Wie man Komplexität besser beherrscht
9 Treiber der Komplexität
Wie viele Kundenportale pflegen ihre Kollegen bereits? Wie viele werden es wohl in fünf Jahren sein? In einigen Ländern wird bereits ein Vielfaches der Kundenportale gepflegt, als wir es hierzulande gewohnt sind. D.h. es ist zu befürchten, dass wir hier das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht haben. Sicherlich war und ist die gute alte E-Mail-Kommunikation Fluch und Segen zu gleich. Sie haben aber deutlich mehr Möglichkeiten die Transparenz selbst zu bestimmen, da sie es intern selbst in der Hand haben, den Kreis der Informanten einfach und schnell zu erweitern.
In fremden Kundenportalen benötigen sie immer einen eigenen Benutzer, die Kommunikation ist also gekapselt zu betrachten. Solange die Integration in eigene Portale ein Fremdwort ist, werden ihre Kommunikationsprozesse komplexer und intransparenter werden. Der Vorteil liegt bei dem, der das Design und damit die Kommunikationsgrenzen bestimmt. Verfahren sie genauso wie bei ihren Benutzern. Überwiegen die Vorteile beim Kunden, dann müssen sie mitziehen. Dort wo erhebliche Risiken lauern und keine Chancen das ausgleichen, müssen sie ihre Bereitschaft auf ein Minimum beschränken.
Das Dilemma, was ich ihnen jetzt ans Herz lege, liegt wahrscheinlich auf der Hand. Gleichen sie den Mehraufwand, der Ihnen auf der Kundenseite entsteht auf der Lieferantenseite mit eigenen Portalen aus. Sie wissen ja, wer das Design bestimmt, der kann auch die größten Vorteile generieren. Wettbewerbsvorteil 6.
7. Komplexitätstreiber Produktvielfalt
Auch die Erwartungshaltung an die Produktinnovationsgeschwindigkeit hat sich dramatisch erhöht. Im B2B Geschäft werden neben neuen Produktinnovationen aber auch gerne möglichst lange Ersatzteilbevorratungen erwartet. Wächst der Umsatz nicht proportional zur Breite des Produktkataloges mit, sind sie wieder in der Komplexitätsfalle gelandet. Diese Prozesse entwickeln sich gerne schleichend und werden im guten Konjunkturzyklus möglicherweise überlagert, um im Abwärtstrend umso unangenehmer wieder aufzutauchen. Bewerten sie ihr Produktportfolio und handeln sie dementsprechend. Wettbewerbsvorteil 7.
Wenn sie ihre Produktvarianz über eine Plattformstrategie orchestrieren können, dann beherrschen sie bereits die große Klaviatur der Komplexitätsbeherrschung à la Volkswagen. Wenn nicht, dann machen sie sich auf den Weg, auch Volkswagen hat mit kleinen Schritten angefangen.
8. Komplexitätstreiber Datenvielfalt
Daten sind der Rohstoff ihrer Informationsgewinnung - oder nicht? Können sie ihre Informationen beliebig verdichten und damit die Granularität ihrer Entscheidungen bestimmen? Natürlich reicht das nicht aus, d.h. sie benötigen auch Metadatenstrukturen, um ihre Daten gezielt anzureichern. Und sie müssen auch noch in der Lage sein, ihre internen Informationen mit den externen Informationen zu kombinieren, um daraus neues Wissen zu generieren.
Das klingt wirklich komplex und ist es auch. Die Informatiker werden ihnen jetzt schnell belegen können, das sie nur genügend Faktoren kombinieren müssen, um feststellen, dass auch unsere heutigen Systeme schnell überfordert sein werden.
Begrenzen sie also ihre zu betrachtenden Systemwelten und konzentrieren sie sich auf die entscheidungsrelevanten Faktoren und das sind oft nur sehr wenige. Wettbewerbsvorteil 8.
Es werden noch viele Jahre ins Land gehen, bis die Kunst des Rechnens die Kunst des Abstrahierens in den Schatten stellen wird.
9. Komplexitätstreiber Technologie
Industrie 4.0 ist ein Zauberwort. Die Möglichkeiten, die wir alle damit verbinden, sind bestechend, sie fallen uns aber nicht in den Schoß. Um technologische Grenzen zu überwinden, muss man sich mit diesen Technologien auseinandersetzen. Maschinen mit sehr langen Lebenszyklus sollen technologisch mit anderen Prozessen vernetzt werden, die viel kürzeren Lebenszyklen unterworfen sind.
Anforderungen an die man sich früher nie gewagt hätte, stehen jetzt auf der Agenda. Unsere Industrie-Unternehmen werden damit deutlich komplexer werden. Bis wir diese technischen Nüsse geknackt haben und die Daten wie von Geisterhand zwischen den unterschiedlichen Geräten transferieren, müssen wir diese Komplexität beherrschen lernen. Der Lohn wird am Ende vom Anwender geerntet, denn für ihn wird der Datenzugriff geräte- und technologieübergreifend einfacher werden.
