mit Stammhaus in Stuttgart, heute der Flagship Store Stuttgart, hat sich zu einem digitalen, international aufgestellten Multi-Channel-Händler entwickelt.
Das 1881 gegründete Kaufhaus E. Breuninger mit Stammhaus in Stuttgart, heute der Flagship Store Stuttgart, hat sich zu einem digitalen, international aufgestellten Multi-Channel-Händler entwickelt.
Foto: E. Breuninger GmbH & Co.

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Dabei trägt der Online-Handel heute über 50 Prozent zum Umsatz bei. Ehrgeiziges Ziel: Der Online-Anteil am Umsatz soll weiter stark wachsen.

IT als Innovation-Tank

Dementsprechend wichtig ist heute die Rolle der eigenen IT für Breuninger. Wie CTO Frank Postel erklärt, gilt sie mittlerweile als wichtiger Erfolgsfaktor für die digitale Transformation und ist oftmals Vorreiter für viele notwendige Veränderungen im Unternehmen - etwa SkillsSkills, agiles Mindset, Leadership oder InnovationInnovation. Alles zu Innovation auf CIO.de Alles zu Skills auf CIO.de

Doch das war nicht immer so. Die Breuninger IT von 2014 bestand aus zwei Welten, die innovative, "agileagile" IT war Teil des Fachbereichs E-Com. Die "Legacy" IT verantwortete den Betrieb von IT-Infrastruktur und Applikationen. Dabei gab es große Verbesserungspotenziale in Bezug auf die IT-Governance, das Architektur-Management sowie die IT-Strategie an sich. Alles zu Agile auf CIO.de

Neuer E-Shop führt zum Wandel

Dies änderte sich 2016. Aufgrund des stark wachsenden eigenen E-Commerce-GeschäftsE-Commerce-Geschäfts wurde die Ablösung des in die Jahre gekommenen Hybris-Online-Shops erforderlich, zumal er nicht mit dem Wachstumspotenzial im Online-Geschäft Schritt halten konnte. Da Breuninger, so CTO Postel, "einen Best-of-Breed-Ansatz fährt, um für die jeweiligen Geschäftsfelder die am besten passenden Softwarelösung einzusetzen", entschied man sich für eine Eigenentwicklung, statt auf eine externe E-Commerce-Lösung zurückzugreifen. Alles zu eCommerce auf CIO.de

Ziel war es, eine Cloud-native, hoch-performante und skalierbare E-Commerce- und Multi-Channel-Plattform aufzubauen. Eine Entscheidung, die noch andere Auswirkungen hatte: So musste im Laufe des Projekts die Breuninger App neu entwickelt werden. Ebenso war der Aufbau einer neuen Data-Plattform mit Tools für das Datenmanagement erforderlich. Ferner wurde in Analytics- und Data-Science-Werkzeuge investiert.

Die IT-Organisation wächst

Der Online-Handel trägt heute über 50 Prozent zum Umsatz bei. Das E-Commerce-Geschäft im Premium- und Luxus-Segment für Fashion & Lifestyle ist international aufgestellt.
Der Online-Handel trägt heute über 50 Prozent zum Umsatz bei. Das E-Commerce-Geschäft im Premium- und Luxus-Segment für Fashion & Lifestyle ist international aufgestellt.
Foto: E. Breuninger GmbH & Co.

Mit der Entwicklung der neuen Plattform ab Mitte 2017 veränderte sich auch die IT-Mannschaft rund um CTO Frank Postel. So waren anfangs fünf systemengineering lastige Mitarbeiter und etwa acht Product Owner innerhalb des Fachbereichs E-Com für das Projekt zuständig.

Innerhalb weniger Jahre baute Postel unter dem Dach der IT eine neue, agile Tech-Organisation für das Gesamtunternehmen auf. Dazu zählen heute über 90 eigene Softwareentwickler in 18 Teams, über 20 Product Owner, UX-Designer und Researcher, Architekten und 15 Systemengineers.

