Arbeitskampf-Bilanz
Wenige Streiks im Corona-Jahr 2020
Im vergangenen Jahr hat es in den deutschen Betrieben auch wegen der Corona-Pandemie vergleichsweise wenige Streiks gegeben. Im Jahr 2020 fielen laut einer am Dienstag vorgestellten Auswertung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung rund 342 000 Arbeitstage wegen Arbeitskämpfen aus. Geringere Zahlen hatte es zuletzt nur in den Jahren 2017 und 2011 gegeben, während im Rekordjahr 2015 sogar rund zwei Millionen Arbeitstage den Streiks zum Opfer fielen. An den Aktionen beteiligten sich im vergangenen Jahr rund 276 000 Beschäftigte.
"Unter den Bedingungen eines umfassenden gesellschaftlichen Lockdowns wurden im Frühjahr viele Tarifverhandlungen zunächst ausgesetzt", erläuterte der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten. Statt normaler Verhandlungen über Entgelte oder Arbeitszeiten standen in etlichen Branchen zunächst Beschäftigungssicherung sowie die Aufstockung des gesetzlichen Kurzarbeitergeldes bei den Verhandlungen im Vordergrund.
Arbeitskampffähigkeit unter Beweis gestellt
Ab dem Frühsommer hätten die Aktivitäten dann aber wieder zugenommen, weil unter den Corona-Bedingungen die Interessen- und Verteilungskonflikte nicht verschwunden seien. Die umfangreichsten Streikaktionen habe es dann im Herbst beim Öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen sowie im Öffentlichen Nahverkehr gegeben. Unter dem Strich sei es den Gewerkschaften gut gelungen, auch unter Pandemiebedingungen ihre Arbeitskampffähigkeit unter Beweis zu stellen, so die Autoren. Dazu seien auch neue Aktionsformen genutzt worden.
Für das laufende Jahr erwarten die Gewerkschafts-Forscher eine wesentlich umfangreichere Arbeitskampf-Bilanz. Allein in der aus dem Vorjahr vertagten Metall-Tarifrunde haben sich bereits mehr als 800 000 Beschäftigte an Warnstreiks beteiligt. Weitere konfliktreiche Auseinandersetzungen seien unter anderem am Bau, im Einzelhandel und im Öffentlichen Dienst der Länder sowie in vielen Einzelbetrieben zu erwarten. Im internationalen Vergleich streiken deutsche Arbeitnehmer aber weiterhin vergleichsweise selten. (dpa/ad)