RTL-CIO Penning
Der Kampf gegen Netflix und Amazon fordert die IT
Für Frank Penning, den CIO der Mediengruppe RTLRTL Deutschland, befindet sich die Medienindustrie schon in ihrer zweiten Digitalisierungswelle. Die erste begann vor 20 Jahren - damals wurden Medienbetriebe digitalisiert und Produktionsverfahren automatisiert. Die nun laufende zweite Welle betrifft weniger die Firmen selbst, sondern die Konsumenten. Top-500-Firmenprofil für RTL
Zuschauer wechseln die Distributionskanäle
"Der Zuschauer hat sich gar nicht verändert. Er hat immer noch das gleiche Bedürfnis wie vor 20 Jahren", erläuterte Penning auf dem automotiveIT-Kongress in Berlin. Auch heute wollten MediennutzendeMediennutzende genau dann unterhalten werden, wenn sie Zeit und Lust dazu hätten. Der entscheidende Unterschied: In der zweiten Digitalisierungswelle haben Zuschauer die Distributionskanäle gewechselt. Sie konsumieren TV-Sendungen nicht mehr nur über Kabel oder Satellit, sondern über das Internet und meist auf ganz anderen Geräten, darunter Tablets oder Video-fähige Smartphones. Penning: "Heute haben Kunden die Möglichkeit, jederzeit einen Screen vor sich zu positionieren und in ultrascharfer Qualität Content zu genießen." Top-Firmen der Branche Medien
- Sven Rathjen, Spiegel-Verlag
Sven Rathjen ist seit Januar 2016 Leiter der IT des Spiegel-Verlags. Er übernahm die Aufgabe von Jesper Doub. Rathjen kommt von der Dumont Systems GmbH & Co. KG, wo er zuletzt als Geschäftsführer die IT der Dumont Mediengruppe verantwortete. - Patrick Sturm, Sky
Patrick Sturm ist seit Juli 2018 CIO beim Pay-TV-Fernsehsender Sky in Unterföhring bei München. Sein genauer Titel lautet Senior Vice President Information Technology. Sturm kommt aus dem eigenen Haus, zuletzt war er seit Januar 2017 bei Sky Senior Vice President Product Development & Innovation. Vor seiner Zeit bei Sky führte Sturm als Gründungspartner ein technologie- und umsetzungsorientiertes Beratungsunternehmen. - Gerhard Thomas, Burda Verlag
Gerhard Thomas arbeitet seit Januar 2005 als CIO beim Medienkonzern Hubert Burda Media Holding mit Sitz in München. Zugleich ist er Geschäftsführer der Burda Digital Systems GmbH, ein Technologie- und Beratungsdienstleister für die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle und von IT-Lösungen. 2008 gründete er die Valiton GmbH, die Full-Service Agentur für digitale Geschäftsmodelle. Im Januar 2011 übernahm er zusätzlich den Posten des Geschäftsführers bei Burda Direkt Services. Gerhard Thomas blickt auf eine 17-jährige Laufbahn als IT-Berater bei Ploenzke, SerCon und Accenture zurück. - Wolfgang Wagner, WDR
Im April 2013 hat Wolfgang Wagner (53) den Posten des Direktors Produktion und Technik beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) übernommen. In dieser Position verantwortet er unter anderem auch den produktionsnahen IT-Bereich des WDR. Dazu gehören allein 200 Mitarbeiter. Insgesamt führt der neue Produktionsdirektor 1800 Mitarbeiter. Der Elektroingenieur mit Fachrichtung Nachrichtensysteme wechselte vom ZDF, wo er den Geschäftsbereichs Informations- und Systemtechnologie in der Produktionsdirektion des ZDF leitete. Zu seinen wichtigsten anstehenden Aufgaben beim WDR gehört das Projekt "tv 20:15", womit die die Vernetzung der digitalen Fernsehproduktion vorangetrieben werden soll. Außerdem will er ein neues Dispositionssystem einführen sowie das Rechenzentrum der Direktion neu strukturieren und konsolidieren. - Pietro Tomasino, Gruner + Jahr