Transformation zur Data-driven Company

Zudem entstand ein Data-Plattform-Team mit einer Vielzahl von Datenmodellierern, Data Engineers und Data-Science-Experten, das auf Basis der Google Cloud hochmoderne Reportings, AnalyticsAnalytics und Data Science Services bereitstellt. Insgesamt stellen heute rund 250 IT-Mitarbeitende für etwa 6.500 Breuninger Mitarbeitende die entsprechenden digitalen Services bereit. Alles zu Analytics auf CIO.de

Mit der digitalen Transformation änderte sich auch die Kultur im Unternehmen. Um die Talente für die benötigten IT-Skills zu gewinnen, war auch ein Wandel weg vom Understatement und formellen Dresscodes angesagt.

New Work und Kulturwandel

Der Change in Richtung New Work war teilweise eklatant. An die neuen Kollegen in kurzen Hosen und Sandalen und Kühlschränke mit Grillgut und Bier, anstelle des klassischen Vesper,musste man sich zum Teil erst gewöhnen, wie sich CTO Postel rückblickend erinnert.

Doch auch diese kulturelle Veränderung wurde gemeistert. Die einst schräg angeschaute IT agiert heute auf Augenhöhe mit dem Business. Und als Teil der Unternehmensleitung unter Führung von CTO Postel nimmt sie Einfluss auf strategische Entscheidungen. Dieses erfolgreiche IT-Alignment ist einer der Verdienste von Postel.

Drei IT-Bereiche

Mit Blick auf das Business wurde die IT zudem in drei Bereiche untergliedert:

  • Consumer Services

  • Merchandise Services

  • Corporate Services

Der Bereich Consumer Services deckt dabei alle IT-gestützten Kundenprozesse ab. Dazu zählen etwa der im Rahmen des Projekts neu entstandene Online-Shop als auch die Breuninger-App. Ebenso ist dieses Team für Online-Marketing und CRMCRM zuständig. Alles zu CRM auf CIO.de

Neuaufstellung der IT

Neben dem Stammhaus in Stuttgart betreibt Breuninger zwölf weitere Häuser, wie zum Beispiel in München (Foto).
Neben dem Stammhaus in Stuttgart betreibt Breuninger zwölf weitere Häuser, wie zum Beispiel in München (Foto).
Foto: E. Breuninger GmbH & Co.

Für die Einkaufs-, Lieferanten- und Logistikprozesse ist auf IT-Seite der Merchandise Services verantwortlich. Interne Prozesse wie HR, Unternehmens-Controlling und Finanzbuchhaltung sind wiederum bei den Corporate Services angesiedelt.

Daraus ergeben sich feste Ansprechpartner für die Fachbereiche, beginnend auf Direktoren-Ebene. Das Anforderungsmanagement in den "Consumer Services" erfolgt über OKRs und drei Flight Leveln. In den anderen beiden Domänen erfolgt die Steuerung primär über eine vierteljährliche Roadmap-Planung.

Fazit

Im Rahmen des Projekts haben es CTO Postel und sein Team nicht nur geschafft, einen Cloud-nativen E-Shop und Cloud ComputingCloud Computing auf Basis von AWS, Google und Oracle Cloud einzuführen. Gleichzeitig haben sie einen traditionellen Einzelhändler zu einer modernen Data-driven Company transformiert mit diversen Prognose-Modelle wie etwa zu Kundenretouren oder zur Kunden-Wert-Entwicklung. Alles zu Cloud Computing auf CIO.de

Ferner geben neue Product- und Outfit-Recommender den Kunden beim Einkauf beispielsweise Größenempfehlungen. Und dies auf Basis von Daten, die vor Ort etwa aus der Analyse von Einkäufen zur Ermittlung von Outfits gewonnen werden. Die Einführung einer modernen Datenplattform ermöglicht zudem einen hohen Grad an Self Services für die Fachbereiche, um eigene Data-Science-Modelle zu entwickeln.

Doch die neue Technik und ihre Möglichkeiten sind nur ein Aspekt des Projekts. Auf der anderen Seite steht das Thema New Work. Es reicht vom Aufbau eines Digital Growth Team bis zum Employer Branding mit modernen Arbeitszeitmodellen und Goodies wie Arbeiten im EU-Ausland, "Kauf" von mehr Urlaubstagen im Jahr oder Fully Remote Workers.

Kommentar der CIO-des-Jahres-Jury

"Ein sehr gutes Beispiel eines Data-driven Unternehmens, das es geschafft hat, in einem stark umkämpften Markt durch die Transformation der IT im Einklang mit dem Business signifikante Erfolge zu erringen."

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