5G, KI, Virtual Reality
Bremst das Coronavirus Megatrends aus?
Die Analysten von ABI Research haben Szenarien erarbeitet, welche Folgen die Coronavirus-Krise auf den Einsatz von Zukunftstechnologien haben könnte. Grundsätzlich gehen sie davon aus, dass Unternehmen versuchen werden, in Zukunft ihre Risiken zu mindern und ihre Abhängigkeit von menschlicher Arbeitskraft durch den Einsatz von Automatisierungswerkzeugen zu senken - ein TrendTrend, der in Zeiten des digitalen Wandels ohnehin längst spürbar ist. Alles zu IT Trends auf CIO.de
Das betrifft etwa die Produktion, wo die Robotik weiter auf dem Vormarsch ist, aber auch die Logistik, die auf autonomes Fahren beim Material- und Gütertransport setzen und eine hochintegrierte, optimal koordinierte Lieferkette anstreben wird. Auch dürfte mehr Geld in Smart-City-Projekte fließen, um die Widerstandsfähigkeit von Städten und Kommunen zu erhöhen sowie Versorgung und Katastrophenschutz zu verbessern. Außerdem sind in der Krise virtuelle Arbeitsplätze auf dem Vormarsch, die sicher und reibungslos funktionieren müssen.
Diese Themen werden die Unternehmen allerdings nicht sofort angehen können. Die Kassen leeren sich, die Konsumausgaben sinken und die Produktionen geraten aufgrund fehlender Komponenten ins Stottern, weil Lieferketten unterbrochen sind. Die Weltwirtschaft steuert in die Rezession, die Budgets für Modernisierung und DigitalisierungDigitalisierung werden damit knapper. ABI Research hat sich unter anderem drei Technologien angesehen, von denen im Zuge des digitalen Wandels wichtige Wachstumsimpulse erwartet werden. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de
5G - COVID-19 gefährdet Netzausbau
Mit dem 5G-Mobilfunk sowie einer Glasfaservernetzung in der Breite und "dynamischer neuer Software" seien Unternehmen in der Lage, eine neue Ära der Innovation, der globalen Zusammenarbeit und auch des Wohlstands zu beginnen, so der langfristige Ausblick der Analysten. Momentan beobachten sie aufgrund der Corona-Krise allerdings deutliche Rückschläge. So würden die großen Telcos mit ihren aggressiven 5G-Rollout-Plänen Probleme bekommen, vor allem wenn sie von Zulieferungen aus China abhängen.
Die für den Mobilfunkmarkt so wichtige globale Standardisierungsinitiative 3GPP (3rd Generation Partnership Project) komme mit seiner Arbeit nach dem Ausfall des Mobile World Congress (MWC) nur noch langsam voran und müsse seinen Release-16-Standard höchstwahrscheinlich bis zum Jahresende verschieben. Da er wichtige Features für das Enterprise beinhalte, werde das die Implementierungen in Unternehmen hemmen. Generell würden sich Consumer- und Enterprise-Anwendungen, die 5G unterstützen, verzögern, weil die Mobilfunkbetreiber mit dem Coronavirus viele andere Baustellen hätten.
ABI Research glaubt zudem, dass die anhaltenden Probleme chinesischer Zulieferer der US-Politik in die Hände spielen werden. Dort fürchtet man eine starke Abhängigkeit von China und möchte in Sachen 5G lieber eine offenes, weltweit verteiltes Entwicklungsnetzwerk vorantreiben. Auch die Telcos werden demnach die Abhängigkeit von China senken wollen - bei Endgeräten ebenso wie bei der Netzinfrastruktur. Was 5G-Smartphones, Wearables und sonstige Endgeräte angeht, sind Lieferengpässe unvermeidlich, da China die Werkbank der Welt ist.
Der Ausbruch hatte im Reich der Mitte massive Folgen für Produktion und Lieferketten. Auch als weltgrößter Markt ist China in den vergangenen Wochen massiv eingebrochen. Obwohl es auch bei Laptops und Tablets Lieferengpässe gibt, ist der Smartphone-Markt doch am stärksten betroffen. Apple, Huawei, Xiaomi und OPPO - die größten Smartphone-Hersteller kommen aus China oder lassen dort fertigen. Sie haben ihre Roadmaps für die Entwicklung neuer Modelle bereits angepasst oder und ihre für 2020 vorhergesagten Liefermengen revidiert.
