Rohstoffe
Wie sich Seltene Erden recyceln lassen
Kreative Franzosen in der Vorreiterrolle
Ein kräftiger Schlag mit einem Kolben löst die Magnetplättchen - zwischen 20 und 400 Stück je Motor. Dann nähert sich ein Stahlklotz. Die Anziehungskraft zwischen Magnet und Klotz ist stärker als zwischen Magnet und Motor. So können die kostbaren Plättchen in wenigen Sekunden abgenommen werden.
In einem nächsten Schritt entwickeln die Forscher eine komplette Fabrik, deren einzige Funktion es ist, alte Motoren zu zerlegen. Die Bundesregierung unterstützt die Entwicklung des Verfahrens mit 5,1 Millionen Euro, das spätestens in zehn Jahren reif sein soll für den industriellen Einsatz.
Mit den ausgebauten Magneten gab es allerdings bis vor Kurzem ein Problem: Es kursieren zwei Typen: eine Sorte auf Basis des Elements Neodym und eine zweite auf Basis von Samarium. Beide Magnete unterscheiden sich äußerlich nicht und lassen sich kaum voneinander trennen. Werden sie aber vermischt, lässt sich aus dem wiedergewonnenen Rohstoff kein brauchbarer Magnet mehr herstellen, weil dieser zu schwache Anziehungskräfte hätte.
Doch nun scheint auch dafür eine Lösung in Sicht: ein physikalisch-mechanisches Trennverfahren, das der Chemiker Marcus Tegel vom Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung in Dresden vor einigen Monaten vorgestellt hat.
Weil Tegel die Methode noch nicht patentiert hat, schweigt er über alle Details. Er versichert aber, dass sich stündlich etliche Tonnen der verschiedenen Magnete auf diese Weise voneinander separieren ließen. Derzeit verhandelt er mit verschiedenen Industriepartnern, die die Technik zur Marktreife führen wollen.
Die sortenreinen Magnete können dann direkt in Motoren eingebaut werden. Dafür mahlen Forscher die Magnete fein wie Espressopulver. Unter hohem Druck wird es anschließend in die gewünschte Form gepresst und bei 1.000 Grad Celsius gebacken. So entsteht ein neuer Magnet - in nahezu jeder beliebigen Bauform.
Es ist ein Top-Thema längst nicht nur für Industriegiganten wie Siemens oder Daimler: Denn rund ein Drittel der Seltenen Erden landet aktuell in vielfältigsten Magneten: von Computern über Lautsprecher und Elektrofahrzeuge bis zu Windrädern. Sie alle brauchen viele und vor allem große Magnete, damit sie sich überhaupt bewegen. Kein Wunder also, wenn Tegel feststellt: "Eigentlich alle Unternehmen, die mit Elektromotoren hantieren, befassen sich mit dem Recycling."
Was das Recycling Seltener Erden angeht, sind die Franzosen besonders kreativ. Seit einigen Jahren dürfen europäische Verbraucher Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen nicht mehr über den Hausmüll entsorgen, weil sie giftiges Quecksilber enthalten. Was übersehen wurde: Die weiße Beschichtung auf dem Glas enthält auch einige Gramm Seltene Erden.
Solvay-Rhodia hat die ausgedienten Röhren daher als Rohstoffquelle ausgemacht - und investiert nun massiv in neue Technik. Seit 2009 hat das Unternehmen 15 Millionen Euro in neue Recyclingmethoden gesteckt. Das könnte sich lohnen: Denn jedes Jahr sammeln Unternehmen und Verbraucher EU-weit rund 80.000 Tonnen ausrangierte Leuchtmittel - und damit auch einige Tonnen der raren Rohstoffe.
Bei bisherigen Recyclingverfahren landen die alten Leuchtmittel meist in einer Art Häcksler, der sie erst klein schlägt und das Pulver dann in einer weißlichen Brühe auffängt. Verschiedene Siebe filtern Glas und Metallteile heraus. Die zwei Milligramm Quecksilber je Leuchte lassen sich dabei zurückgewinnen.