Strategien


Business Process Outsourcing

Raus mit den Geschäftsprozessen

Reppesgaard studierte in Hannover und arbeitete danach als Reporter und Moderator bei Hörfunk von Radio Bremen zu innen- und jugendpolitischen Themen und in den Bereichen Technologie und Wissenschaft. Seit dem Jahr 2000 lebt er in Hamburg, seit 2001 arbeitet er mit Christoph Lixenfeld im druckreif Redaktionsbüro zusammen.
Nach dem Betrieb von Netzwerken, Hardware und Anwendungen werden nun auch komplexe Unternehmensfunktionen an Drittfirmen ausgelagert. Richtig konzipiert und laufend überprüft, können solche Deals effizient für Entlastung sorgen. Entscheidungen sollte dabei aber weiterhin nur der Auftraggeber treffen.

"Natürlich haben wir uns vorher gefragt, ob es gut ist, unsere weltweiten Personaldaten aus der Hand zu geben, sagt Herwig Alt. "Aber wir sind gegen Missbrauch vertraglich abgesichert. Außerdem wäre das gesamte Geschäft des Dienstleisters ja ruiniert, wenn da irgendwas passieren würde." Alt ist Personalchef von weltweit 5800 Mitarbeitern von Dräger Medical, einem Hersteller von Produkten für die Notfallmedizin mit Stammsitz in Lübeck. Er hat einen Schritt gewagt, über den in diesen Monaten unzählige Vorstandszirkel intensiv diskutieren: Zusammen mit dem Vorstand entschied er sich dafür, die gesamte Lohn- und Gehaltsabrechnung an den Spezialisten ADP auszulagern. Seit etwa einem Jahr liegen die entsprechenden Daten auf dem zentralen ADP-Server in Paris.

Der Fall ist ein klassisches Beispiel für BPO - Business Process OutsourcingOutsourcing, das vollständige Verlagern von Prozessen an einen externen Dienstleister. Karsten Leclerque, Analyst bei Pierre Audoin Consultants in München, hält das für "eine logische Weiterentwicklung des Outsourcing-Gedankens. Nach der Herausgabe von Hard- und Software kratzt man jetzt an den Geschäftsprozessen." Experten rechnen dabei mit wuchtigen Zuwachsraten: Das Marktforschungsinstitut IDC beispielsweise hat errechnet, dass im vergangenen Jahr weltweit rund 405 Milliarden Dollar für das Business Process Outsourcing ausgegeben wurden, 2008 sollen es bereits 682,5 Milliarden Dollar sein. Das häufigste Motiv dabei ist der Wunsch, die Verwaltungskosten zu senken. Das Auslagern kompletter Geschäftsprozesse ermöglicht dem Kunden aber auch, durch Prozessverbesserungen Qualitätsvorteile zu erzielen. Außerdem führt die Entlastung von Routinefunktionen dazu, dass sich die Verantwortlichen wieder mehr auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren können. Alles zu Outsourcing auf CIO.de

Kosten um 35 Prozent runter

Im Falle der Drägerwerk AG kamen alle drei Vorteile zusammen: Bezogen auf Deutschland, so Personalchef Herwig Alt, hat man durch die Auslagerung die Kosten um 35 Prozent gesenkt. Mit dem eingesparten Geld kaufte Dräger eine HR-Software von Peoplesoft, deren Betrieb ebenfalls ADP übernimmt. Die Plattform bietet eine ganze Reihe von Vorteilen: Durch die Analyse von Fehlzeiten, Einkommen oder der Zahl der Mitarbeiter pro Funktion kann man zum Beispiel Vergleiche zwischen den Ländergesellschaften anstellen. Personalverantwortliche haben die Möglichkeit, den Ausbildungsstand von Mitarbeitern zu analysieren und Defizite eventuell durch gezielte Schulungen auszugleichen. Und Mitarbeiter, denen nach Luftveränderung zumute ist, finden durch die Plattform schnell eine andere Stelle im Unternehmen. Außerdem hat die neue Struktur den Verantwortlichen Freiräume verschafft, die sie mit gezielter strategischer Planung ausfüllen: Anders als früher treffen sich heute die weltweit 17 Personalmanager einmal im Jahr, und in jedem Quartal findet eine Telefonkonferenz statt. Beim Betriebsrat stieß das Auslagern der Gehaltsabrechnung erwartungsgemäß auf wenig Gegenliebe. Doch weil man allen Betroffenen einen neuen Arbeitsplatz am bisherigen Standort verschaffte, sperrten sich die Personalvertreter schließlich nicht gegen die Maßnahme.

Die meisten BPO-Projekte betreffen derzeit Verwaltungsfunktionen wie das Personalmanagement, und hier erwartet IDC-Analyst Jamie Snowdon auch die größten Zuwachsraten. Der Chiphersteller Infineon zum Beispiel hat die komplette Personalabteilung samt Abrechnung an EDS ausgelagert, die Deutsche Telekom lässt ihre Mitarbeiter durch die eigene Tochter T-Systems bezahlen.

Ein weiteres BPO-Thema: Beschaffung. Die Deutsche Bank lässt ihren Einkauf versuchsweise von Accenture abwickeln. Das Gesamtvolumen wird von Branchenkennern auf sieben Milliarden Euro im Jahr beziffert. Mögliches Einsparvolumen: ein niedriger dreistelliger Millionenbetrag. Auch gibt es bereits Ansätze, Aufgaben des Finanz- und Rechnungswesens, des Kredit- und Risiko-Managements von Fremdfirmen erledigen zu lassen, wie die Berater der Meta Group bemerkten.

Zur Startseite