Auch wichtige Supply-Chain-Partner wie Qualcomm, Broadcom, Qorvo oder Skyworks sind von der Krise hart getroffen. Die Smartphone-Produktion wird in der ersten Jahreshälfte 2020 um bis zu 30 Prozent sinken, so ABI Research, Unterbrechungen in den Handelsketten werden die Situation noch verschlimmern. Besser steht es um Samsung: Die Koraner hatten ihre Produktion in den vergangenen Jahren weg von China in eine ganze Reihe von anderen Ländern verlagert, darunter Vietnam, Indien und Taiwan. Das könnte sich jetzt positiv auswirken.
Coronavirus treibt KI und Machine Learning
Einen Schub könnte laut ABI Research die zweite große Triebkraft der Digitalisierung erhalten, das Segment Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML). Unternehmen wie Alibaba, YITU, das Startup Graphen oder Google Deepmind - sie und viele andere arbeiten daran, KI-Tools zu entwickeln, die einen Beitrag zur Bekämpfung der COVID-19-Krise leisten.
Es geht um intelligente Lösungen, die dazu beitragen sollen das SARS-CoV-2-Virus schneller zu entdecken, seine Entstehung nachzuvollziehen, die geographische Verbreitung zu verstehen und durch die Analyse von Proteinstrukturen schneller an einen Impfstoff zu gelangen. Auch wird KI in der Bioinformatik genutzt, wo die RNA-Sequenz von COVID-19 analysiert wird, um Medikamente für die Behandlung der Symptome zu entwickeln.
Pharmazeutische Unternehmen und Gesundheitsbehörden werden in Zukunft alles tun, um Pandemien früher zu entdecken und die Ausbreitung gezielt zu verhindern. Vor allem werden sie schneller Medikamente entwickeln können. KI wird hier zu den wichtigsten unterstützenden Technologien gehören. Die Investitionen der Pharmaindustrie in diesen Bereich soll schon bald in die Milliarden gehen.
Augmented und Virtual Reality im COVID-19-Tal
Die Produktion von Datenbrillen und sonstigem Equipment rund um Virtual und Augmented RealityAugmented Reality (AR/VRVR) hat unter dem COVID-19-Virus stark gelitten, zumal die Consumer Electronics-Industrie hier führend ist - und die sitzt in China, Taiwan und Südkorea. Ein Beispiel ist MAD Gaze, ein AR-Brillenhersteller aus Hongkong, der Lieferschwierigkeiten meldete und die Displays nun nicht mehr aus China, sondern aus Korea und Japan bezieht. Auch Nreal, ein kleiner chinesischer Anbieter von Smart Glasses für den Consumer-Markt, beklagt Produktions- und Lieferprobleme. Dasselbe gilt für die großen drei: Oculus, HTC und Vive. Alles zu Augmented Reality auf CIO.de Alles zu Virtual Reality auf CIO.de
ABI Research glaubt, dass die finanziellen Konsequenzen für diese Anbieter hart sein werden, zumal die Nachfrage einbrechen und unerwartete Kosten die Hersteller treffen würden. Viele Startups in diesem Bereich litten zudem unter finanziellen Engpässen, weil die Risikokapital-Quellen teilweise versiegen könnten.
Verzögerungen dürfte es zudem in der Entwicklung von AR/VR-Anwendungen geben, auch vor dem Hintergrund, dass die wichtigen Developer-Konferenzen von Facebook, Apple und Google in diesem Jahr abgesagt wurden. Probleme sieht ABI vor allem für kleine Anbieter und Startups, bei denen alles von der Auslieferung eines bestimmten Produkts abhängt. Die großen Konzerne würden von den Zulieferern bevorzugt behandelt und hätten oft noch gut gefüllte Lager, sie dürften nicht so schwer betroffen sein.
ABI unterscheidet im AR/VR-Markt zwischen dem Consumer- und dem Enterprise-Segment. Einige Unternehmen arbeiteten bereits mit Fernwartung, wobei Mitarbeiter in einer bestimmten Region oder einem Werk über eine Datenbrille Informationen zu einer Problemlösung eingespielt bekommen. Das Interesse an solchen Lösungen werde nun sprunghaft zunehmen, da aufgrund des Coronavirus die Reiseaktivitäten zum Stillstand gekommen sind.
Angesichts der finanziellen Folgen der COVID-19-Pandemie werden sich allerdings viele Unternehmen keine teuren Head-mounted Systems leisten wollen. Wann immer es möglich ist, werden sie auf App-basierte Lösungen setzen, die das Smartphone oder ein andere mobiles Endgerät nutzen. Voraussetzung ist allerdings, dass sie - ähnlich wie beim Einsatz von KI und ML - erst einmal sinnvolle Business Cases identifizieren. Dazu dürfte der Coronavirus beitragen: Jetzt ist das Bereitstellen von Wissen über große Distanzen gefragt. Dafür können VR- und AR-Lösungen der Schlüssel sein.