Alignment war gestern
Business-Manager sehen die IT als Bremsklotz
"Die Mehrheit der Business-Manager hat den Eindruck, dass ihre eigene IT-Abteilung dem Erfolg des Unternehmens im Weg steht." Dabei ist mehr als jeder zweite von ihnen offenbar der Ansicht, dass die Technik heute ein differenzierender Faktor für den Geschäftserfolg ist. Aber: "Technik ist zu wichtig, um sie allein der IT zu überlassen." Und: "Technik mag ein Schlüssel zum Erfolg sein, aber die interne IT ist es nicht." So die Überzeugung vieler Fachbereichsleiter und Unternehmenslenker.
Diese Aussagen beziehen sich auf die Studie "Was der europäische CEO 2014 von seinem CIO braucht", die das Marktforschungs-und Beratungsunternehmen Forrester Research gerade veröffentlicht hat. Die wiederum ist eine Synthese aus zwei verschiedenen Umfragen unter insgesamt 800 IT- und Business-Managern europäischer Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern.
Das letzte Mal, dass Forrester beiden Gruppen dieselben Fragen gestellt habe, sei Ende 2012 gewesen, räumen die Marktforscher ein. Daraus dürfe man aber nicht schließen, dass die Ergebnisse überholt seien, betont Alastair Behenna, Principal Analyst bei Forrester Research in London: "Wir haben das kontinuierlich in der Praxis überprüft." Der jetzt veröffentlichte Report sei denn auch keine reine Auswertung der Umfrage, sondern fasse unterschiedliche Informationsquellen zusammen.
Die zum Teil wenig schmeichelhaften Aussagen der Business-Manager über die IT gelten also laut Forrester unverändert. Nun sei damit allerdings nicht gemeint, dass sich die IT Innovationen gegenüber verschließe oder sie aktiv behindere, erläutert Behenna. Allerdings reagiere die IT zu langsam auf die Veränderungen des Business.
"Die CIOs sind immer noch mit dem beschäftigt, wofür sie jahrelang gut bezahlt wurden: für die Verlässlichkeit", sinniert der Forrerster-Analyst, der selbst lange als CIO in unterschiedlichen Organisationen gearbeitet hat: "Aber mit diesem Pfund können sie nicht mehr wuchern." Diejenigen, die das noch täten, und das seien eine ganze Menge, würden vom Management als Bremser wahrgenommen. Und in der Konsequenz sehe sich das Business nach kostengünstigen externen Alternativen um.
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Alignment war gestern
Daran ändere sich auch nicht viel, wenn die IT der Forderung nach "Alignment" nachkomme, so Behenna weiter: "Das ist ein Imperativ der Vergangenheit". Alignment bedeute, dem Business zuzuhören und seine Anforderungen in IT umzusetzen. Das sei lange Zeit das ultimative Ziel der Chief Information Officers gewesen - auch sein eigenes. Damit könne man auch durchaus die Kosten verringern, den Umsatz steigern und die Bottom Line anheben.
Aber auf diese Weise komme die IT nicht über den Status des Erfüllungsgehilfen hinaus, gibt der Analyst zu bedenken. Solche Dienstleistungen erledigten externe Provider im Zweifelsfall genauso gut - zu geringeren Kosten überdies. "Das Business hat heute keine Scheu mehr, direkt mit Anbietern zu reden", weiß Behenna, auf dessen Visitenkarte "Serving CIOs" steht. Und von dieser Möglichkeit machten die Business Units auch Gebrauch, sofern der CIO nicht aufpasse: "Frustriert von einer IT, die ihrer Ansicht nach außerstande ist, auf die schnelllebigen Anforderungen zu reagieren, sowie angelockt durch den unmittelbaren und einfachen Zugriff auf marktgängige 'disruptive' Werkzeuge , treffen die Fachbereiche ihre eigenen externen Vorkehrungen."
Jeder ist ein Kunde
Was kann der CIO tun? "Im Zeitalter des Kunden werden die europäischen Unternehmen sich selbst neu erfinden, so dass sie in der Lage sind, die immer mächtiger werdenden Kunden systematisch zu verstehen und zufrieden zu stellen" holt Behenna aus: "IT-Chefs, die diesem Anspruch gerecht werden und vor dem neuen Zeitalter bestehen wollen, müssen sowohl ihre Einstellung als auch ihre Fertigkeiten auf diese radikalste Umwälzung in der kurzen Geschichte der IT ausrichten."
Nicht nur das Geschäft draußen verändere sich disruptiv, sondern auch die interne Kundschaft, ergänzt der Forrester-Analyst. Sie wollen schnelle, einfache, nutzerfreundliche Systeme, die sie an das erinnerten, was sie auch privat nutzten. Der Unterschied zwischen Anwendern und Kunden sei dabei marginal. Der CIO müsse verstehen, dass heute "jeder ein Kunde" sei, der Mitarbeiter oder Anwender und der Endkunde.
Wie in der Studie ausgewiesen, empfinden 60 Prozent der Business-Manager in der EU den Endanwender-Support der IT für das Gesamtunternehmen als "unzureichend". Sogar die Kernservices lassen ihrer Ansicht nach zu wünschen übrig - einschließlich der Anwendungsunterstützung für Backoffice-Applikationen und -Prozesse. Und das ist eigentlich das Mindeste.
Auf der technischen Seite sind anpassungsfähige und reaktionsschnelle Infrastrukturen schon einmal ein großer Schritt in die richtige Richtung. Erschreckende 70 Prozent der Entscheidungsträger in den Fachbereichen äußerten jedoch die Ansicht, die IT-Strukturen in ihrem Unternehmen eigneten sich nicht, um Veränderungen in der Geschäftsstrategie flexible abzubilden.
Externe stoßen in die Lücke
Wenn der CIO als Partner des Business akzeptiert werden will, reicht es allerdings nicht aus, solche Mindestanforderungen zu erfüllen. Er muss "wirklich ein Teil des Geschäftserfolgs und der Geschäftsprozesse werden", so Behenna. Denn genau das können etwaige externe Konkurrenten nicht.
Dazu gehört, das Geschäft nicht nur zu verstehen, sondern Entwicklungen zu antizipieren. In der Forrester-Diktion: "IT muss die Business-Anforderung in das Erreichen von Geschäftszielen übersetzen." Der Studie zufolge vermissen 69 Prozent der Fachbereichsverantwortlichen "Services mit einem klar definierten Business-Fokus". Hier machen die externen Provider meist einen besseren Job: Sie reden mit Business-Managern über das Business, nicht über die Technik.
Die IT sollte ihr Image grundlegend verändern, fordert Behenna. Sie dürfe nicht mehr die Polizei oder den Türsteher der Unternehmenstechnik spielen, sondern müsse sich als Teamplayer präsentieren. Und sie sollte dringend neue Fähigkeiten entwickeln, beispielsweise die zur Kommunikation - angefangen vom Informationsaustausch mit den Fachbereichen bis hin zum Selbst-Marketing.