Pietro Tomasino ist seit Januar 2010 der Leiter der Informationstechnologie beim Druck- und Verlagshaus Gruner+Jahr. In dieser Funktion ist Tomasino verantwortlich für die IT-Landschaft des deutschen Geschäftsbereiches. Seine Position kommt damit dem eines klassischen CIOs am nächsten, auch wenn es diese Bezeichnung im Unternehmen Gruner+Jahr nicht gibt. Tomasino ist auch verantwortlich für die Entwicklung und den Betrieb der Redaktionssysteme Print und Online, der Vertriebs- und Anzeigensysteme sowie ERP-Systeme. Außerdem soll die Webentwicklung konsolidieren und neu ausrichten. Daneben steht die Einführung neuer Content Management Systeme zur Unterstützung der digitalen Transformation in den Redaktionen sowie die Modernisierung der Office- und Rechenzentrums-Infrastruktur. Gruner + Jahr hat in insgesamt mehr als 30 Ländern mehr als 11.800 Mitarbeiter. - Reinhard Görtner, RTL II
Reinhard Görtner ist seit 2004 Leiter der Abteilung „IT & Services“ beim Münchener TV-Sender RTL II. Ab Januar 2018 trägt er den Titel CIO. Dazu kommen neue Kompetenzen über die Abteilungen „Application Development“, „Technology Operations“ sowie „Media Asset Support“. Seit 2015 ist Görtner als Leiter IT & Broadcast zusätzlich für die technische Ausstrahlung von RTL II verantwortlich. - Boris Radke, ProSiebenSat.1
Boris Radke ist neuer CIO bei der Sendergruppe ProSiebenSat.1. Radke kam im Juli 2017 vom Online-Modehändler Zalando zum Medienkonzern in Unterföhring (München) und übernahm eine Stabsstelle als Director CFO Projects beim neuen Finanzvorstand Jan Kemper. Davor war er unter anderem Leiter der Unternehmenskommunikation beim Online-Händler Zalando. - Frank Penning, RTL Group
Frank Penning übernimmt als Bereichsleiter den neu geschaffenen CBC-Bereich Technik/IT und wird damit gleichzeitig CIO der Mediengruppe RTL. Vor seinem Wechsel zu CBC (Cologne Broadcasting Center GmbH) führte der Diplom-Informatiker für Burda den Technologiedienstleister Tomorrow Focus Technologies, gründete für Holtzbrinck mehrere Startups, betreute dort das Internet-Beteiligungsportfolio als CTO und war bei ProSiebenSat.1 Media AG für Software-Entwicklung verantwortlich. Als CTO war er in der von ihm mitgegründeten Exaring AG aktiv. - Dennis Gruschka, Zeit Verlagsgruppe
Seit Oktober 2024 verantwortet Dennis Gruschka die IT der Zeit Verlagsgruppe. Er folgt auf Jonas Rohwer. - Marcus Dauck, Ringier
Marcus Dauck ist seit Januar 2014 neuer Chief Information Officer des Züricher Medienkonzerns Ringier AG. Zuvor arbeitete er als CIO bei der Ringier Axel Springer Media AG, ein Joint Venture zwischen Ringier und der Axel Springer AG in Mittel- und Osteuropa mit Sitz in Zürich. Dauck war ab 1988 Mitarbeiter der Axel Springer IT in Hamburg, von 2000 bis 2003 als Management Consultant International Media bei Siemens und von 2003 bis 2011 wiederum bei der Axel Springer AG in mehreren Funktionen tätig: als Bereichsleiter IT Anzeigen- und Marketingsysteme sowie Bereichsleiter IT Zeitungssysteme, Redaktion und Online/Print-Produktion. - Sebastian Hentzschel, BMG
Sebastian Hentzschel ist seit Oktober 2017 neuer CTO des Musikunternehmens BMG mit Sitz in Berlin. Die Stelle wurde neu geschaffen, einen CIO gibt es nicht. Er ist für Global Infrastructure, Application Development und Data Analytics zuständig. Hentzschel war zuvor SVP Group Technology bei BMG. - Johannes Claes, ZDF
