Management
Der heroische Manager hat ausgedient
Führung mit Philosophie statt Balanced-Score-Card
Führende Manager sollten vielleicht eher auf anderes achten:
1. Wer über philosophische Kenntnisse verfügt, kann über die Wechselfälle des Lebens umfassender nachdenken, er kann mit diesem Hintergrundwissen manche Ereignisse tiefer reflektieren und vor allem, für alles Menschliche ein besseres Verständnis haben.
Er weiß dann mit Karl Popper, dass niemand im Besitz der Wahrheit ist, sondern gemeinsam mit anderen nach der besseren Lösung suchen sollte.
Mit Emmanuel Lévinas erkennt er, dass es eine Fehlentwicklung ist, nach Selbstverwirklichung und Selbstoptimierung zu suchen, weil er so immer nur sich selber trifft, statt sich entschlossen dem anderen zuzuwenden, privat und beruflich. Erst über den anderen und die radikale Zuwendung zu ihm erfährt er etwas Neues über sich und kann sich weiterentwickeln.
Niklas Luhmann weist ihn ein in den Umgang mit Macht, in die Unterscheidung von Gestaltungs- und Blockiermacht und zeigt, dass ein inflationärer Umgang mit Macht dort nötig ist, wo ein Vorgesetzter etwas nachhaltig verändern will.
Wer sich mit Philosophie befasst, erkennt auch, dass wir heute in einer Weltgesellschaft leben, deren Leitidee nicht mehr nur Macht ist oder Geld oder Ideologie, sondern zunehmend Wissen und Lernen. Das heißt, dass das, was Menschen in der Weltgesellschaft verbindet, immer mehr das gemeinsame Lernen sein wird, mit-, von- und füreinander, und dass eine solche Welt den Kontext bilden wird, in dem Unternehmen erfolgreich tätig sein müssen, wenn sie überleben wollen.
2. Ich glaube, dass Führungskräfte auch in unserer Zeit, da die großen Meta-Erzählungen an ihr Ende gelangt sind, dennoch eine persönliche Perspektive brauchen, eine Überzeugung, für die es lohnt, sich einzusetzen, bei der es um mehr geht als um die eigene Person, etwas, das Sinn in das Leben bringt.
Diese sinnstiftende Perspektive haben uns früher Kirchen, Parteien oder Ideologien geliefert. Sie sind aber immer mit einem Wahrheitsanspruch aufgetreten, dem man sich unterordnen sollte. Dies wollen wir nicht mehr.
Deswegen müssen wir uns eine solche Perspektive selber erarbeiten. Dies ist schwer.
Wer aber diese Arbeit nicht auf sich nehmen will, der riskiert, auf Modeerscheinungen hereinzufallen. Ein Berater schreibt ein Buch über den richtigen Weg zum erfolgreichen Unternehmen und alle Führungskräfte glauben es lesen zu müssen. Eine Personalabteilung wähnt sich im Besitz der treffsicheren Methode der Personalauswahl: Corporate Identity, TQM, ISO-9000, Balanced-Score-Card. Und viele machen vorbehaltlos mit.
Ohne Perspektive, die letztlich Sinn in das eigene Leben bringt, verfallen wir nicht nur eher Modeerscheinungen ohne Tiefgang, wir riskieren auch, von enttäuschenden Erfahrungen und Misserfolgen so sehr betroffen zu sein, dass sie unsere Zuversicht beeinträchtigen, und dass wir Ereignissen eine Bedeutung verleihen, die sie nicht haben.
3. Wir brauchen ein neues Menschenbild oder vielmehr die Besinnung auf ein altes, das in unserer Kultur tief verwurzelt ist. Nämlich die Idee, dass Gott den Menschen am Anfang aller Zeit nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen hat. Daraus leiten wir den tiefen Respekt vor jedem einzelnen Menschen ab, unabhängig von allem, was uns als verschieden ausweist. Daher kommt, dass in unserer Kultur Menschen niemals einem Zweck geopfert werden dürfen und wäre er noch so heilig. Passt es denn zu dieser Grundidee, Führungskräfte zu testen, zu begutachten und zu coachen und diese Psychoübungen zur Bedingung für den beruflichen Werdegang zu erklären?