Arbeitswelt der Zukunft
Was Mitarbeiter künftig können müssen
Ulrich Ahle ist Head of Consulting & Systems Integration Market Manufacturing, Retail and Transportation beim IT-Dienstleister Atos.
Industrie 4.0Industrie 4.0 und das Internet halten mit großen Schritten Einzug in die Fabrikhallen. Vergingen von der ersten bis zur zweiten industriellen Revolution noch über hundert Jahre, sind die Innovationszyklen heute deutlich kürzer. Fertigungsunternehmen, die sich am Markt halten wollen, können sich dieser Entwicklung kaum entziehen - ganz im Gegenteil: Innovations- und Kostendruck, Umsatz- und Effizienzsteigerung sowie der FachkräftemangelFachkräftemangel zwingen zum Aufrüsten in Sachen Industrie 4.0. Die Veränderungen spielen sich jedoch nicht nur in den Produktionsstätten ab. Das Konzept wird auch die Arbeitsweise vieler Menschen grundlegend verändern. Alles zu Fachkräftemangel auf CIO.de Alles zu Industrie 4.0 auf CIO.de
Das wirtschaftliche Potenzial für Industrie 4.0 wird enorm hoch eingeschätzt: Eine Studie des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) und des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) sieht bis 2025 allein im Maschinen- und Anlagenbau ein zusätzliches Wertschöpfungspotenzial von 23 Milliarden Euro in Deutschland. Diese Entwicklung wird auch die Arbeitswelt beeinflussen.
- Industrie 4.0 - Leitfaden für CIOs
Stephen Prentice (Gartner) legt den IT-Verantwortlichen zwölf Dinge ans Herz, die sie für den IT-Beitrag zu Industrie 4.0 beachten beziehungsweise tun sollten: - 1. Nur keine Panik!
Industrie 4.0 ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Die gute Nachricht: Wenn man nicht so genau sieht, wo es hingeht, kann man bislang auch nicht wirklich eine Gelegenheit verpasst haben. - 2. Integrieren Sie Informationstechnik und operationale Technik!
Unter operationaler Technik (OT) versteht Gartner Ingenieurtechnik mit einer Langzeitperspektive. Sie liefert Information über das, was im Inneren der Produktionssysteme vor sich geht. Dabei ist sie digital, aber nicht integriert. - 3. Steigern Sie den Reifegrad Ihres Fertigungsprozesses!
Lernen Sie Ihre Mitspieler auf der Produktionsseite kennen. Verstehen Sie deren Sorgen und Hoffnungen und planen Sie den gemeinsamen Fortschritt auf einem fünfstufigen Weg. - 4. Integrieren Sie Ihre Informations-Assets!
Reißen Sie Ihre Silos nieder und öffnen Sie Ihre Unternehmenssysteme auch für externe Informationsquellen: Wetterdaten, Social Media etc. "Ihre wertvollsten Daten könnten von außerhalb Ihres Unternehmens stammen", konstatierte Gartner-Analyst Prentice. - 5. Verinnerlichen Sie das Internet der Dinge!
Das Internet of Things (IoT) ist der international gebräuchliche Begriff für das, was die Grundlage der Industrie 4.0 - und des digitalen Business - bildet. - 6. Experimentieren Sie mit Smart Machines!
Virtuelle Assistenten für die Entscheidungsunterstützung, neuronale Netze, cyber-physikalische Systeme, Roboter und 3D-Druck mögen aus der heutigen Perspektive noch als Spielerei erscheinen. Aber es lohnt sich, ihre Möglichkeiten auszuloten. - 8. Scheuen Sie sich nicht, den Maschinen ein paar Entscheidungen anzuvertrauen!
Der Fachbegriff dafür ist Advance Automated Decision Making. Es gibt schon einige Bereiche, wo Maschinen statt des Menschen entscheiden, beispielsweise bei der Einparkhilfe für Kraftfahrzeuge. - 9. Denken Sie wirklich alles neu!
Jedes Produkt, jeder Service, jeder Prozess und jedes Device wird früher oder später digital sein. Denken Sie sich einfach mal Sensoren und Connectivity zu allem hinzu. - 10. Führen Sie bimodale IT ein!
Die Koexistenz zweier kohärenter IT-Modi (einer auf Zuverlässigkeit, einer auf Agilität getrimmt) gehört zu den Lieblingsideen der Gartner-Analysten. Stabilität und Schnelligkeit lassen sich so in der jeweils angemessenen "Geschwindigkeit" vorantreiben. - 11. Kollaborieren Sie!