Seit November 2013 leitet Johannes Claes den Geschäftsbereich Informations- und Systemtechnologie in der Produktionsdirektion des ZDF. Der 49-jährige hat in den zurückliegenden Jahren den Geschäftsbereich Außenstudios im ZDF geleitet. Der Diplom-Ingenieur Claes arbeitet schon seit 1993 in verschiedenen Funktionen für das ZDF. Von 2007 bis 2009 war er Hauptabteilungsleiter Technik beim deutsch-französischen Sender ARTE G.E.I.E in Straßburg. Bei seiner Rückkehr zum ZDF übernahm er zunächst die Leitung des Geschäftsfeldes Berlin und 2011 zusätzlich die Leitung des Geschäftsbereichs Außenstudios. Auf der Agenda von Claes steht die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur. MINT, die Medien-Integrierende-Netzwerk-Technologie, ist eines der Großprojekte. - Andreas Bossecker, NZZ
Der Verwaltungsrat der NZZ-Mediengruppe hat im Juni 2014 Andreas Bossecker (52) zum Leiter Digital und IT berufen. Außerdem wurde er Mitglied der Unternehmensleitung. Er verfügt über langjährige IT- und digitale Produktentwicklungserfahrung im Verlagswesen – unter anderem als CIO und CTO bei der Verlagsgruppe Handelsblatt, wo er neben den Prozessen auch für alle Online-Aktivitäten zuständig war. Anschließend war er maßgeblich als Geschäftsführer am Aufbau und der Entwicklung der circ IT GmbH beteiligt, eine der großen IT-Serviceeinheiten für Verlage im deutschsprachigen Raum. - Markus Hüßmann, Bauer Media Group
Im Hamburger Medienunternehmen Bauer Media Group ist seit Anfang Juli 2018 Markus Hüßmann Chief Technology and Information Officer (CTIO). Der neue CTIO trat dem Unternehmen 2013 zunächst als COO der Digitalsparte Bauer Xcel Media bei, er war dort für die Entwicklung einer internationalen Digitalstrategie verantwortlich. 2015 übernahm Hüßmann das digitale Publishing-Geschäft in Deutschland. - Annette Bittmann, rbb
Annette Bittmann leitet ab Januar 2019 die neu geschaffene Hauptabteilung "Mediensysteme und IT" beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb). In der rund 160 Mitarbeiter starken Einheit bündelt der Sender alle IT-basierten Betriebs- und Serviceaufgaben des Senders. - Norbert Schmidt-Banasch, dpa
Norbert Schmidt-Banasch ist ab Dezember 2018 CIO der dpa-Gruppe. Die Stelle wurde neu geschaffen. Der studierte Informatiker ist und bleibt Geschäftsführer der Hamburger mecom Medien-Communikations-Gesellschaft mbH (Datenlogistik und technische Dienstleistungen), an der die dpa-Gruppe mit 60 Prozent beteiligt ist. - Matthias Moeller, Bertelsmann
Matthias Moeller, CEO der Bertelsmann-Tochter Arvato Systems, ist ab Januar 2019 zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben für die Corporate IT von Bertelsmann verantwortlich. Moeller arbeitet seit 1995 bei Bertelsmann. Nachdem er bereits als Geschäftsführer von Arvato Systems Perdata Mitglied der Geschäftsleitung von Arvato Systems gewesen war, hatte er im April 2016 das Amt des CEO von Arvato Systems übernommen. - Jens Kessler, SWMH
Die Südwestdeutschen Medienholding (SWMH) hat Mitte Januar 2019 mit Jens Kessler (47) einen Chief Technology Officer (CTO) eingestellt. Die Position wurde neu geschaffen. Kessler ist von der Universal Music Group aus Santa Monica, USA, zur SWMH nach Stuttgart gewechselt. Dort hat er seit 2012 als Group CIO die digitale Transformation der Universal Music Group umgesetzt.
Viele technische Barrieren sind inzwischen aufgebrochen, einstige Monopole und die berüchtigten Gatekeeper weitgehend verschwunden. "Früher musste man zu einem Broadcaster gehen, und wenn es geklappt hat, wurde man ausgewählt und ausgestrahlt", blickt Penning zurück. Heute könne jeder seine Inhalte ausstrahlen: Durch User Generated Content bei TikTok, Youtube oder Instagram sind Inhalte zu jeder Zeit und immer dann verfügbar, wenn Menschen ein Bedürfnis nach Unterhaltung haben.
