S/4HANA in der Cloud
Wie Florida Crystals seine SAP-Systeme konsolidiert
"Ich habe vom vorherigen CIO ein Geschenk geerbt", erinnert sich Kevin Grayling, CIO von Florida Crystals. "Nämlich eine moderne SAPSAP S/4HANA-Landschaft für den Großteil des Unternehmens." Für viele seiner Kollegen in der KonsumgüterindustrieKonsumgüterindustrie wäre das eine beneidenswerte Situation: "Manche haben 20 oder 30 verschiedene ERP-Lösungen im Einsatz", berichtet er. Aber Grayling sah auch die Schattenseiten seines Erbes: In vielen Bereichen liefen noch ältere SAP-Systeme, es gab also Handlungsbedarf. Alles zu SAP auf CIO.de Top-Firmen der Branche Nahrungsmittel
Florida Crystals baut Zuckerrohr, Mais und Reis in Florida und anderen Regionen an. Zur Firmengruppe gehört auch die ASR Group International, ein Zuckerraffinations- und Marketingunternehmen. ASR ist in ganz Europa sowie Nord- und Mittelamerika tätig und vertreibt Zucker unter verschiedenen Marken. Die modernere SAP-Installation, S/4HANA 1709, lief bei ASR bislang in einer von Virtustream gehosteten virtuellen privaten Cloud, während die Muttergesellschaft noch die SAP Business Suite nutzte. "Die Prozesse blieben fast 20 Jahre lang unangetastet", so der CIO.
Transformation von Geschäftsprozessen
Als Grayling 2017 in das Unternehmen eintrat, konzentrierte er sich auf die Transformation von Geschäftsprozessen. Das funktionierte, solange die betreffenden Prozesse nicht die Grenze zwischen den SAP-Instanzen überschritten. Das Thema entwickelte sich jedoch zu einer Herausforderung, als er die Source-to-Pay-Prozesse zwischen den beiden Systemen durch die Einführung von SAP Ariba transformieren wollte. "Wenn man zwei verschiedene ERP-Systeme hat, macht das ein Transformationsprojekt viel komplizierter und teurer."
Das war auch Graylings Vorgänger bewusst, und so war die KonsolidierungKonsolidierung der beiden SAP-Systeme fast ein Jahrzehnt lang ein Gesprächsthema, bis Grayling seine Vorstandskollegen schließlich davon überzeugen konnte. Sein Argument: Die Kosten für die Konsolidierung würden geringer sein als für die Beibehaltung getrennter Systeme. "Es war eine Menge Überzeugungsarbeit nötig", so der CIO rückblickend. "Mit einem deutlichen finanziellen Vorteil war die Entscheidung aber einfacher." Alles zu Konsolidierung auf CIO.de
Vom SAP-Hosting zum Cloud-Hyperscaler
Im Verlauf eines Jahres erörterte Grayling die Anforderungen unter anderem mit den Verantwortlichen für Finanzen, Beschaffung und Lieferketten. Eine dieser Anforderungen bestand darin, das Rechenzentrum des Hosting-Anbieters zu verlassen und in die CloudCloud eines Hyperscalers umzuziehen. Florida Crystals war einer der ersten Kunden von Virtustream. Anfangs war das SAP-Hosting eine gute Wahl, aber nach einem Jahrzehnt, so Grayling, "war die Virtual Private Cloud, damals unsere einzige Option, in die Jahre gekommen. Das hat uns eine Menge Geld gekostet." In der Zwischenzeit seien viele Unternehmen von lokalen Rechenzentren in die Clouds von AWS oder Microsoft Azure gewechselt und hätten dann einen Partner gesucht, "um ihr SAP in der Cloud zu betreiben. Virtustream konnte da nicht mithalten." Alles zu Cloud Computing auf CIO.de
SAP-Anwendungen zusammenführen
Eine weitere Anforderung bestand darin, die beiden Unternehmen auf dieselbe SAP-Anwendung zu bringen. Dazu sollte ASR ein Upgrade auf S/4HANA 2020 erhalten, die neueste Version zum Zeitpunkt des Umzugs, und Florida Crystals sollte von Business Suite on HANA darauf migriert werden. Da sich dadurch vieles veränderte, musste CIO Grayling eine wichtige Entscheidung treffen: Brownfield oder Greenfield? Mit anderen Worten: Sollte er versuchen, die Arbeitsabläufe von ASR aus S/4HANA 1709 im neuen System beizubehalten, oder sollte er von vorne anfangen und alles für S/4HANA 2020 umgestalten?
Um diese Frage zu beantworten, machten er und seine Kollegen eine umfassende Analyse. Sie setzten dazu auch Process-Mining-Tools von Celonis ein, um besser zu verstehen, wie ihre Systeme funktionierten und welche Verbesserungen sie vornehmen konnten. "Wir wollten nachvollziehen können, welche zusätzlichen Vorteile ein Start auf der grünen Wiese mit sich bringen könnte." Am Ende, so Grayling, sprachen die Zahlen für eine Brownfield-Migration -also einen längeren, aber weniger riskanten Weg.
