Strategien


Business Rules

Brücken zwischen IT & Business

Von IT-gesteuerten Abläufen in der Stahlbranche bis hin zu Preismodellen in der Telekommunikation: Business Rule Management hilft Unternehmen, ohne Umweg über die IT Geschäftsregeln zu ändern. Verbindliche Standards entstehen gerade.

Seit Mitte Dezember 2004 brummt der Verkehr auf dem zweieinhalb Kilometer langen und 270 Meter hohen Viadukt von Millau, das das Flusstal des Tarn im Südwesten Frankreichs überspannt. 43 000 Tonnen Grobblech vom Stahlproduzenten Dillinger Hütte verarbeitete der britische Architekt Norman Foster für die "Multischrägseilbrücke". Um die optimale Qualität der Bleche gewährleisten zu können, setzt Werner Jungmann auf Business Rule Management bei der Herstellung. "Die komplexen Prozesse erfordern manchmal schnelle Änderungen", sagt der Leiter Informationstechnik bei Dillinger Hütte. Wenn das System über die Qualitätssicherung eine unebene Oberfläche feststellt, leitet es dieses Blech automatisch in eine Richtmaschine oder lässt es wegen dieser Fehler zusätzlich putzen. Auf einen Stoß, also einer Sammelstelle von Blechen, die zum Verladen zwischengelagert und zwischenzeitlich über das System für die Verladung disponiert werden, lädt ein Kran von diesem Zeitpunkt an keine weiteren Bleche auf. Vor wenigen Jahren nutzte Jungmann noch in Fortran geschriebene Programmbausteine. Entscheidungstabellen erwiesen sich für die komplexen Regeln als ungeeignet. Heute erfasst das Geschäftsregel-Management von Dillinger Hütte etwa 350 teilweise hochkomplexe Abläufe in einem weit verzweigten Entscheidungsbaum.

Als Business Rules Management (BRM) bezeichnet man den einfachen Eingriff in Regeln, ohne tiefes Verständnis von IT-Funktionen. Technisch steckt hinter BRM eine Middleware, die fachliche Logik unternehmensweit verfügbar macht. "Fachliche Zusammenhänge und Geschäftsprozesslogik werden durch Regelausdrücke in natürlicher Sprache explizit gemacht und mit Formalismen und Tools in Unternehmensanwendungen gebracht", sagt Gerd Wagner von der TU Cottbus. Auf Business Engines oder Servern laufen sie selbstständig ab. Business Rules sind in Umgangssprache formuliert, es gibt Dienste zur automatischen Ausführung, Überwachung und Verwaltung. Zudem helfen Schnittstellen bei der Integration in die IT-Landschaft.

In der Telekommunkationsbranche lassen sich mit BRM-Systemen etwa Preispläne von Handytarifen unkompliziert verändern. Der Rahmen der Kreditvergaberichtlinien nach Basel II lässt sich für die BankenBanken einfach erfassen und erfüllen; Gleiches gilt für die Regeln für den HandelHandel mit Wertpapieren oder die Ermittlung der Kreditwürdigkeit. Selbst nach Vertragsabschluss, so ein Anbieter, ließen sich Details, beispielsweise in einem Leasing-Vertrag, noch im Word-Dokument ändern und entsprechend anpassen. Top-Firmen der Branche Banken Top-Firmen der Branche Handel

Der Schweizer Experte Markus Schacher vergleicht Geschäftsregeln mit einem Staat: Der CEO legt als "Legislative" die Vorgaben und Marktstrategien fest, die im Regelwerk enthalten sein sollen. Das "Volk" sind in den Unternehmen sowohl die Mitarbeiter als auch die Anwendungen, die entsprechend dieser Vorgaben handeln. "Die Rule Engine als Exekutive führt sämtliche im System erfassten Vorgaben aus, überprüft die Tätigkeiten der Mitarbeiter und schränkt sie - falls nötig - ein, erläutert Schacher, der als einer von zwei Europäern in der "Business Rule Group" vertreten ist, die sich weltweit als Erste mit der Konzeptionalisierung von Business Rules beschäftigte.

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