Lieferketten und New Work
3 Ansätze zur Verbesserung globaler Prozesse
Zu den sichtbarsten Folgen der Corona-Pandemie zählt die Art, wie Angestellte arbeiten. Unternehmen haben ad hoc mobile Arbeitsplätze ausrollen müssen und organisieren nun, wie sie "New Work" in einen Regelbetrieb überführen. Diese Aufgabe ist Teil sogenannter Global Business Services (GBS). Die Analysten der Hackett Group verstehen darunter eine Weiterentwicklung des Shared-Services-Modells mit dem Ziel, administrative Prozesse im Unternehmen optimal zu steuern. Das gilt klassischerweise für die Bereiche Human Resources, Finanzen und IT, zunehmend aber auch in Einkauf, Kundenservice, Vertrieb und Marketing sowie Rechtsabteilung.
Die Experten haben sich angesehen, wie Prozesseverantwortliche die aktuellen Herausforderungen - etwa unterbrochene Lieferketten, Fachkräftemangel und Inflation - angehen. In ihrer Studie "2022 Key issues - the GBS agenda" bescheinigen sie den Verantwortlichen "ehrgeizige Ziele".
Die Hackett Group schreibt Entscheidern folgende drei Punkte ins Heft:
Globale Business Services mit ins Zentrum der digitalen Transformation holen. Die wachsende Bedeutung der Services resultiert aus der steigenden Relevanz datenbasierter Erkenntnisse.
Die Bereitstellung der Services stärker an die Realität des verteilten Arbeitens anpassen.
Überprüfen, welchen Beitrag Business Services angesichts von Fachkräftemangel und dem Ruf nach Kundenzentriertheit leisten können und müssen.
Die Analysten leiten diese drei Ratschläge aus ihrer Analyse ab, die mit einer Bestandsaufnahme der aktuell wichtigsten Ziele rund um globale Geschäftsprozesse beginnt. Ganz oben auf der Liste dieser Ziele steht wenig überraschend die Unterstützung der digitalen Transformation. Die Studienautoren bezeichnen die bisherigen Resultate als "gemischt" und empfehlen, den Kauf neuer Technologien stärker am zu erwartenden Wertbeitrag auszurichten. Die Nutzerinnen und Nutzer sollten die Services als "One Stop Shop" erleben; das heißt, dass sich alle nötigen Schritte und Informationen an einer Stelle konzentrieren.
Neue Tools für datengetriebene Erkenntnisse
Ein weiteres wichtiges Ziel ist der Umgang mit Stammdaten. Die Prozessverantwortlichen hätten verstanden, dass ihre Initiativen ohne gründliches Verständnis für das Management von Stammdaten scheitern, so die Autoren. Sie wollten sich - auch mittels neuer Werkzeuge - weiter darin qualifizieren, datengetriebene Erkenntnisse zu gewinnen. Hier sieht die Hackett Group eine besonders große Lücke zwischen dem Status quo und den Erwartungen der Führungsriege im Unternehmen.
Diese Punkte hängen mit einem allgemeinen Fachkräftemangel zusammen, dessen Bekämpfung sich Entscheider für 2022 ebenfalls auf die Fahnen geschrieben haben. Sie wollen die vorhandene Belegschaft so gut wie möglich weiterbilden - ein Unterfangen, dem die Hackett Group ebenfalls eine große Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit zuschreibt.
Die genannten Ziele kreisen um bestehende Services. Dem Entwickeln neuer Services messen die Verantwortlichen geringere Priorität zu. Gleiches gilt für das Überprüfen der Kundenzufriedenheit. Hier raten die Analysten zum Einsatz neuer Werkzeuge, die stärker als bisher auf Kundenzentriertheit abzielen.
Weltklasse-Benchmarks an sich selbst anlegen
Nicht zuletzt stehen Entscheider laut der Hackett-Studie in der Pflicht, sicheres verteiltes Arbeiten zu ermöglichen. Ihnen muss der Spagat zwischen den Wünschen der Belegschaft und den Anforderungen der Firmenleitung gelingen. Abschließender Punkt auf der Agenda 2022 ist gelebte Selbstkritik: die Führungskräfte sollten Weltklasse-Metriken an ihre eigene Arbeit anlegen und sich stets dem Benchmark stellen.
Die Analysten haben sich angesehen, welche Technologien Entscheider einsetzen und welche Nutzung sie ausbauen wollen. Die stärksten prozentualen Zuwächse verzeichnen demnach Cloud-basierte GBS Service Management-Lösungen sowie Anwendungen zu Datenvisualisierung, Stammdaten-Management und Advanced AnalyticsAnalytics (hier ist jeweils ein Plus von 19 Prozent geplant). Außerdem stehen Werkzeuge rund um Geschäftsprozess-Management und Workflows sowie Tools für das digitale Arbeiten und robotergestützte Prozessautomatisierung (RPA) auf der Einkaufsliste. Hier sind Zuwächse zwischen 17 und 15 Prozent geplant. Alles zu Analytics auf CIO.de
Ein weiterer Punkt bezieht sich auf die Organisation der weltweiten Geschäftsprozesse. Als die beiden wichtigsten Initiativen für 2022 gelten die Optimierung des virtuellen Arbeitens und das Etablieren durchgängiger Process Ownerships (jeweils 49 Prozent). Es folgen das Standardisieren beziehungsweise Vereinheitlichen der GBS-Service-Zentren (44 Prozent) und die Neuordnung beziehungsweise Verkleinerung von Büroflächen (38 Prozent). Darüber hinaus wollen die Prozessentscheider den "Fußabdruck" ihrer Arbeit verringern (35 Prozent).
Entscheider setzen auf den Faktor Mitarbeiter
Um den Wertbeitrag zu steigern, setzen die Verantwortlichen vor allem auf den Faktor Mitarbeiter: Sie wollen Kompetenz-Modelle entwickeln und neue, gut ausgebildete Mitarbeiter einstellen (50 Prozent) sowie die vorhandene Belegschaft weiterqualifizieren. Danach kommt die Technologie, konkret Automatisierung und Analytics (47 Prozent). 43 Prozent wollen zusätzlich Services anbieten, die speziell G & A-Funktionen unterstützen (General and Administrative Expense).
Die Hackett Group betont die Relevanz einer Abstimmung von GBS-Initiativen mit der übergeordneten Unternehmensstrategie. Die Analysten haben die fünf wichtigsten Vorhaben identifiziert. An erster Stelle steht die digitale Transformation: 61 Prozent der Unternehmen entwickeln hier Initiativen, im Vorjahr waren es noch 53 Prozent. Auf Rang zwei folgt der Themenbereich Diversity und Inklusion mit 58 Prozent (Vorjahr: 50 Prozent). 2022 stellen 50 Prozent der Unternehmen die Verbesserung der Kundenerfahrung in den Fokus (Vorjahr: 43 Prozent). Fast ebenso viele (47 Prozent) verfolgen Initiativen rund um Büroflächen und den ökologischen Fußabdruck (Vorjahr: 42 Prozent). Der letzte der Top Five dagegen - das Kostensenken nämlich - hat an Bedeutung verloren: hatten 2021 noch 48 Prozent diesen Punkt auf der Agenda, sind es jetzt 42 Prozent.
Die Analysten kommentieren insgesamt, dass der Kunde noch immer zu wenig im Mittelpunkt stehe. Sie appellieren an Entscheider, sich stärker um die Kundenerfahrung zu kümmern. Gleichzeitig halten sie es für richtig, dass die Unternehmen vom reinen Geldsparen wegkommen; besser als der Blick auf die Marge sei der Blick auf das Wachstum.