Referenzen sind Beschleuniger
Grayling wandte sich an sein Netzwerk, um einen Implementierungspartner zu finden. Lemongrass Consulting hatte bereits SAP für eine landwirtschaftliche Genossenschaft und für ein Konsumgüterunternehmen eingeführt, die er kannte. "Es war wahrscheinlich die einfachste Entscheidung, die ich in meinen über 25 Jahren in der IT-Branche aufgrund von Referenzen getroffen habe", sagt er. Obwohl der CIO keinen Hyperscaler präferierte, hatte AWS zum Zeitpunkt des Umzugs einen klaren Vorsprung bezüglich der Anzahl der gehosteten SAP-Umgebungen, und war auch der bevorzugte Cloud-Partner von Lemongrass.
SAP S/4HANA-Migration und Upgrade geteilt
Ursprünglich war geplant, die bei ASR eingesetzte S/4HANA-Umgebung von Virtustream auf AWS zu migrieren und im Januar 2022 an einem einzigen Arbeitsgang zu aktualisieren, um dann etwa sechs Monate später das Geschäft von Florida Crystals aus der alten Umgebung zu konsolidieren. "Wir haben jedoch schnell erkannt, dass die gleichzeitige Durchführung der Migration und des Upgrades ein zu großes Risiko ist", berichtet Grayling. Daher wurde der Vorgang in zwei Etappen aufgeteilt, wobei das Upgrade nur drei Wochen später als die Migration stattfand. Der Plan für die Umstellung funktionierte, es gab keine Zwischenfälle und es war nur wenig Finetuning nötig, fügt er hinzu.
Das Upgrade hingegen war komplexer, etwa durch den Transfer einiger Funktionen von S/4HANA 1709 in die neuere Version. "Wir haben eine große Analyse dazu gemacht, was sich geändert hat, um Problemen vorzubeugen", berichtet der CIO. "Dafür mussten wir viele Funktionstests durchführen." Nur eine Kleinigkeit trübte das Upgrade: ein Leistungsproblem für einige Stunden am zweiten Tag des Go-Live. Grayling führt dies auf die Konfiguration des alten Systems zurück. "Wenn man mehrere Jahre eine SAP-Umgebung bei einem Partner hatte, erfasst man nicht immer alle Eigenheiten des Customizings, die in dieser Umgebung laufen. Wir haben dadurch ein wenig Wissen eingebüßt."
Schwierige SAP-Konsolidierung
Die Konsolidierungsphase gestaltete sich schwieriger. Florida Crystals sollte die Geschäftsprozesse von ASR übernehmen, um den SAP-Kern sauber zu halten, aber die beiden Unternehmen sind in völlig unterschiedlichen Bereichen tätig: Das eine in der Landwirtschaft, das andere in der Konsumgüterindustrie. "Es war viel Change-Management nötig, um sie aufeinander abzustimmen", berichtet Grayling.
Eine weitere Herausforderung war die Datenmigration. "Das Wichtigste bei einer SAP-Einführung - ich habe in meiner Laufbahn über 20 durchgeführt - ist die Qualität der Datenmigration und die Qualität der Tests", sagt der CIO. "Die Testskripte müssen frühzeitig festgelegt werden, damit sie sich bewähren können, und die Regressionstests müssen so weit wie möglich automatisiert werden, um die Mitarbeiter nicht zu überlasten." Um eine Testplattform zu entwickeln und die Prozesse zu automatisieren, ging das Unternehmen eine Partnerschaft mit HCL ein. Die Tests der Benutzerakzeptanz dauerten rund zwei Monate.
CIO Grayling warnt davor, den Aufwand für die Datenmigration zu unterschätzen - insbesondere zwischen der Business Suite on HANA, die im Wesentlichen ein SAP ECC-Datenmodell nutzt, und einem S/4HANA-System. "Es gibt sehr viel veralteten Code, und das Datenmodell der beiden Plattformen ist sehr unterschiedlich", sagt er. Viele Daten bleiben dabei auf der Strecke: Historische Finanzinformationen etwa werden in zusammengefassten Bilanzen reduziert, ohne Transaktionsdetails.
Der Weg in die Cloud hat sich gelohnt
Das konsolidierte System von Florida Chrystal und ASR wurde schließlich im September 2022 in Betrieb genommen. "Solche großen Prozesskonsolidierungen sind immer eine Herausforderung, aber es lief relativ gut", bilanziert Grayling. Die Strategie der Brownfield-Migration habe sich bewährt. Nach der Implementierung konnte der CIO auch den Business Case des Großprojekts klar demonstrieren. Die Umstellung auf die Cloud habe sich gelohnt und den erwarteten Nutzen gebracht.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation cio.com