Death by Powerpoint
10 Tipps für Powerpoint-Präsentationen
Einen seiner ersten Artikel schrieb René Schmöl, Jahrgang 1982, mit 16 Jahren für die Tageszeitung Freies Wort. Es war ein Interview mit Hape Kerkeling. Dieser Erfolg motivierte ihn, weiterzumachen. Nach sieben Jahren im Lokaljournalismus und einer Ausbildung zum Verlagskaufmann folgte ein Volontariat bei der Verlagsgruppe Handelsblatt. Seit 2007 ist René Schmöl in unterschiedlichen Positionen für Foundry tätig. Momentan als Chef vom Dienst online für cio.de.
Der Trainer und Buchautor Matthias Pöhm mag es eher deftig: "Falls Ihnen bei einer Powerpoint-Präsentation speiübel wird, können Sie unsere 'Powerpoint-Kotztüte' zur Hand nehmen. Die Tüte stellen Sie gut sichtbar auf Ihren Tisch, wenn der Herr Referent mehr als zehn Powerpoint-Folien gezeigt hat. Das ist ein gut sichtbares Signal für den Referenten, dass er auf seine restlichen 46 Folien verzichten sollte, will er nichts Schlimmeres riskieren." Auf der Webseite des Powerpoint-Spezialisten gibt es zehn Tüten für 19 Euro: "Reicht für 1.5 Liter Erbrochenes - entsprechend ca. 120 Folien".
Das "Death by Powerpoint"-Syndrom ist oft beschrieben worden und kritisiert neben überladenen Vorträgen auch die durch das Präsentationsprogramm forcierte Verkürzung komplexer Sachverhalte auf wenige Spiegelstriche. Man kann Powerpoint auch bewusst dazu einsetzen, Informationen zu verschleiern statt Wissen zu vermitteln.
Ein pensionierter Marine-Oberst der US-Armee, Thomas X Hammes, nennt das "hypnotizing chickens". Er beschreibt den Einsatz dieser Methode bei Pressekonferenzen der Armee, wo es oft darum geht, die wahren Hintergründe militärischer Aktionen für die Öffentlichkeit mit einem Tarnanstrich zu versehen.
Wer das will, findet in Powerpoint ein willfähriges Werkzeug: Es gibt keine Vorgaben für die maximale Anzahl von Folien, für die Zahl von Elementen pro Folie oder etwa für die Mindestschriftgröße. Dafür bietet das Microsoft-Programm eine verwirrende Vielzahl von Optionen, um Texte, Bilder und Tabellen zu verzieren, einfliegen und aufbröseln zu lassen, Audio- und Videodateien einzubinden und die Folienübergängen mit spektakulären Transitions aufzumotzen.
Wenn Sie nicht Teil des Pressekorps der US-Armee sind, haben Sie wahrscheinlich ein verstärktes Interesse daran, ihren Zuhörern wichtige Dinge mitzuteilen. Hier lesen Sie, welche Basics Sie bei Ihren Präsentationen beachten sollten.
Begrenzte Fähigkeit, Informationen aufzunehmen
Die Wissenschaft streitet sich darüber, wie viele Informationen ein Mensch gleichzeitig aufnehmen kann. Manche setzen die Obergrenze bei sieben Informationen, die unser Kurzzeit- oder Arbeitsgedächtnis aufzunehmen in der Lage ist. Andere unterscheiden bei der Debatte die Aufnahmekanäle und vertreten die Ansicht, dass Informationen für unterschiedliche Sinne (Bilder, Audio, Texte) auch komplexer sein könnten.
1. Unbestritten scheint aber zu sein: Der Mensch kann weniger Informationen aufnehmen, als in einer durchschnittlichen Powerpoint-Präsentation stecken. Wer seinen Zuhörern also etwas mitgeben möchte, übt sich sinnvoller Weise als erstes in demütiger Selbstbeschränkung.
Das fängt beim theoretischen Erarbeiten des Themas an. Wer sich auf wenige, aber wichtige Aspekte beschränkt, hat bessere Chancen, seine Zuhörer zu erreichen als der, der jedes Thema bei Adam und Eva und der Vertreibung aus dem Paradies beginnt.
2. Stecken Sie den Rahmen und das Ziel des Vortrags klar ab: Möchten Sie jemanden über Ihre Angebote informieren, Entscheidungen im Management-Zirkel herbeiführen oder mit Ihrem Team ein spezielles Problem lösen? Die Antwort wird Ihren Vortrag deutlich zielgerichteter aussehen lassen.
