CIO von Roche Diagnostics
"Big Data - nehme ich nicht mehr in den Mund!"
Ausgerechnet Werner Boeing: Der CIO, der sein eigenes Unternehmen Roche Diagnostics als Datenfabrik bezeichnet, will mit Big Data als Schlagwort nichts zu tun haben: "Wir müssen nicht immer wieder eine neue Sau durchs Dorf treiben", meint Boeing zu dem Begriff, der gerade so mühelos die Veranstaltungssäle füllt.
Im Juni musste der Bitkom auf seiner "Big Data"-Konferenz in Bonn Teilnahmewillige ausschließen. Am 24. und 25. September lud die Computerwoche zu einer gleichnamigen Konferenz ein. Mangel an Teilnehmern herrscht nirgends. Mangel an richtigen Antworten auf die Datenflut schon.
Vielleicht auch an richtigen Fragen. Professor Hubert Österle von der Universität Sankt Gallen und sein ehemaliger Projektleiter Boris Otto, seit dem 1. September Professor an der Technischen Universität Dortmund, haben sich deshalb die Mühe gemacht, in einem Whitepaper alle Fragen aufzulisten, die für ein "Corporate Data Quality Management" (CDQM) zu beantworten sind. Sperriges Wort. Sozusagen Österles akademische Antwort auf Big Data.
Der Professor erklärt, worum es ihm dabei eigentlich geht: "Es gab mal eine Zeit, da war Databank-Design das Nonplusultra. Die Firmen haben in den 1980er-Jahren gedacht, wenn sie das hinbekommen, dann ist alles erledigt." Aber schon damals sei das Problem gewesen, dass alle auf die Prozesse geguckt haben und nicht mehr auf die Daten beziehungsweise deren Qualität. "Jetzt erleben wir ein Revival der Daten, weil so viele hinzugekommen sind", freut sich Österle. Ein Jahr vor seiner Emeritierung bekommt sein Lieblingsthema CDQM noch einen richtigen Schub.
"Daten-Unternehmen Roche"
Zum Beispiel bei Roche Diagnostics: "Wir waren schon immer ein Datenunternehmen - man hat es nur nicht gesehen", sagt CIO Boeing, der 2009 zum Unternehmen kam und seit 2011 in seiner derzeitigen Rolle arbeitet. In der Tat gewinnt der Besucher zunächst einen anderen Eindruck, wenn er die Produktionsstätten von Roche Diagnostics, der kleinen Schwester von Roche Pharma, besucht. In Mannheim, Penzberg bei München, Indianapolis oder dem schweizerischen Rotkreuz - um nur die größten Niederlassungen zu nennen - bauen die Diagnostiker richtige Geräte zum Anfassen.
Roche ist mit 20 Prozent Marktanteil nach eigenen Angaben der größte Anbieter von In-vitro-Diagnostik. In vitro heißt "im Glas". Überall auf der Welt, wo Laboranten Blut oder Gene untersuchen, schütteln und rühren sie gerne mit Geräten von Roche - genauso gerne wie Diabetiker sich mit echter Hardware von Roche piksen.
Wie kann Werner Boeing da von einer Datenfabrik sprechen? "Wir generieren Datenpunkte, in der Forschung, um Therapien zu entwickeln, und im klinischen Alltag, um die Auswahl optimaler Therapien für Patienten zu ermöglichen und deren Wirksamkeit sicherzustellen", erklärt der CIO. Auf mehr als acht Milliarden Datenpunkte schätzt er das Volumen, das Patienten, Krankenhäuser und Labore jedes Jahr mit Roche-Geräten erzeugen.
Die Unternehmensdaten der Roche Diagnostics:
Hauptsitz |
Basel |
Umsatz |
8,298 Milliarden Euro |
Mitarbeiter |
28.517 |
IT-Mitarbeiter |
800 (bei Roche insgesamt: 3000) |