Werden Sie ein Anwalt für Industrie 4.0. Schließen Sie sich Peer Groups, Konsortien und Standardisierungsgremien an. Denn die besten Ideen müssen nicht zwangsläufig aus dem eigenen Unternehmen kommen. - 12. Halten Sie die Augen offen!
Die Dinge verändern sich - ständig. Erfolgreiche Unternehmen wie Google und Amazon wissen das. Sie sind immer auf der Suche nach neuen Entwicklungen und Möglichkeiten. - 7. Werden Sie ein Digital Business Leader!
Der CIO sollte sich für das digitale Business engagieren. Dazu muss er aber seinen Elfenbeinturm verlassen. Denken Sie von innen nach außen, rief Prentice die IT-Chefs auf, und verbringen Sie etwa 30 Prozent Ihrer Arbeitszeit mit Menschen von außerhalb Ihrer Organisation.
Die Experton Group kommt in ihrer Studie "Industrie 4.0" zu dem Schluss: "Es werden neue, geänderte Aufgaben auf die Mitarbeiter zukommen, bewährte Arbeitsmuster werden sich verändern. Die Nutzung von Mobile Devices und digitalen Informationen wird omnipräsent, situations- und kontextadaptiv sowie augmented und pervasive sein."
Was heißt das nun genau? Enge Kooperation ist innerhalb der einzelnen Unternehmen und auch fabrikübergreifend stärker gefragt als je zuvor. Denn entscheidend bei der Anpassung, Vernetzung und Digitalisierung der Produktionsprozesse ist die übergreifende Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Abteilungen - gerade wenn diese vorher unabhängig voneinander und mit individuellen IT-Systemen gearbeitet haben - um zum Beispiel auf kurzfristige Änderungen schnell und flexibel reagieren zu können.
Durch den zunehmenden Vernetzungsgrad entstehen Berührungspunkte zwischen CIOs und IT-Fachkräften, Fachabteilungen sowie Geschäftsentscheidern, die es zuvor in dieser Form nicht gab. Von der Entwicklungs- bis zur Marketing-Abteilung ist in Zukunft eine enge Abstimmung durch das ganze Unternehmen notwendig.
Qualifizierungsniveau auf höherer Ebene
Die veränderte Kommunikation eröffnet neue Chancen: Um schnelle Lernkurven auszubilden, müssen Mitarbeiter abteilungs- und hierarchieübergreifend ihre Erfahrungen mit neuen Produkten, Materialien und Technologien austauschen und ihr Feedback zur Montage geben können, etwa über Social-Collaboration-Plattformen. So können schnell neue Ideen generiert und umgesetzt werden. Dadurch wird die Produktion auch für den Nachwuchs attraktiv, die sogenannte Generation YGeneration Y. Denn sie ist gewohnt, mit allen zu kommunizieren - nicht nur innerhalb der Abteilungen oder entlang von Workflows und Geschäftsprozessen. Alles zu Generation Y auf CIO.de
- CFK
Verwendung von Data Matrix Codes im Produktionsprozess von CFK-Bauteilen - Smartwatch
Eine Smartwatch unterstützt die Montagearbeit und warnt den Mitarbeiter bei Arbeitsschritten mit anderen Anforderungen. - Smartwatch
Die Smartwatch macht sich mit einem leuchtenden Display sowie Vibrationsalarm bemerkbar. - Simulation
Fabrik-Digitalisierung des britischen Rolls-Royce-Werks in Goodwood. - Simulation
Simulation des britischen Rolls-Royce-Werks in Goodwood.
Auch das Qualifizierungsniveau der Mitarbeiter ändert sich, denn die Anforderungen aufgrund der Komplexität der Systeme steigen. Unternehmen benötigen einerseits kompetentes Personal, das dieser Herausforderung gewachsen ist. Andererseits vereinfacht die Technologie industrielle Prozesse und Handgriffe. Ein Beispiel dafür sind "assistierte" Mitarbeiter: Sie können ohne vorheriges Training, aber ausgestattet mit technischen Hilfsmitteln wie Smart Glasses auf Expertenwissen zugreifen - etwa vor Ort Informationen abrufen, wie sie ein Werkstück bearbeiten oder eine Maschine reparieren sollen.
Teamarbeit in Zeiten von Industrie 4.0
Eine weitere neue Form der Zusammenarbeit sind so genannte Communities of Practice, also praxisbezogene Arbeitsgruppen, die den funktionsübergreifenden Austausch im Unternehmen pflegen. Auf diese Weise können beispielsweise die Erfahrungswerte von Gruppenteilnehmern aus der Produktion zu verbesserten Abläufen führen. Oft kommen auch Verbesserungsvorschläge für Produkte oder für die Fertigung von Kunden oder vom Vertrieb.