Psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz

5 Tipps, Mitarbeitern die Angst vor dem Job zu nehmen

Dr. Arne Sjöström ist Lead People Scientist EMEA bei Culture Amp mit dem Schwerpunkt Organisationspsychologie und angewandte Forschung. Er nutzt Erkenntnisse aus dem Bereich der Psychologie und Verhaltensforschung bei der Anwendung von HR-Technologien, um Firmen zu Personalauswahl und - entwicklung sowie Mitarbeiterfeedback zu beraten.
Psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz ist ein wichtiger Faktor für eine gute Unternehmenskultur. So schaffen Sie ein entsprechendes Umfeld.
Fehlt Mitarbeitern die psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz, konzentrieren sie sich vor allem darauf, zwischenmenschliche Risiken zu vermeiden.
Fehlt Mitarbeitern die psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz, konzentrieren sie sich vor allem darauf, zwischenmenschliche Risiken zu vermeiden.
Foto: SvetaZi | shutterstock.com

Den Begriff "psychological safety" prägte Amy C. Edmondson bereits im Jahr 1999: Die Harvard-Professorin definierte das als die gemeinsame Überzeugung eines Teams, sich in einem geschützten Raum zu befinden, in dem auch Fehler gemacht und Schwächen gezeigt werden dürfen, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen. Teams, die in einem Umfeld arbeiten, das von einem hohen Maß an psychologischer Sicherheit geprägt ist, profitieren von:

  • Mehr Kreativität: Teams, die in einem psychologisch sicheren Umfeld arbeiten, fühlen sich motiviert. Die Mitarbeitenden haben den Freiraum, auch völlig unkonventionelle Ideen einzubringen. Das Team sowie die einzelnen Mitglieder fühlen sich zu kreativem Denken ermutigt, anstatt nur am Status quo festzuhalten.

  • Unterstützender Kultur: Ein Arbeitsumfeld, in dem sich Mitarbeitende nicht trauen, ihre Meinung zu sagen, wird als bedrohlich und verurteilend empfunden. Ist jedoch psychologische Sicherheit gegeben, entsteht eine förderliche und fruchtbare Kultur, in der sich die Menschen unterstützt, ermutigt und geschätzt fühlen.

  • Gesteigertem Engagement: Da die Mitarbeitenden in einem psychologisch sicheren Umfeld nicht nur darauf bedacht sind, ihren Ruf zu schützen oder Kritik zu vermeiden, sind sie eher bereit, sich an Gesprächen, Brainstorming-Runden und anderen Gruppeninitiativen zu beteiligen.

  • Mehr Vertrauen: Wenn sich Teammitglieder gegenseitig unterstützen, können sie mehr Vertrauen aufbauen und eine stärkere Bindung zueinander entwickeln.

  • Geringerer Personalfluktuation: All dies führt zu einer stärkeren Mitarbeiterbindung und somit zu einer geringeren Personalfluktuation.

Psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz: 5 Tipps

Doch welche Faktoren begünstigen die psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz? Vorneweg: Mit einer "Blitzstrategie" oder einem einzelnen Team-Meeting ist es nicht getan. Vielmehr bedarf es bewusster Veränderungen und wiederholter Anstrengungen, um ein psychologisch sicheres Arbeitsumfeld zu schaffen. Dabei sollten sich Führungskräfte auch darüber bewusst sein, dass Zielerreichung und positives Miteinander zwar erste, positive Anzeichen für psychologische Sicherheit sind - aber keineswegs Garanten.

1. Feedback einholen

Plant ein Unternehmen Änderungen, dann ist es sinnvoll, zunächst die Mitarbeitenden nach ihrem derzeitigen Wohlbefinden und ihrem Sicherheitsgefühl zu befragen. Dadurch können Führungskräfte gezielt strategische Anpassungen vornehmen. Das kann schwierig werden, wenn Vorgesetzte Zweifel haben, ob die Mitarbeitenden sich sicher genug fühlen, ihre Meinung zu äußern.

