Ausblick auf das Jahr 2025
Was folgt auf die digitale Agenda?
- Wer Produkte und Services anbieten will, wird verstärkt den gesellschaftlichen Nutzen betonen müssen
- Unternehmen bewegen sich in Ökosystemen und müssen dort ihre Rollen finden
- Mensch und Maschine arbeiten Hand in Hand, die Grenzen verschwinden
Der digitale Fortschritt geht in hohem Tempo weiter. Während sich Technologien wie Social, Mobile, AnalyticsAnalytics und Cloud im Produktiveinsatz befinden, suchen das Internet der Dinge, Distributed Ledger und künstliche Intelligenzkünstliche Intelligenz noch nach bedeutenden Anwendungs-fällen oder die Unternehmen experimentieren mit Piloten. Klar ist aber schon jetzt: Auch die nächste Technologiegeneration wird Individuen und Organisationen massiv beeinflussen. Alles zu Analytics auf CIO.de Alles zu Künstliche Intelligenz auf CIO.de
Unternehmen und sonstige Einrichtungen sind daher gut beraten, sich schon heute mit Zukunftsthemen und deren potenziellen Auswirkungen zu beschäftigen. Es geht darum, proaktiv mitzugestalten anstatt sich von neuen Entwicklungen überrollen zu lassen. Die zentrale Frage lautet also: Was folgt auf die digitale Agenda?
Zehn Thesen charakterisieren das Geschäftsumfeld im Jahr 2025
Wir haben auf der Basis von zahlreichen Experteninterviews und eigenen Überlegungen zehn Thesen formuliert, die das Geschäftsumfeld im Jahr 2025 charakterisieren dürften. Sie können als Ausgangspunkt dienen, von dem aus sich künftige Handlungsfelder ableiten lassen. Unsere stark miteinander verflochtenen Thesen lassen sich den Themenfeldern Individuum, Organisation und Technologie zuordnen.
Individuum | Individuen erwarten orchestrierte Erlebnisse |
Individuen bewerten gesellschaftlichen Nutzen höher als persönlichen | |
Individuen haben einen vertrauenswürdigen digitalen Zwilling | |
Technologie | Technologie ermöglicht unbegrenzte Skalierbarkeit |
Technologie ermöglicht natürliche Zusammenarbeit | |
Organisation | Organisationen nehmen unterschiedliche Rollen in mehreren Ökosystemen ein |
Organisationen treiben verrückte Ideen entschlossen voran | |
Organisationen automatisieren anspruchsvolle Aufgaben umfassend | |
Organisationen haben dynamische produktorientierte Strukturen | |
Führung, InnovationInnovation und Technologie sind die zentralen Mitarbeiterkompetenzen Alles zu Innovation auf CIO.de |
Individuen werden 2025 vollintegrierte und hochindividualisierte Kundenerlebnisse für selbstverständlich erachten. Interessant dabei ist, dass nicht nur der persönliche Vorteil über den Nutzen entscheidet, sondern zunehmend auch der gesellschaftliche Beitrag der Produkte und Services.
Für Organisationen gilt, dass sie künftig in mehreren sich kontinuierlich verändernden Ökosystemen agieren werden. Das erfordert die enge Zusammenarbeit vieler Akteure. Um die steigende Komplexität zu bewältigen, organisieren sie sich in dynamischen Teams, die die Komplettverantwortung für Produkte, Services oder Kundenerlebnisse über deren Lebenszyklus hinweg übernehmen.
Für neue digitale Technologien gilt: Sie werden Wirtschaft und Gesellschaft immer tiefer durchdringen, dabei aber gleichzeitig immer mehr im Hintergrund verschwinden. Technologien ermöglichen somit unbegrenzte Skalierbarkeit und eine von Individuen als natürlich empfundene Interaktion. Doch nun zu unseren Thesen im Detail:
1. Individuen erwarten orchestrierte Erlebnisse
Im Jahr 2025 erwarten Individuen orchestrierte Kundenerlebnisse. Orchestration meint die nahtlose Kombination und Konfiguration mehrerer Produkte und Services über Organisations- und Ökosystemgrenzen hinweg gemäß individuellen Präferenzen. Das Gesamterlebnis lässt sich aus Kundensicht kaum noch in seine Komponenten zerlegen.
Der wesentliche Vorteil gegenüber einzelnen Produkten und Services oder lokal optimierten Kundenerlebnissen ergibt sich aus der lückenlosen und sicheren Integration. Nicht der Wow-Effekt steht im Vordergrund, sondern Integration und Individualität. Beispielsweise erwarten Menschen beim "Erlebnis Wohnungsbau" nicht nur ein schlüsselfertiges Haus, sondern auch Services wie Kreditvermittlung, Abschluss relevanter Versicherungen und gegebenenfalls Innenarchitekturvorschläge.
