Die wöchentliche CIO-Kolumne
Aussichten ungewiss
Zudem ist mit dem Niedergang der New Economy auch der ehemalige Glanz der IT-Berufe verblasst. Und so wie die New-Economy sind auch die einst umworbenen Stars unter den Bewerbern auf dem Boden der Tatsachen angelangt: Keine Partys, Bootsausfahrten oder Wochenendtrips zum Kennen lernen nach London oder New York, wie sie für Absolventen von Informatik-Studiengängen vor wenigen Jahren noch zur Recruiting-Praxis großer Unternehmen gehörten.
Zwar rechnen fast alle Auguren damit, dass die Anzahl der Jobs in der IT- und TK-Branche langfristig zunehmen wird. Andererseits stellt sich die Frage, in welchem Ausmaß sich ein steigender Bedarf auf den deutschen Arbeitsmarkt auswirken wird. Unübersehbar ist der derzeitige Trend zum Offshore-Outsourcing - siehe Deutsche Bank. Unter Kostendruck lassen viele Unternehmen bereits im Ausland programmieren, andere denken laut darüber nach. Angesichts des hohen Lohnniveaus in Deutschland kann sich selbst für Mittelständler das Auslagern von IT-Aufgaben ins Ausland rechnen. Und es muss ja nicht gleich Indien sein - auch im kulturell näher liegenden Polen, in Tschechien oder im Baltikum haben sich kompetente IT-Anbieter etabliert.
Und eben diese rücken immer näher: Mit der EU-Erweiterung steht den gut ausgebildeten, Experten der Beitrittsländer mittelfristig auch der deutsche Arbeitsmarkt offen. Und während die Einschränkungen der Greencard in Bezug auf Aufenthaltsdauer und Familiennachzug noch so manchen Interessenten abschreckten, werden die Kandidaten aus den Beitrittsländer Freizügigkeit innerhalb der EU genießen. Das deutliche Gehaltsgefälle zwischen West- und Osteuropa wird eine gewaltige Sogwirkung ausüben. Stephan Pfisterer, Arbeitsmarktexperte beim ITK-Branchenverband Bitkom, glaubt jedoch nicht an einen Massenzustrom: "Dafür sind die sprachlichen und kulturellen Barrieren zu hoch. Zudem werden die IT-Experten auch in ihren Heimatländern gebraucht und erzielen dort schon heute überdurchschnittliche Gehälter."
Der kalte Wind der Globalisierung hat auch den deutschen IT-Arbeitsmarkt erreicht. Wie wird er im Jahre 2008 aussehen, wenn die jetzigen Erstsemester ihr Examen ablegen? Wenn Sie an den Schweinzyklus glauben, müssten Sie Ihren Kindern unweigerlich zu einem Informatik-Studium raten. Denn antizyklisches Verhalten führt fast zwangsweise zu besten Jobaussichten und Karrieremöglichkeiten. Das unterstreicht auch Pfisterer: "Als Querschnittstechnologie ist die Informationstechnologie in allen Branchen vertreten; Informatiker sind deshalb weniger von der Konjunktur abhängig als andere Berufsgruppen". Er rechnet schon im nächsten Jahr mit einem Anstieg des Bedarfs an Informatikern und Ingenieuren, mittelfristig mit einem deutlichen Mangel, zumal Deutschland im internationalen Vergleich bei den technischen Berufen deutlich geringere Absolventenzahlen aufweist. Ein Ingenieurs- oder Informatik-Studium, Flexibilität und der inzwischen unverzichtbare Willen zum lebenslangen Lernen, davon ist der Arbeitsmarktexperte überzeugt, ist auch heute noch eine gute Basis für den Start ins Berufsleben.