In solchen Fällen hilft eine Kombination aus Mitarbeiterbefragungen, Teambesprechungen und Einzelgesprächen, um einen realistischen Einblick in die Teamkultur zu gewinnen. Dieser Schritt dient jedoch nicht nur dazu, festzustellen, was verbessert werden kann. Allein die Bitte um Feedback trägt dazu bei die psychologische Sicherheit zu steigern.

2. Führungsstil anpassen

In der Regel sind Führungskräfte tonangebend, wenn es um die Teamkultur geht. Manager, die zu einem autoritären Führungsstil neigen - also gerne die volle Kontrolle haben, Ziele vorgeben, Forderungen stellen und Anweisungen erteilen - müssen ihren Kurs ändern. Ein solcher Ansatz führt dazu, dass sich Führungskräfte und Teammitglieder distanzieren: Aus der Sicht der Mitarbeitenden besteht die Rolle des Managers nur darin, Ideen zu hinterfragen, Korrekturen vorzunehmen und die Entscheidungen zu treffen.

Deutlich besser: ein beratender und unterstützender Ansatz. Die Teammitglieder sehen die Führungskraft dann als eine Art vertrauenswürdigen und beratenden Sachverständigen - und nicht als jemanden, bei dem sie ständig als Bittsteller auftreten müssen.

3. Selbst Verletzlichkeit zeigen

Es ist ein Irrglaube, dass persönliche Belange von Mitarbeitenden nichts am Arbeitsplatz verloren haben. Es gibt Belege dafür, dass mehr Transparenz und Verletzlichkeit tatsächlich Vorteile haben. Teams, die sich frei über ihre Gefühle und Gedanken austauschen können, sind zudem nachweislich kreativer. Wie aber können Teammitglieder offen ihre Meinung sagen oder ihre Persönlichkeit zeigen, wenn ihr Vorgesetzter eine unantastbare Fassade aufbaut? Deshalb ist es wichtig, dass Führungskräfte Authentizität und Verletzlichkeit zeigen.

4. Fragen sind erlaubt

Wird eine neue Idee eingebracht, dann sollten Vorgesetzte Interesse zeigen und weitere Informationen einfordern. Dabei ist es wichtig, auf die Art und Weise der Fragestellung zu achten:

  • Setzen Sie auf eine offene Fragestellung, die um Aufklärung bittet. Zum Beispiel: "Können Sie mir mehr darüber erzählen, wie Sie das machen würden?". Absehen sollten Sie von Formulierungen wie: "Glauben Sie wirklich, dass das funktionieren wird?"

  • Verzichten Sie auf Lenkungs- beziehungsweise Suggestivfragen: Diese lenken bereits in eine bestimmte, vorgegebene Richtung oder haben gar zum Ziel, von der eigenen Meinung zu überzeugen. Das kann Mitarbeitende unter Druck setzen. Fragen Sie also: "Bis wann werden Sie das fertigstellen?" - statt: "Bis zum Ende des Tages ist das fertig, richtig?". Dabei hilft es auch, Augenkontakt zu halten, Unterbrechungen zu vermeiden und das Gesagte nochmals zusammenzufassen.

5. Gelerntes reflektieren

Für MitarbeitendeMitarbeitende und Teams bieten sich viele Review-Gelegenheiten: Projektbesprechungen, Teamsitzungen, Einzelgespräche und sogar Leistungsbeurteilungen. Um die psychologische Sicherheit zu fördern, ist es in solchen Situationen ratsam, über jene Erfahrungen zu sprechen, aus denen man für die Zukunft lernen kann, statt sich auf Fehler und Misserfolge zu fokussieren. Solche Reflexionsrunden helfen sowohl Führungskräften als auch dem Team, Rückschläge oder Fehler als Ausgangspunkt für Verbesserungen zu sehen. Hilfreich sind demnach folgende Fragestellungen: Alles zu Personalführung auf CIO.de

  • Was lief gut, was weniger gut?

  • Waren die Herausforderungen absehbar?

  • Was können wir beim nächsten Mal tun, um Herausforderungen zu vermeiden?

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