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Bezahlen mit dem Handy - Vorbild Afrika

Telkos werden zu Banken

16.05.2011
Von Hartmut Wiehr
In Emerging Markets wie Kenia übernehmen heute schon Telcos die Aufgabe von Banken. Erste Smartphones mit NFC-Chips (Near Field Communication) könnten hier den gleichen Trend lostreten.
Gerd Wolfram Managing Director, Metro Systems: "Mit NFC, dem Zahlen per Funk, wollen wir unseren Kunden ein einfaches und bequemes Zahlverfahren für alle Einkäufe im Warenhaus bieten."
Gerd Wolfram Managing Director, Metro Systems: "Mit NFC, dem Zahlen per Funk, wollen wir unseren Kunden ein einfaches und bequemes Zahlverfahren für alle Einkäufe im Warenhaus bieten."
Foto: Metro Systems

Der Prozess Ware gegen Geld steht jetzt - die digitale Technologie macht’s möglich - vor einer neuen Revolution. So sieht das zumindest René Schuster, Deutschland-Chef von Telefónica O2: "Der Tag wird sehr schnell kommen, an dem wir unsere Kreditkarten nicht mehr brauchen." Und Ed Kozel, Technologievorstand der Deutschen Telekom, sekundierte ihm auf dem diesjährigen Mobile World Congress GSM in Barcelona: "2011 ist das Jahr fürs mobile Bezahlen."

Aufseiten des Handels nimmt man solche Töne gerne auf: "Schon heute trägt jeder Kunde ständig ein Mobiltelefon bei sich", meint zum Beispiel Gerd Wolfram, Managing Director von Metro Systems: "Mit NFC, dem Zahlen per Funk, wollen wir unseren Kunden ein einfaches und bequemes Zahlverfahren für alle Einkäufe im Warenhaus bieten." Rein theoretisch ziehen Nutzer dabei nur ihr Gerät an einer Empfangsstelle vorbei. Das Bezahlen geschieht über in das Handy eingebaute Applikationen, die eine Registrierung des Nutzers und ein entsprechend gefülltes Konto oder Kreditguthaben voraussetzen, analog zu bisherigen Kartensystemen. Bei Verlust oder Diebstahl ist ebenfalls eine Sperrung per Telefonanruf vorgesehen.

Klaus Dechamps Leiter Märkte und Absatz, Nürnberger VGN: "Bisher liegt die Teilnehmerzahl an unserem Handy-Ticket noch unter einem Prozent am gesamten Kartenverkauf."
Klaus Dechamps Leiter Märkte und Absatz, Nürnberger VGN: "Bisher liegt die Teilnehmerzahl an unserem Handy-Ticket noch unter einem Prozent am gesamten Kartenverkauf."
Foto: Nürnberger VGN

Sind erst einmal die meisten Handys mit NFC-Chips ausgerüstet, "werden wir technologisch in der Lage sein, Modelle für Mobile Payment aktiv zu praktizieren, wie sie teilweise schon in den Emerging Markets in Asien und Afrika üblich sind", meint Roman Friedrich, Partner beim Beratungsunternehmen Booz & Company. Er glaubt, dass gerade die Telco-Gesellschaften an diesem neuen Geschäftsfeld interessiert sind: "Sie verfügen schon jetzt über die technische Möglichkeit, ihre Kunden über die SIM-Card genau zu identifizieren - ähnlich wie es bei den Kreditkarten geschieht." Darüber hinaus sei das Handy inzwischen mehr als ein reines Kommunikationsinstrument: Man hört Musik, spielt, fotografiert, lädt sich Apps herunter, surft, liest oder schreibt E-Mails. Telco-Kunden hätten eine hohe Affinität zu ihren Geräten, sagt Friedrich: "Sie sind nicht mehr wegzudenken aus ihrem Leben."

handyticket.de macht es vor

Auch wenn hier viel Zukunftsmusik, ungenaue Prognosen und vor allem der Wunsch nach neuen Geschäftsfeldern vorherrschen, gibt es bereits Pilotprojekte und reale Anwendungsfälle. Relativ weit vorgewagt hat sich ein Verbund aus 14 deutschen Städten und Regionen, in denen sich registrierte Benutzer je nach Handy-Typ über eine Applikation oder direkt über eine Internet-Seite Tickets auswählen und kaufen können. Klaus Dechamps, Leiter Märkte und Absatz beim Nürnberger VGN und Projektleiter von HandyTicket Deutschland (www.handyticket.de), betont: "Damit haben die Kunden immer einen kleinen Fahrkartenautomaten in der Tasche dabei, wenn sie unterwegs sind. Die Abrechnung erfolgt über eine geschützte Abbuchung per Kreditkarte, Lastschrift oder ein Prepaid-Konto. Über den zuletzt genannten Weg kann man sogar ganz anonym am Bezahlverfahren teilnehmen."

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