IT-Tochterfirmen
Akute Absturzgefahr
"Nicht die Idee einer Ausgründung ist schlecht, sondern die inkonsequente Umsetzung", sagt Jens Weiß von der Hamburger Unternehmensberatung Baumgartner & Co. Das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter, aber auch zu den anderen internen Kunden, ändere sich selbstverständlich, oft sei es schwieriger geworden. Jeder CIO, der in die Rolle eines Geschäftsführers der IT-Tochter schlüpft, muss augenblicklich anfangen, sein Engagement für die Konzernmutter einzuteilen. Schließlich soll er auch neue Kunden bedienen, oft ohne dafür zusätzliche Kapazitäten gestellt zu bekommen. Außerdem muss er Vertriebskompetenz aufbauen, was ihn zusätzlich Kraft kostet. Weiß: "Viele Konzerne oder Units haben daher schon frühzeitig wieder eigene IT-Abteilungen aufgebaut."
Angst vor Machtverlust
Angst, mit dem Personal auch die Macht- und Kontrollbasis zu verlieren, hat in vielen Fällen dazu geführt, dass CIOs Mechanismen fanden, die Zügel nicht ganz aus der Hand zu geben. Die Doppelfunktion, in der der CIO des Konzerns gleichzeitig die Rolle des CEO der Tochter übernimmt, ist eine, ein Platz im Aufsichtsrat der Tochter eine andere Möglichkeit (siehe "Ein CIO als CEO - Der Weg in die Schizophrenie").
Die Debatte um Verkäufe von IT-Töchtern wird die Diskussion um Chancen und Risiken des Outsourcings und die Frage, welche Fertigungtiefe sich ein Konzern leisten kann und will, erneut entfachen. Die Lösungslandschaften werden dabei so spannend und facettenreich wie die Unternehmen selbst sein; "die" Zukunft für die Tochter kann und wird es nicht geben. Berater sehen im Wesentlichen sechs Handlungsalternativen: Ausbauen, Halten, Reintegrieren, Outsourcen, zum Teil Verkaufen, Verkaufen.
BASF: Investieren
Wolfgang Erny sieht sein Heil im Ausbau. Der Geschäftsführer der BASF IT Services GmbH hat in diesem und im vergangenen Jahr dem Mutterkonzern nach eigenen Angaben jeweils rund 45 Millionen Euro eingespart, trotzdem 600 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt und eine Vertriebsorganisation mit neuen Leuten aufgebaut. Dass die Mutter bei einem externen Umsatzanteil von sieben Prozent noch immer sein Hauptkunde ist, grämt ihn nicht , denn er hat große Pläne: "Mittelfristig", so Erny, "wollen wir diesen Anteil auf 15 bis 20 Prozent erhöhen. Nicht allein durch organisches Wachstum, sondern auch durch Akquisitionen." Dazu ausdrücklich von der Mutter autorisiert, seien seine Mitarbeiter derzeit dabei, den Markt zu analysieren.
BASF hat den schweren Weg über die Abwärts-Rolltreppe nach oben gewählt. Die Ludwigshafener nehmen sich Zeit, die sie möglicherweise gar nicht haben, denn schon in zwei bis drei Jahren wird der IT-Dienstleistungmarkt sich revolutionär verändert haben, sind sich Marktforscher einig. Den meisten Konzern-IT-Töchtern werden in der jetzigen Form keine Überlebenschancen eingeräumt.