Potenziale des Technology Business Management
Der CIO als Unternehmer
Die Ansprüche steigen: CIOs sollen Unternehmer sein. Sie sollen Leistungen flexibel managen, in Zukunftstechnologien investieren, Kosten reduzieren und das Geschäftsergebnis verbessern. Reine Utopie, werden vor allem diejenigen sagen, die der Diskussion um den "Value of IT" längst überdrüssig sind.
Davon unbeeindruckt haben sich rund 120 internationale Großunternehmen auf den Weg gemacht, die Utopie zu verwirklichen. Mit den Mitteln des Technology Business Management (TBM) bauen sie eine unternehmensweite Management-Disziplin auf, über die sich die IT wie ein ganz normales Geschäft steuern lässt. Via TBM erschließen sich die CIOs die Fähigkeit, die Performance ihrer Services direkt auf die Geschäftsprozesse herunterzubrechen. Somit wird es ihnen erstmals möglich, ihre Leistungen unmittelbar in der Sprache der Fachbereiche auszudrücken. Gemeinsam mit ihren internen Kunden teilen sie die zur Verfügung stehenden Etats nun genau denjenigen Projekten und Geschäftsprozessen zu, die den höchsten Wertbeitrag, den höchsten ROI erwirtschaften.
Teil 1 dieser dreiteiligen Serie untersucht die Potenziale des Technology Business Management. Teil 2 geht auf die hierzu erforderliche Transformation in den Unternehmen ein. Teil 3 wendet sich der praktischen Arbeit mit TBM und den dazu erforderlichen organisatorischen Veränderungen zu. Zusätzlich zur Allokation der Ressourcen geht es dabei dann auch um die Frage, wie sich IT-Leistungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette in beinahe Echtzeit steuern lassen. Sobald dies gelingt, entwickelt sich TBM zu einer Art ERP-Lösung für das IT-Management.
Vom Cost Center zum Business Enabler
Wissen CIOs, welchen Teil ihres Budgets sie für die Kollegen im Vertrieb, in der Produktentwicklung, im Einkauf oder im Service aufwenden? Können sie sogar beziffern, wie viele Euros sie dafür ausgeben, damit ein ganz bestimmter Geschäftsprozess anforderungsgemäß abläuft und welchen Ertrag das Unternehmen damit erzielt? Welche Hardware-, Software- und Personalkosten fallen denn zum Beispiel an, damit die Kunden eines Autovermieters den Mietwagen ihrer Wahl digital reservieren können?
Durchaus knifflige Fragen. Und wer ehrlich ist, wird kaum bestreiten können, dass es IT-Managern bisher kaum möglich war, die Performance ihrer Services unmittelbar auf das Business zu beziehen. In der aktuellen Praxis beschränkt sich das Reporting darauf, die Informationen so zu erheben, wie sie das Controlling einfordert.
Gerade in Großunternehmen haben CIOs ein entsprechend ausgefeiltes Berichtswesen aufgebaut, das präzise ausweist, in welche Systeme und Services sie welchen Teil ihrer Budgets hineinstecken. Oftmals sind die bestehenden Reports mühsam aus einer Vielzahl von Quellen zu konsolidieren und geben schlussendlich doch nicht die gewünschten Informationen wieder. Da die Reportings meist eindimensional, zum Beispiel rein finanzbezogen ausgelegt sind, lassen sie keine validen holistischen Rückschlüsse darauf zu, wie IT-Ressourcen einzusetzen sind, um die Geschäftsprozesse bestmöglich zu unterstützen.
Antworten auf genau diese Fragestellung werden jedoch immer dringlicher. Mit zunehmendem Selbstbewusstsein forden die Fachbereiche die IT auf, die Geschäftsprozesse und Liefermodelle des Unternehmens zu digitalisieren. Ziel ist es, die bisherige Wertschöpfung so weit zu flexibilisieren, dass sich Wettbewerbsvorteile kontinuierlich erschließen lassen.
Ob sie es wollen oder nicht - die IT-Verantwortlichen müssen den Schutz ihrer Black Box verlassen und die Rolle des Business Enabler annehmen. Wer seine IT auch weiterhin eher als Cost Center begreift und lediglich verhaltene Schritte auf das Business zu macht, verliert zusehends den Kontakt. Je mehr die Fachabteilungen den Eindruck gewinnen, dass sie mit ihren Anforderungen auf kein ausreichendes Verständnis stoßen, desto mehr werden sie sich alternativen Angeboten zuwenden. Passgenau erscheinende Cloud-Dienste und die Consumerization der IT entfalten eine Eigendynamik, denen die CIOs nur dann etwas entgegensetzen können, wenn sie sich auch als Business Enabler einen Namen machen (vgl. Abbildung).
TBM verlangt Stehvermögen
Eine solche Entwicklung ist sicherlich nicht von heute auf morgen zu machen. Keineswegs erschöpft sie sich in der Einführung geeigneter Analyse- und Steuerungssysteme. Letzteres stellt eher eine grundlegende Basisaufgabe dar, die in drei bis sechs Monaten zu schaffen ist. Ohne Zweifel liefern diese Werkzeuge die erforderliche Transparenz, um geschäftsbezogene IT-Entscheidungen auf eine belastbare Basis zu setzen. Doch um TBM tatsächlich als unternehmensweite Management-Disziplin zu etablieren und anzuwenden, gilt es eine Vielzahl organisatorischer Dinge zu klären und in der Praxis einzuüben. Für diese Transformationsphase müssen CIOs eine Strategie mit einem klaren Fahrplan entwickeln.
Der Wandel hin zu einer Performance-orientierten IT-Kultur verlangt somit einiges an Stehvermögen. Um gleich zu Beginn ausreichend Fahrt aufzunehmen, empfiehlt sich zunächst, vor allem auf das Thema Transparenz zu setzen und schnelle Erfolge mit Pilotprojekten einzufahren. Im Kern geht es für die CIOs darum, beinahe in Echtzeit zu messen, welche business-bezogenen Leistungen die Assets ihrer Wertschöpfungskette erbringen und welche Deckungsbeiträge damit einhergehen.
Quer über alle Tower ihrer Systemlandschaften hinweg ist hierzu ein durchgängiges IT-Performance-Framework aufzusetzen und mit den Geschäftsprozessmodellen der Fachbereiche zu verknüpfen. Ein ambitioniertes Vorhaben, für das es eines regelmäßigen monatlichen, quartalsweisen und jährlichen Abgleichs der IT-KPIs auf taktischer, operativer und strategischer Ebene mit den Fachbereichen bedarf. Wie es gelingt, zeigt Teil 2 unserer Artikelserie.