Projektmanagement


Projektmanagement nach COVID

Was PMs jetzt können müssen

Christina Wood schreibt als freiberufliche Autorin unter anderem für unsere US-Schwesterpublikationen CIO.com, InfoWorld.com und CSO Online.
Auch im Projektmanagement ist nach der Pandemie nichts mehr, wie es war. Das sollten PMs jetzt beherzigen.
Die Pandemie hat auch das Projektmanagement verändert. Lesen Sie, was PMs jetzt zum Erfolg brauchen.
Die Pandemie hat auch das Projektmanagement verändert. Lesen Sie, was PMs jetzt zum Erfolg brauchen.
Foto: KeyStock - shutterstock.com

Das vergangene Jahr hat die Art und Weise wie wir arbeiten, massiv verändert. Vor der Pandemie verrichteten laut einer Studie von Pew Research etwa 20 Prozent der erwerbstätigen Erwachsenen ihre Arbeit von zu Hause aus. Heute sind es 71 Prozent - wovon es in wiederum 54 Prozent der Fälle auch dabei bleiben soll. Die Pandemie hat für eine massive Verlagerung hin zu dezentralen, verteilten Arbeitsplätzen gesorgt - wovon jeder der weltweit 1,25 Milliarden Wissensarbeiter betroffen ist.

Vor diesem Hintergrund müssen nicht nur Projektmanager neue Strategien entwickeln, um ihre Projekte auf Kurs und ihre Teams gesund und produktiv zu halten: Laut der Asana-Studie "Anatomy of Work" verbringen wir alle 60 Prozent unserer Zeit damit zu koordinieren, statt diese mit qualifizierten, strategischen Aufgaben zu füllen.

Wie verändern sich in diesem Zusammenhang die Regeln des Projektmanagements? Welche Fähigkeiten brauchen Projektmanager jetzt, um erfolgreich zu sein? Wir haben mit Projektmanagement-Experten gesprochen, um Antworten auf diese (und andere) Fragen zu bekommen.

1. Teure Klarheit

Eines ist im vergangenen Jahr deutlich geworden: Zusammenarbeit ohne räumliche Nähe erschwert eine klare Kommunikation. Laut der Asana-Studie wird jede vierte Deadline pro Woche wegen mangelnder Klarheit verpasst.

"Der schnelle Wechsel ins Home-Office hatte zur Folge, dass alle Mitarbeiter in isolierte Arbeitsbereiche wechselten, die nur über das Internet verbunden waren - eine gefährliche Situation, in der jedes Teammitglied schnell zu einem Informationssilo werden konnte. Zu Beginn der Pandemie waren Videokonferenzen noch ein willkommener Ersatz für persönliche Zusammenkünfte - ein Jahr später ist klar: Wir brauchen bessere Tools, um Klarheit darüber zu schaffen, wer wann was tut und wie das Gesamtbild aussieht", erklärt Alex Hood, Chief Product Officer bei Asana.

Laut der Studie wurden auch beiläufige Unterhaltungen im Büro (beispielsweise, um die Mitarbeiter schnell auf den neuesten Stand zu bringen) durch unnötige Videokonferenzen ersetzt - mit einem hohen Preis: Demnach fraßen Meetings im vergangenen Jahr 157 Stunden individuelle Produktivarbeit und führten dazu, dass die Mitarbeiter im Durchschnitt jeden Tag zwei Überstunden machten.

Projektmanager und CIOs suchen händeringend nach neuen Tools und Methoden, um sich abzustimmen, ohne einen solchen Preis aufzuwerfen. Schenkt man einer Untersuchung von IDC Glauben, sind die Unternehmen auch bereit, zu investieren.

2. Nicht ohne Source of Truth

Es gibt eine breite Palette von Methoden im ProjektmanagementProjektmanagement. Obwohl jede ihre spezifischen Vorteile besitzt, ist entscheidend, sich auf eine Methode zu konzentrieren und alles darauf auszurichten. Alles zu Projektmanagement auf CIO.de

"Ich habe mit einem Team in Dubai, einem Team in Großbritannien und einem Team in Mississippi gesprochen. Sie alle forderten eine 'Single Source of Truth", erzählt Matt Burns, Leiter des Startup-Ökosystems bei monday.com.