Wir haben es hier mit einem wiederholten Phänomen zu tun. Zuerst steigt die Komplexität, weil wir unsere Möglichkeitswelt erweitern. Das hält solange an, bis wir die Komplexität beherrschen und den Nutzen aus den neuen Möglichkeiten generieren können. Nun sinkt die Komplexität, da die Möglichkeiten zu Realitäten werden und die Breite der Möglichkeiten sich nach und nach als Normalität verstetigt.
- "Simplify IT" - was BCG empfiehlt
Komplexe IT-Strukturen sind oft unausweichlich, aber auch teuer und behäbig. BCG-Berater geben sechs Tipps, die die IT-Komplexität reduzieren und bis zu 30 Prozent der IT-Kosten einsparen helfen. - 1. Intelligentes Nachfragemanagement
Oft stehen IT-Entscheider vor einem großen Problem: Die Geschäftsleitung verlangt etwa Support oder ein Produkt zu einem Preis, der nicht im Verhältnis steht zum Business Value. Dahinter steckt: IT-Kosten sind oft nicht mehr transparent. "Zwar sinken die Stückkosten in der IT", sagt Grebe. "Aber die vom Geschäft erzeugte Nachfrage, etwa den Speicherbedarf, Emails und so weiter, nimmt Jahr für Jahr zu. Damit steigen letztendlich auch die IT-Gesamtkosten." Doch genau das ist das Problem: "Häufig wird einfach hingenommen, dass die Volumina steigen, obwohl diese oft keinen zusätzlichen Geschäftsnutzen erzeugen", sagt Grebe. - 2. Applikationen abschalten
Vor allem größere Firmen haben oft viel zu viele Anwendungen, die ineffizient und teuer sind. "Oft fällt es den Unternehmen schwer, Applikationen tatsächlich abzuschalten", sagt Grebe. Hier zu reduzieren kann viel bringen: BCG rechnet vor, dass in großen Firmen bis zu 40 Prozent der Anwendungen abgeschaltet werden können. Eine europäische Bank, führt BCG als Beispiel an, stellte fest, dass sie über die Hälfte ihrer mehr als 500 Anwendungen hätte abschaffen können, tatsächlich waren es am Ende 30 Prozent. - 3. Weniger Infrastrukturmuster
Ein weiterer Faktor für Komplexität, zu hohe Kosten und nicht genutzte Economies of Scale: Zu viele verschiedene Konfigurationen der Hardware, Systemsoftware und Middleware. "Viele Unternehmen können die Anzahl ihrer Technologiemuster ohne weiteres um die Hälfte reduzieren", heißt es im Bericht. Das spart bis zu 15 Prozent der IT-Kosten. Als Beispiel führt BCG eine große Produktionsfirma an, die 9000 verschiedene Anwendungen hostete mit insgesamt 1700 verschiedenen Installationen. Das bremste die Firma erheblich. - 4. Eine vereinfachte IT-Organisation
Diese Maßnahme könnte für einige IT-Manager ein zu heißes Eisen sein: Die Berater von BCG rechnen mit bis zu 30 Prozent Einsparpotenzial im IT-Management-Bereich. Oft sind Aufgabenbereiche fragmentiert und in unterschiedlichen Abteilungen angesiedelt. Komplexität hat eben nicht immer nur mit der Technik zu tun: Oft sind die Abteilungen nicht nach den Prinzipien Govern, Plan und Run klar getrennt, sondern vermischt. CIOs sollten Abteilungen neu aufstellen, Arbeitsgruppen neu definieren und ihnen andere Funktionen zuteilen, um Kompetenzen zu bündeln. - 5. Effektivere Governance und schlanke Prozesse
Ein Problem, das nicht nur die IT betrifft: Entscheidungen werden in Firmen oft nicht ganzheitlich, sondern in Silo-Strukturen getroffen. "Das Vereinfachungspotenzial von IT-Prozessen durch die Lean-Methodik ist erheblich, etwa in der Anwendungsentwicklung. Hier ist eine Zeitersparnis von bis zu 60 Prozent möglich", betont Grebe. In Prozessen können oft Schleifen eliminiert werden. Nur mit klaren und transparenten Zielsetzungen ist so eine Verschlankung zu erreichen. - 6. Shared-Services-Modelle und optimiertes Sourcing
Einige Firmen haben eine dezentralisierte IT. Das führt zu Ineffizienzen und Redundanzen. Shared-Service-Center können eine Lösung sein. "In den Firmen selbst gibt es in der Regel so viel Simplifizierungspotenzial, dass Outsourcing erst im zweiten Schritt in Betracht gezogen werden sollte", sagt er. Doch generell möchte Grebe nicht davon sprechen, die IT großflächig auszulagern, um Komplexität zu vermeiden.
Peter Klukas ist CIO von der Vulkan Gruppe in Herne. Die Unternehmensgruppe gliedert sich in die drei Divisionen marine Antriebstechnik, industrielle Antriebstechnik sowie Klima- und Kältetechnik. Die Hackforth Holding Verwaltungsgesellschaft mbH erwirtschaftete laut Bundesanzeiger im Jahre 2013 einen Umsatz von 158 Millionen Euro. Das 1889 gegründete Unternehmen beschäftigt rund 1300 Mitarbeiter an weltweit 20 Standorten. Dazu gehören fünf Produktionsstätten in Deutschland, Brasilien, USA, China und Indien sowie 48 Vertretungen in 51 Ländern.