3. Auch in der Praxis ist weniger in diesem Falle nicht oft, sondern immer mehr. Beispiel Textmengen: Arbeiten Sie mit prägnanten Stichwörtern und verzichten Sie dafür auf ganze Sätze und erst Recht auf komplizierte Satzkonstruktionen.
4. Die Wahl der Werkzeuge sollte ebenfalls strengen Höchstmengen unterliegen: Verwenden Sie nur wenige Schriften und wenige Effekte beim Zeigen einzelner Elemente und beim Folienübergang. Weisen Sie diesen wenigen Elementen feste Funktionen zu: Ein Blitz, wenn etwas wirklich Wichtiges kommt oder ein bestimmte Pointe etwa.
5. Schaffen Sie in Ihrem Vortrag rote Fäden - wiederkehrende Elemente für wiederkehrende Motive. Das Wiederholen von Gestaltungs- oder inhaltlichen Elementen gibt Ihren Zuhörern Halt und hilft ihnen, sich auf die wenigen neuen Informationen jeder Folie zu konzentrieren.
6. Sorgen Sie dafür, dass sich die Powerpoint-Folien und ihr Vortrag ergänzen. Ein Bild auf der Folie und ein mündlicher Kommentar dazu sind wesentlich sinnvoller als das Nacherzählen eines komplexen Satzes von der Folie.
7. Möchten Sie an einem bestimmten Punkt Ihres Vortrags gezielt Aufmerksamkeit erregen: Tun Sie es! Setzen Sie dafür bewusst ein Kontrastmittel ein, eine Audiodatei, einen rhythmisch unterlegten Satz, ein grelles Bild. Damit fokussieren Sie nicht nur Ihre Zuhörer auf dieses Ereignis, sondern helfen ihm dabei, sich diese speziell dargebotene Information besser merken zu können.
8. Geben Sie Ihren Zuhörern nach den spektakulären Ereignissen in Ihrem Vortrag die Chance, sich kurz zu erholen; ein kleines, launiges Filmchen zur rechten Zeit oder eine temporär abnehmende Informationsdichte kann dabei helfen.
9. Da die Kunst eines Vortrags vor allem darin besteht, all das wegzulassen, was eine spannende Präsentation behindert, sorgen Sie dafür, dass alle anderen wichtigen Informationen anschließend verfügbar sind. Dazu können Sie spezielle Handouts vorbereiten, Reports und Whitepaper verteilen oder auf weiterführende Informationen im Internet verweisen. Konnten Sie Ihre Zuhörer beim Vortrag fesseln, werden sie gerne auf diese Zusatzinformationen zurückgreifen.
Verweisen Sie beim Vortrag auf die Vorzüge dieser Dokumente, aber vermeiden Sie es, während der Präsentation deren Inhalte nachzuerzählen.
Teilen Sie Ihr Wissen mit den Kollegen
10. Und ein letzter Rat: Geben Sie dieses Wissen an Ihre Kollegen in den Fachbereichen weiter. Das bringt Pluspunkte für Ihre Reputation und nützt mit guten Vorträgen auch dem Ruf Ihres Unternehmens bei Geschäftspartnern und Kunden.
Noch besser ist es, Regeln für Vorträge zu definieren. Damit tragen Sie dazu bei, eine eigene Präsentationskultur in Ihrem Unternehmen zu schaffen. Das fängt an bei einer Rahmen- oder Musterpräsentation, die Sie in Absprache mit Marketing und Geschäftsführung erstellen und als verbindliche Vorgabe an die Mitarbeiter Ihrer Firma weitergeben. Hier sind im Idealfall bereits das Corporate Design sowie Seitenaufteilung, Schriften, Effekte und verbindliche Präsentationselemente vorgegeben.
Sie können auch eine Obergrenze von Folien pro Präsentation festlegen oder empfehlen, dass alle Präsentationen ein oder zwei Tage vor dem Vortrag mindestens im Fachbereich einsehbar sind. Hauptsache, das ist für alle verbindlich, also auch für das Management, die für sich gerne eigene Regeln in Anspruch nehmen.
Nicht länger als 6 Minuten und 40 Sekunden
Eine der rigidesten Formen für strenge Vorgaben bei Powerpoint ist Pecha Kucha. "Du kannst über alles sprechen, nur nicht über 6 Minuten und 40 Sekunden", beschreibt Christian Fuchs bei Spiegel Online die Grundregeln des "wilden Geplappers": Mehr als 20 Folien, von denen jede maximal 20 Sekunden stehen bleiben, sind bei dieser exzessiven Form des Vortrags nicht erlaubt.