2. Der gesellschaftliche Nutzen wird wichtiger als der persönliche
Physiologische und soziale Bedürfnisse wie Nahrung und Gruppenzugehörigkeit sowie die Möglichkeit zur Kommunikation und Zusammenarbeit sind für Menschen Grundbedürfnisse. Für große Teile der industrialisierten Gesellschaften gilt aber bereits heute: Sie haben alles, was sie zum Leben benötigen.
Aus diesem Grund verschieben sich die individuellen Prioritäten hin zu gesellschaftlich relevanten Themen wie ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Hinzu kommt, dass sich der individuelle Nutzen vieler Produkte und Services kaum noch steigern lässt, so dass sich Wachstumsoptionen nicht nur durch Produkt- und Service-Innovationen, sondern auch durch einen stärkeren Beitrag zu gesellschaftlich relevanten Themen ergeben.
3. Jeder bekommt einen vertrauenswürdigen digitalen Zwilling
Ein vertrauenswürdiger digitaler Zwilling wird zunehmend zur Voraussetzung für die Teilnahme am öffentlichen Leben. Der digitale Zwilling integriert die personenbezogenen Daten von Individuen, etwa die Einkaufsgewohnheiten über verschiedene Channel oder auch Gesundheitsthemen wie etwa Lebensmittelunverträglichkeiten. Damit ist der Digital Twin die Basis für die Orchestrierung von Kundenerlebnissen.
Die Menschen haben die Hoheit über ihre Daten, wobei Zugriffs- und Änderungsrechte durchaus auch an ermächtigte Datenagenten übertragen werden können. Sie managen die Zugriffs- und Änderungsrechte treuhänderisch im Auftrag des Individuums. Das kann etwa dazu führen, dass der Kunde an der Supermarktkasse gewarnt wird, wenn er im Begriff ist, trotz einer Allergie gegen Nüsse ein nusshaltiges Produkt zu kaufen. Der Supermarkt hat - sofern der Kunde oder sein befugter Agent es erlauben - über den digitalen Zwilling Zugriff auf relevante Informationen zu Lebensmittelunverträglichkeiten.
4. Technologie ermöglicht unbegrenzte Skalierbarkeit
Unternehmen und Organisationen, die Kundenerlebnisse perfekt orchestrieren wollen, brauchen eine tiefe Integration. Diese wird durch Technologien ermöglicht, deren Schnittstellen nicht nur hinsichtlich der ausgetauschten Daten, sondern auch inhaltlich und prozessual abgestimmt sind. Ebenso spielen intelligente Plattformen eine zentrale Rolle, um selbstgesteuerte, verteilte und sichere Prozesse - und damit unbegrenzte Skalierbarkeit - zu ermöglichen. Einschlägige Schlüsseltechnologien sind künstliche Intelligenz, 5G, Quantum Computing und Distributed Ledger.
5. Technologie ermöglicht natürliche Zusammenarbeit
In Zukunft interagieren Individuen sowohl in der digitalen als auch in der physischen Welt intuitiv mit Technologien. Das Internet of ThingsInternet of Things (IoT) und Mixed Reality sorgen für eine Verschmelzung virtueller und realer Welten und eine reibungslose Interaktion zwischen Individuen und Organisationen. Technologie ist nahtlos in das Leben der Menschen eingebettet und kennt deren Präferenzen und Kontexte - kann diese sogar antizipieren und autonom handeln. Alles zu Internet of Things auf CIO.de
Traditionelle Grenzen zwischen Kunden und Organisationen verschwimmen genauso wie die Grenze zwischen der digitalen und der physischen Welt. Künstliche Intelligenz (KI) übertrifft menschliche Fähigkeiten in einzelnen Bereichen des kreativen Denkens - zum Beispiel in der Mustererkennung. Dadurch wird Technologie auch für wissensintensive Aufgaben nutzbar. Sogar bei Aufgaben, die kreatives Denken erfordern, werden Individuen und Technologien künftig gemeinsam auf Augenhöhe bearbeiten.
6.Organisationen nehmen unterschiedliche Rollen in mehreren Ökosystemen ein
Im Jahr 2025 agieren Organisationen in mehreren Ökosystem und nehmen dort unterschiedliche Rollen ein. Im bisher hart geführten Kampf um die Kundenschnittstelle werden sich einige wenige Organisationen durchgesetzt haben, die als Erlebnisorchestratoren fungieren. Die meisten Organisationen nehmen aber die Rolle von Produkt- und Service-Anbietern oder Lösungsintegratoren ein. Erstere stellen Komponenten mit standardisierten Schnittstellen bereit, die von Lösungsintegratoren gemäß typischer Präferenzprofile vorkonfiguriert und von Erlebnisorchestratoren individualisiert werden.
