ABB: Die neue IT-Strategie
Die Wende
Rote Backsteinmauern sind für ABB-Manager passé. Symbolhaft verfrachtete Jürgen Dormann, Ex-Aventis-Chef und seit September 2002 Vorstandsvorsitzender des Züricher Anlagenbauers, das Top-Management in einen modernen Glasbau, 50 Meter vom ehemaligen Schaltzentrum von ABB entfernt. Ein Jahr später überträgt der neue CIO Haider Rashid, wie Dormann zuvor beim Pharmakonzern Aventis tätig , die Betreuung fast der gesamte IT-Infrastruktur an IBMIBM - und mit ihr insgesamt 1280 IT-Spezialisten der ehemals 2800 für ABB tätigen IT-Fachleute. Das Kerngeschäft, so entschied Dormann, liegen für ABB ab sofort nur noch in der Energie- und Automatisierungstechnik. Deshalb trennt sich ABB vom Öl- und Gasgeschäft sowie von der "Astbest-Altlast" Combustion Engineering - und jetzt auch vom Betrieb von Rechenzentren, Netzwerken, Helpdesks und Desktops. Alles zu IBM auf CIO.de
IT-Outsourcing sei nötig, um die Kernprozesse voranzutreiben, sagt Rashid, seit Februar 2003 für den 1,7 Milliarden Dollar schweren und über zehn Jahre laufenden Outsourcing-Vertrag mit IBM verantwortlich. "Rechenzentren, NetzwerkeNetzwerke, Desktops betreiben: Das kann IBM viel kostengünstiger als wir", so der 44-Jährige. Alles zu Netzwerke auf CIO.de
Damit vollzieht er eine Kehrtwende bei ABB. Alfred Spill, jetzt COO und zuvor Chef der IS-Systeme, sagte noch vor vier Jahren klipp und klar: "Informationstechnologie ist uns so wichtig, dass wir sie grundsätzlich nicht in fremde Hände legen." Voriges Jahr aber, so sein neuer Kollege und Chef Rashid, habe sich die Richtung von ABB rapide verändert. Das Rezept: "Nicht länger als weitgreifendes Konglomerat aktiv sein, zumal das finanzielle Klima ganz und gar nicht danach ist". Die Rollen des Unternehmens und des Unternehmenszentrums wurden neu definiert - auch die von Rashid und Spill. Der smarte Pakistani Rashid, ein Aufsteiger, der mit 37 Jahren Controlling-Chef beim Pharmamulti Hoechst wurde und dann die Integration von Hoechst und Rhône-Poulenc leitete, trifft ab sofort die IT-Entscheidungen. 15 Jahre Erfahrung im Management von Unternehmen geben ihm Gelassenheit. Beim Aventis-Merger erfuhr Rashid erstmals: "Integration hat immer viel mit IS zu tun." Bei ABB reicht es ihm, aus der Business-Perspektive auf die IT zu blicken. Der hemdsärmelige Alfred Spill, der die ABB-IT kennt wie kein zweiter, übernimmt das operative Geschäft. "Technische Probleme zu lösen ist mein Ding. Politisches liegt mir nicht", sagt Spill und gibt sich zufrieden mit der Rolle als zweiter Mann.
Den ersten Schritt zur Modernisierung der IT hatte ABB schon 1999 versucht. Nach Jahren des dezentralen IT-Managements sollte eine "globale IT-Organisation entstehen, um standardisierte IT-Dienstleistungen auf höchstem Niveau anbieten zu können", so lautete die Vorgabe aus der Zentrale. "1999 begann der E-Business-Hype. Jeder wollte Standardprozesse, ein globales ERP-System für das gesamte Geschäft, ein Data Warehouse", zählt Rashid, der zu dieser Zeit den Integrationsprozess von Hoechst und Rhône-Poulenc zu Aventis leitete, die Wünsche des Managements auf. ABB gründete eine Group Process Division, die Prozesse und Anwendungen standardisieren sollte. "2002 allerdings", stellt Rashid trocken fest, "war der E-Hype wieder vorbei. Es wurde klar, dass es einfach ist, über Standardprozesse zu reden, aber nicht so einfach, sie zu implementieren." Ergebnis: Die zentralisierte Group Process Division wurde wieder abgeschafft und auch die damit verbundene mächtige Rolle des CIO, denn "die Gruppenprozesse wurden sehr stark von der IT und zu wenig vom Business getrieben", so Rashids Eindruck.