Globalisierung
China wächst - USA, was nun?
Mr. Patten, Sie haben in den 90er-Jahren als Gouverneur von Hongkong die Verhandlungen zur Rückgabe des Stadtstaates an die Chinesen geführt. Was müssen Geschäftsleute beachten, wenn sie mit Chinesen an einem Tisch sitzen?
Chris Patten: Zuerst einmal: keine Angst! Es ist viel leichter, mit den Chinesen zu verhandeln, als mit Russen. Dennoch gibt es ein paar Regeln. Ganz wichtig ist beispielweise, dass man auf keinen Fall versuchen sollte, den Verhandlungspartner damit zu beeindrucken, dass man chinesischer ist als er. Wir sind Europäer, und die Chinesen wissen das. Wir müssen unsere Werte nicht verstecken. Nicht für das zu stehen, was wir glauben, kann sogar als Schwäche interpretiert werden.
Wer sollte denn die Verhandlungen führen?
Am besten geeignet ist ein Verhandlungspartner, der die Chinesen und ihre Gepflogenheiten kennt. Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzende sollten von den Verhandlungen ferngehalten werden. Schon manchem Firmenchef schwebten große neue Geschäftsvisionen nach einem Bankett mit hohen Politikern im Volkspalast vor und das ist selten gut ausgegangen. Überlassen Sie die Gespräche den Experten!
Und wenn es dann um konkrete Vertragsverhandlungen geht?
Lassen Sie sich niemals dazu drängen, zu Anfang eine grundsätzliche, aber auf den ersten Blick harmlose Vereinbarung zu akzeptieren. Häufig entpuppen sich solche Abmachungen später als Hemmnis für das angestrebte Verhandlungsergebnis. Außerdem sollten Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Auch wenn vor der Tür schon die Sektkorken knallen: Unterschreiben Sie nichts, was Ihnen nicht passt! Schon gar nicht, wenn im letzten Augenblick noch ein paar Zusatzformulierungen hinzugefügt wurden. Zweideutigkeiten, die dazu führen könnten, die Diskussion neu zu entfachen, sollten ebenfalls vermieden werden.
Die Verträge sind also geschlossen und wasserdicht - was erwartet Unternehmer, wenn sie dann tatsächlich in China aktiv werden?
Wer in China produzieren will, sollte darauf gefasst sein, dass die Chinesen intellektuelles Eigentum nicht
respektieren. Es kann durchaus passieren, dass drei Monate nach Produktionsbeginn am Ende der Straße ein Werk eröffnet, das genau dasselbe Teil herstellt - für einen deutlich geringeren Preis. Das können die
Chinesen auch mit komplexen Produkten wie Motorrädern. Als ich in Hongkong lebte, brachte gerade Yamaha mit einer riesigen Werbekampagne ein neues Motorrad auf den chinesischen Markt. Drei Monate später wurden Replikate in 36 Werken für ein Drittel des Preises hergestellt.