Zentral ist, dass Organisationen nicht auf eine Rolle festgelegt sind. Daraus ergibt sich eine ambivalente Beziehung zu anderen Organisationen, die in einem Ökosystem Partner und in einem anderen Ökosystem Wettbewerber sein können. So können in einem Financial-Service-Ökosystem Banken als Orchestratoren fungieren, indem sie für Kunden nicht nur ein Konto zur Verfügung stellen, sondern auch Versicherungen, Altersvorsorge und Asset-Verwaltung von anderen Organisationen integrieren. Gleichzeitig können Banken im "Ökosystem Wohnraum" Produkthersteller sein, indem sie Immobilienkredite bereitstellen.
7. Organisationen treiben verrückte Ideen entschlossen voran
Die Innovationsgeschwindigkeit definiert künftig den wirtschaftlichen Erfolg von Organisationen, da einmal erreichte Wettbewerbsvorteile immer schneller erodieren und teilweise trendbruchartig ausgehebelt werden. Organisationen müssen daher disruptive Innovationen hochautomatisiert generieren. Innovationen sind dann disruptiv, wenn bestehende Produkte, Services oder Erlebnisse zu besseren Konditionen angeboten oder vollständig ersetzt werden können.
Automatisierung erstreckt sich auf alle Phasen des Innovationsprozesses - von der Idee über das Verproben im Markt bis zur Kommerzialisierung. Der Fokus von Mitarbeitern liegt auf nicht-disruptiven Innovationen - also solchen Innovationen, die neuartige Bedürfnisse wecken oder bislang nicht vorhandene Erlebnisse kreieren. Solche Innovationen sind für den Auf- und Ausbau von Wettbewerbsvorteilen unerlässlich.
8. Organisationen automatisieren anspruchsvolle Aufgaben umfassend
Auch abseits von Innovation spielt Automatisierung eine zentrale Rolle im Jahr 2025. Technologie durchdringt nicht nur wohlstrukturierte Aufgaben, sondern auch Aufgaben mit unendlich großen Lösungsräumen. Die Art des Technologieeinsatzes lässt sich nach Aufgabentyp unterscheiden. Transaktionale und repetitive Aufgaben werden vollautomatisiert über intelligente Plattformen abgewickelt.
Wissensintensive Aufgaben - wozu auch nicht-disruptive Innovation gehört - sind ebenfalls stark automatisiert, wobei Technologie und Individuen auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Transformative Aufgaben wie die strategische Weiterentwicklung von Organisationen werden von Individuen vorangetrieben, wobei Technologie unterstützend eingesetzt wird. Der hohe Automatisierungsgrad setzt Kapazität frei, die für Aufgaben genutzt werden können, die Kreativität erfordern oder von Mensch-zu-Mensch-Interaktionen profitieren.
9. Organisationen haben dynamische produktorientierte Strukturen
Um im Wettbewerb zu bestehen, ersetzen Organisationen Silo- und Matrixstrukturen durch dynamisch anpassbare Netzwerkstrukturen. Linienstrukturen sind marginalisiert, da deren Tätigkeiten weitestgehend automatisiert sind. Die meisten Mitarbeitenden arbeiten in Teamstrukturen, die Produkte, Services oder Erlebnisse fachlich wie technisch über ihren Lebenszyklus betreuen. Die Teamzusammensetzung wird dynamisch den jeweiligen Anforderungen angepasst.
Gerade beim Aufbau von Wissen über neue Technologien und in frühen Lebenszyklusphasen spielt die Zusammenarbeit mit externen Partnern eine zentrale Rolle, um skalieren zu können. Darüber hinaus sorgen wenige zentrale Support-Funktionen für übergreifende Effizienz und Effektivität sowie für die Verfügbarkeit von qualifizierten Mitarbeitenden. Die Organisationsführung verteilt Ressourcen entsprechend den Marktgegebenheiten und treibt transformative Veränderungen voran.
10. Führung, Innovation und Technologie sind zentrale Mitarbeiterkompetenzen
Die Fähigkeiten von Mitarbeitenden konzentrieren sich im Jahr 2025 primär auf drei Bereiche: Führung, Innovation und Technologie. Im Bereich Führung konzentrieren sich die Beschäftigten auf die Steuerung des Produkt-, Service- oder Erlebnislebenszyklus in den jeweiligen Teams sowie auf transformative Aufgaben.