Gesundheitskarte
Der Infarkt ist programmiert
Während die Gesundheitskarte im Zusammenspiel mit der digitalen Signatur immer nur als Schlüssel zur serverseitig gespeicherten Patientenakte gesehen wurde, sollte sie als Datenträger das papiergebundene Rezept ersetzen. Doch noch immer streiten sich Krankenkassen auf der einen sowie Ärzte und Apotheker auf der anderen Seite über das elektronische Rezept. Die Krankenkassen befürworten eine Lösung, bei der die Rezepte auf zentralen Servern liegen und eine Kopie auf der Karte vorhanden ist.
Den ursprünglichen Plan, nach dem eine pseudonymisierte Kopie auf dem Server und das eigentliche Rezept auf der Karte liegen, lehnen die Kassen vehement ab. Er sei zu teuer, würde acht Prozent der Gesamtkosten ausmachen und überhaupt die Abrechnung der Rezepte erschweren: Zwischen 30 und 50 Cent pro Rezept soll nämlich der Arzt oder Zahnarzt als "Prämie" bekommen, wenn er ein elektronisches Rezept ausstellt. Für Ärzte ist nun ein Bonus für ausgestellte elektronische Rezepte im Gespräch, der sich aus dem Punktesystem der Ärzte ableiten soll, dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM).
Nur wer verdient, investiert
Diese Prämie ist wiederum deshalb nötig, weil die Technik der Kartenlesegeräte und des Connectors des beauftragten Industriekonsortiums "Better IT for Health" (bIT4health) sowie die Umstellung der Praxissoftware von den Ärzten selbst zu zahlen sind. Für eine durchschnittliche Arztpraxis (keine Gemeinschaftspraxis) sollen dies nach Berechnungen von bIT4health etwa 5730 Euro sein, zu denen jährliche Unterhaltskosten von 744 Euro hinzukommen. Nur wenn Ärzte einen Anreiz bekommen, elektronische Rezepte auszustellen, akzeptieren sie die Technik und geben die Akzeptanz an die Patienten weiter.
Auch der Aufwand der Krankenhäuser ist erheblich. Für ein 400-Betten-Haus wurden vom Ministerium anfangs 6000 Euro Umstellungskosten genannt. "Tatsächlich fallen jedoch 120 000 Euro an", sagte Heiko Ries, Vorsitzender des Bundesverbandes der Krankenhaus-IT-Leiter bei der Vorstellung einer Umfrage unter Verbandsmitgliedern. Demnach müssen Kliniken im nächsten Jahr rund 50 Prozent des gesamten EDV-Budgets in die Vorbereitung auf die neue Karte investieren.
Wer daran verdient, macht mit
Für Apotheker wurden 3985 Euro Investitionskosten und 708 Euro Unterhaltskosten pro Jahr berechnet. Anders als die Ärzte sollen sie nicht belohnt werden; stattdessen entfällt bei ihnen die Gebühr zur Verarbeitung eines Rezeptes in den 26 deutschen Rechenzentren, von denen die größten den Apothekern selbst gehören. Die Gebühr beträgt derzeit 0,269 Prozent vom Rezeptumsatz. Apotheker "verdienen" also daran, dass die von ihnen finanzierte aufwändige Bearbeitung der papiergebundenen Rezepte entfällt. Wie die Ärzte befürworten darum die Apotheker eine Lösung, bei der das elektronische Rezept ausschließlich auf die Gesundheitskarte geschrieben und nur in besonderen Fällen noch das Papierrezept ausgestellt wird.