Diese Quelle der Wahrheit kann ein zentrales Projektmanagement-Tool, ein Projektmanager in einer Führungsrolle oder eine Arbeitsphilosophie sein.

"Die alte Regel lautete: 'Erledige es, egal was es kostet'. Die neue Regel lautet: 'Einigen wir uns darauf, wie wir die Sache angehen, und bringen wir sie in einen Rahmen.'"

Burns vergleicht die Situation in vielen Unternehmen mit einem Land, in dem die verschiedenen Bundesländer völlig unterschiedlich agieren: "Die Leute wissen nichts voneinander oder darüber, was sie tun. Egal, ob es sich um ein Tool, eine Methodik oder was auch immer handelt - man wird nie alle glücklich machen können. Wählen Sie einfach eine aus und sorgen Sie dafür, dass sie funktioniert."

3. Asynchron ist Standard

Eine Sache, die uns das vergangene Jahr - oft auf die harte Tour in Form von verpassten Terminen und verlorengegangener Produktivität - gelehrt hat, ist, dass synchrone Kommunikation ein kostbares Gut ist. Denn in der neuen Arbeitswelt kann man sich nicht mehr darauf verlassen, dass die Leute zur gleichen Zeit an ihren Schreibtischen sitzen.

Man kann sich nicht darauf verlassen, dass sie sich in der gleichen Zeitzone befinden. Einige arbeiten vielleicht spät abends, andere früh morgens. Darüber hinaus könnten die Betreuung der Kinder oder andere Aufgaben zu berücksichtigen sein. All dies führt zu einer brutalen Erkenntnis in Sachen Teamwork: Es ist kostspielig, alle für ein Meeting zusammenzubringen und wird zwangsläufig zu Unannehmlichkeiten wie Überlastung und Burnout führen.

"Die Kosten für synchrone Kommunikation sind im Zuge des Remote-Work-Umschwungs in die Höhe geschnellt. Und diese Kosten werden nicht sinken, wenn wir uns in eine hybride Arbeitsumgebung bewegen", meint Asana-CPO Hood.

Projektmanager sollten daher auf Tools setzen, die nicht nur Klarheit schaffen, sondern auch asynchrone Kommunikation besser abbilden.

4. Projektplan-Debugging

Die Erstellung eines komplexen Projektplans ist eine Menge Arbeit. Dabei kann ein Fehler leicht ein ganzes Projekt oder einzelne Bestandteile in Schieflage bringen und ein Vermögen kosten. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand diesen Fehler bemerkt, bevor ein Termin verpasst wird oder alles aus dem Ruder läuft, liegt bei null - weil so gut wie niemand den Projektplan überprüft.

"Für einen Menschen ist es rein mathematisch nicht möglich, die Komplexität eines Großprojekts zu bewältigen, ohne kritische Fehler zu machen", weiß Mike Psenka, CEO von Moovila. "Unsere Untersuchungen zeigen, dass über 98 Prozent der Projektpläne - erstellt von erfahrenen Projektmanagern auf Senior-Level - kritische Fehler aufweisen. Das war schon immer so, denn Projektpläne werden nie auf Fehler untersucht."

Sobald ein Plan erstellt ist, wird er unter der Annahme befolgt, dass er fehlerfrei ist. Selbst dann, wenn er komplex und teuer ist und eine große Anzahl von beweglichen Teilen, Mitwirkenden, Meilensteinen und Ergebnissen beinhaltet.

"Jeder Programmierer auf dieser Welt debuggt seinen Code. Würden sie das nicht tun, würden sie Müll produzieren. Aber bei großen Projektplänen mit Tausenden von Aufgaben wird darauf vertraut, dass jeder es beim ersten Mal perfekt hinbekommt", ärgert sich Psenka.