Der Erfolg der in Japan erfundenen Methode spricht für sie: So finden in mehreren Städten weltweit Pecha Kucha-Nächte mit den streng limitierten Vorträgen zu beliebigen Themen statt. Es wäre ein Versuch wert zu probieren, ob der nächste Geschäftsbericht auch bei Ihnen in 6’40" und 20x20 die Mitarbeiter oder Kunden erreicht.
- Powerpoint ist kein Versteckspiel.
Schlechte Redner verstecken sich hinter ihrer Präsentation. Wenn sie dann noch den Raum abdunkeln, so dass man sie nicht sieht, ist aus ihrer Sicht alles perfekt. Denn sie wollen sich gar nicht zeigen, nicht reden und schon gar nicht etwas präsentieren. - Die Präsentation ist die beste Lesevorlage. Oder?
Miese Redner lesen ab. Statt frei zu sprechen und die Stichpunkte auf den Folien als Leitfaden für den Vortrag zu nehmen, buchstabieren sie jeden einzelnen Punkt. Und vergessen dabei, dass das Auditorium viel schneller ist und längst alles abgelesen hat. - Langeweile vom ersten Punkt an.
Die Titel auf den Folien sollten ihre Namen verdienen. Jeder Folientitel muss wie eine Schlagzeile in der Zeitung die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Eine Folienüberschrift wie "Technische Umsetzung 1 bis 5" tut das definitiv nicht. - Bunte Bilder machen froh.
Klar, Bilder sagen mehr als 1000 Worte. Vor allem über den Redner. Wer Cliparts mit realen Bildern mischt und dazu noch Cartoons oder typografische Darstellungen presst, überfordert sich und sein Publikum. Das ästhetische Chaos auf der Folie spiegelt das Chaos im Kopf des Referenten wider. Bitte bei einer Bildsprache bleiben. Wenige große Bilder sind besser, als ein Briefmarken-Potpourri. - Schlussfloskeln auf der letzten Folie
"Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!" auf der letzten Folie ist ein Armutszeugnis. Ein Dank ist eine persönliche Botschaft, die durchaus während des Vortrages vom Redner übermittelt werden kann. Das aber vorher hinzuschreiben signalisiert: Mir ist egal, wer da vor mir sitzt. Vielleicht war das Publikum ja unaufmerksam. Dann wäre der Dank nicht angebracht. Besser einen einprägsamen Slogan hinschreiben und diesen am Ende stehen lassen. - Nach dem Vortrag flüchten.
Die Flucht von der Bühne ist bei PPT-Rednern weit verbreitet. Doch der schnelle Abgang drückt nur die Unsicherheit des Referenten aus. Er will keine Fragen beantworten und steht dem Auditorium nicht mehr zu Verfügung. Eigentlich wollte er überhaupt nicht vortragen. - Alles dabei.
Der Foliensammler nimmt zum Vortrag immer alle Folien mit. Er springt munter hin und her und sagt den Leuten, was sie jetzt nicht sehen dürfen. Dieses Verhalten zeigt nicht nur, dass der Referent keine Lust hatte sich vorzubereiten, es sagt auch, dass er Herrschaftswissen anhäuft, das er nicht teilen will. - Vorsprung durch Technik.
Audi hat Recht. Wer seine Präsentation technisch nicht im Griff hat, hat verloren. Statt bei Rückfragen zu vorherigen Folien einfach die Foliennummer einzugeben und mit "Enter" direkt dorthin zu springen, beendet der Technikmuffel den Präsentationsmodus, blättert zeitraubend zur gesuchten Folie zurück, um dann wieder umständlich die Show zu starten. - Hilfsmittel ignorieren.
Ein Computer kann mehr als nur eine Ansicht zeigen. Wer differenziert, kann besser steuern. Das Publikum sieht nur die Folien, der Referent jedoch kann sich auf seinem Bildschirm am Rednerpult die nächsten Folien anzeigen oder zusätzliche Notizen einblenden lassen. So bleibt er Herr der Lage und ist dem Publikum immer einen Schritt voraus. - Testen - wieso?
Das geht doch auch während des Vortrags, meinen manche PPT-Redner. Besonders, wer nur mit Stick anreist, tut gut daran, vor dem Vortrag zu testen, ob die Präsentation auf dem Rechner läuft, ob Schriften, Kontraste und das Format stimmen. Denn langatmige Laptopforschungen will niemand im Publikum sehen.