Mainframe & Macht
Anti-Trust-Untersuchungen gegen IBM
Mehr ein juristisches Problem
Wie Michael Weiß, deutscher Region Manager der Mainframe-Anwendergruppe GSE (Guide Share Europe), berichtet, hat sich die Problematik von der technischen auf die juristische Ebene verschoben: "Viele Unternehmen, die IBM-Mainframes einsetzen, haben zPrime gründlich technisch geprüft und stehen einem Einsatz positiv gegenüber. Hauptmotivation ist dabei die Reduktion der Kosten. Die juristische Evaluierung gestaltet sich hingegen ungleich komplexer und langwieriger." Da die Reaktion von IBM unklar ist, schließen sie erst einmal keine Verträge mit Neon ab. In den USA sollen sich 20 Kunden öffentlich zu ihrem Neon-Einsatz bekannt haben, in Deutschland ist es gerade einmal ein Unternehmen. Die anderen – und das sind Hunderte große Unternehmen und Regierungsstellen – warten ab.
Mark Anzani, IBMs Vice President and Chief Technology Officer und in dieser Funktion für die gesamte System-z-Plattform verantwortlich, hat in einem Brief an IBM-Kunden die Sicht von Big Blue zu der zPrime-Software dargestellt. Bezeichnenderweise verbreitete der IBM-Manager dabei eher allgemeine juristische Formeln. Anzani schreibt: Bevor Anwender Arbeitslasten von Applikationen, die nicht explizit für die Nutzung auf den Specialty Engines deklariert sind, auf die zAAP- und zIIP-CPUs übertragen, sollten sie vorher prüfen, ob sie nicht gegen IBMs Customer Agreement oder gegen Big Blues "Licensed Internal Code" (LIC) verstoßen. Anzani betont, dass nur solche Software, die von IBM ausdrücklich als zIIP- und zAAP-konforme Applikationen ausgewiesen ist, auf diesen Specialty Engines eingesetzt werden darf. Kunden, die sich nicht an IBMs Program License Charges halten, müssten damit rechnen, dass die Lizenzgebühren steigen könnten.
Für den Analysten Rakesh Kumar von Gartner liegt der Ball weiterhin bei IBM. Gartner geht davon aus, dass IBM an einer technischen Lösung arbeitet, um das Loch wieder zu schließen, das Neons zPrime erst ermöglicht hat. Für IBM hängt sehr viel davon ab, denn die Aufspaltung der Prozessoren und Workloads in eine Abteilung zur Bestandssicherung des Legacy Business (mit hohen Preisen) und eine alternative Abteilung (auf der gleichen technischen Basis, aber zu niedrigeren Preisen), um neue Applikationen auf den Mainframe zu holen, ist die Conditio sine qua non, um das Geschäft mit den Großrechnern langfristig zu retten. Und das macht etwa 25 Prozent des gesamten Umsatzes von IBM aus.