5. Jeder ist jetzt PM

"Es ist ein Trend zu beobachten, dass Nicht-Projektmanager das Projektmanagement in die Hand nehmen", sagt Kausikram Krishnasayee, Director of Project Management bei Kissflow. "Diese Mitarbeiter kommen aus verschiedenen Bereichen und managen am Ende kleine oder interne Projekte. Dabei sind sie sich der alten Regeln des Projektmanagements entweder nicht bewusst oder rebellieren dagegen. Im Wesentlichen agieren sie auf der Basis von Gefühl und Erfahrung."

In der Vergangenheit bezogen Projektmanager Faktoren wie Budget, Ressourcen und grobe Schätzungen ein, um zu bestimmen, wie lange eine Aufgabe dauern würde. Diese neue Gruppe von Managern mit Fingerspitzengefühl stützt sich auf Erfahrung, Vertrautheit mit den Menschen, die die Arbeit erledigen, und das Wissen über die mentale Leistung, den jede Aufgabe fordert, um Dauer und Zeitrahmen zu bestimmen. Sind das vielleicht die besseren Maßnahmen in Sachen Projektmanagement?

"Sobald man anfängt, die Menschen zu verstehen und sie als Menschen und nicht als Ressourcen zu betrachten - und versucht, Wege zu finden, um Probleme und Unsicherheiten von Fall zu Fall zu umgehen - funktionieren die Dinge deutlich besser als mit alten Projektmanagement-Praktiken", zeigt sich Krishnasayee überzeugt.

6. Der PM als Negotiator

Projekte werden immer komplexer und Unternehmen konzentrieren sich mehr darauf, nachhaltiges Wachstum in einem neuen Klima zu schaffen. Der Projektmanager ist deshalb längst nicht mehr nur der, der die Pläne erstellt, sondern auch ein Verhandlungsführer. Dieser sollte in der Lage sein, konkurrierende Fraktionen, hybride Arbeitsteams, verteilte Stakeholder und Interessengruppen zusammenzubringen, um das Projekt voranzubringen.

"Die Rolle des Projektmanagers entwickelt sich weiter und Verhandlungsgeschick wird immer wichtiger", sagt Jill Lyons, Executive Vice President of Delivery bei Hawkeye. "Es gibt Teams, die mit Kunden zu tun haben, Teams, die intern arbeiten, und Projektmanager, die sich um technische Belange kümmern oder nach Vertriebskanälen oder Leistungen eingeteilt sind. Der Projektmanager wird mehr und mehr zum Schnittpunkt zwischen all diesen Teams."

7. Emotionale Intelligenz

Isoliertes Arbeiten im Home-Office kann zu einer unausgewogenen Work-Life-Balance führen. Und nicht jeder im Team fühlt sich in der neuen, verteilten Arbeitswelt wohl: Laut Pew Research tun sich vor allem jüngere Arbeitnehmer und Eltern schwer. Um Projekte wieder auf Kurs zu bringen, müssen Projektmanager deswegen zunehmend Neuland betreten.

"Emotionale Intelligenz ist eine wirklich wichtige Fähigkeit, die Projektmanager meiner Meinung nach jetzt brauchen", sagt Janetta Ekholm, Managerin bei Futurice. "Wenn wir uns selbst als Menschen verstehen und wissen, woher unsere Emotionen kommen, verstehen wir auch andere. Der Projektleiter muss dem Team psychologische Sicherheit vermitteln. Er muss ein Sicherheitsnetz schaffen, das den Leuten die Möglichkeit gibt, sich wohlzufühlen und ermöglicht, Ideen und unterschiedliche Standpunkte ohne Angst zu teilen."

Projektmanager müssen also als eine Art Therapeut agieren, der Stress erkennt und den Teammitgliedern dabei hilft, diesen zu verarbeiten, Prioritäten zu setzen und Ressourcen oder einen geeigneten Zeitplan zu finden, damit sie sich bei der Arbeit sicher fühlen und zur Arbeit kommen können.

"Indem sie diese Moderationsfähigkeiten einsetzen, können Führungskräfte erheblichen Einfluss ausüben", weiß Ekholm. (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.

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