Konkurrenz durch Streaming-Dienste
Doch die sozialen Medien sind nicht die einzigen, die den Medienunternehmen Konkurrenz machen. Hinzu kommen Streamingdienste wie Netflix, AmazonAmazon Prime oder Hulu. Sie bieten Content parallel zu den Fernsehsendern an. Penning: "Die Fernsehsender wurden rechts überholt von jemandem, der einen anderen Distributionsweg nutzt und damit bei Kunden ankommt." Alles zu Amazon auf CIO.de
Die zweite Digitalisierungswelle ist nach seiner Einschätzung geprägt durch eine Jagd nach exklusivem Content, den Anbieter auf ihren Plattformen anbieten können. "Jede Plattform versucht mit dem exklusiven Content, Kunden auf ihr Abo-Modell zu ziehen und damit entsprechend zu wachsen", so Penning. So haben beispielsweise Netflix und Amazon Prime begonnen, selbst Content zu produzieren.
Dieses Angebot hat in den USA dazu geführt, dass sich deutlich mehr Menschen dazu entschieden, ihren Kabel- oder Satellitenanschluss entweder zu kündigen oder nach einem Umzug gar nicht erst einzurichten. Die Zahl der sogenannten "Cord Cutters und Cord Nevers" hat sich laut einem Bericht der auf Media-Analysen spezialisierten Firma nScreenMedia seit 2014 verdreifacht: von 15,6 Millionen auf zirka 50,4 Millionen. Ähnliche Effekte sehe man auch in Europa, beispielsweise in Schweden, berichtet Penning.
Neue Anforderungen an die IT
Das Geschäftsmodell der Broadcaster hat sich dabei weg vom klassischen Werbemodell und hin zu einem Abo-Modell verschoben. Damit verbunden sind große Veränderungen in den internen Prozessen und in Sachen IT-Unterstützung. So steigen die Anforderungen an die IT etwa, wenn im Zuge eines Abo-Modells auf einmal mehrere Millionen Rechnungen pro Monat verschickt werden müssten. "Fernsehsender sind heute vollständig digitale Betriebe, da besteht alles aus IT", sagt Penning. Gerade Portale wie TVNOW seien relativ komplex bezüglich ihrer Anforderungen an die IT.
IT-Nachwuchs dringend gesucht
Entsprechend hoch ist der Bedarf an IT-Fachkräften bei RTL: "Im Gegensatz zu vielen anderen auf dem Markt stehen wir nicht auf der Liste der Top IT-Arbeitgeber", so der CIO. Während Medientechniker früher bei RTL, ProSieben oder dem WDR gearbeitet hätten, konkurrierten Medienunternehmen heute zum Beispiel auch mit den großen Automobilherstellern oder börsennotierten Konzernen wie Bayer. Penning: "Für uns ist es wahnsinnig wichtig, so attraktiv zu sein, dass wir richtig gute Köpfe bekommen. Gerne auch die zweitbesten Köpfe, die sich dann bei uns zu den besten Köpfen entwickeln." Man bemühe sich sehr um eine Arbeitsumgebung, die dafür sorgt, dass IT-Nachwuchskräfte auch bei RTL anfangen möchten.
Local Hero neben Netflix
In der Jagd nach Content und Abonnent*innen verfolgt RTL laut Penning eine "Local Hero"-Strategie: "Wir konzentrieren uns auf den Markt, den wir als deutscher Broadcaster kennen, nämlich auf Deutschland." RTL setze mit TVNOW auf ein reines Streaming-Portal, und nicht auf eine Mediathek. Der Streaming-Dienst mit Abokosten habe nicht den Anspruch, Netflix auf dem deutschen Markt zu ersetzen, sondern mit exklusiven Inhalten einen Platz neben dem mächtigen Konkurrenten einzunehmen.
Während RTL einerseits für eine relativ junge Zielgruppe produziere, die eigentlich nur noch Videos auf Abruf wolle, gäbe es auch eine deutlich ältere Zielgruppe, die sich durchaus noch im linearen Fernsehen zuhause fühle und dort Inhalte konsumiere. "Junge Menschen kennen Video on Demand nicht mehr anders, die werden das auch nicht mehr anders akzeptieren", sagt der RTL-CIO. Dem würden Medienunternehmen sukzessive folgen, mit einem klaren Fokus auf Deutschland und bestimmte Inhalte und Zielgruppen. Dennoch gibt es aus seiner Sicht bestimmte Inhalte, beispielsweise Live-Veranstaltungen wie Fußballspiele, die auch weiterhin nur linear funktionierten. Spielfilme oder Serien hingegen könne man nur als Video on demand erfolgreich anbieten.
Plattformen investieren Milliarden in Content
Um exklusive Inhalte zu produzieren und Abo-Kunden zu gewinnen, investieren vor allem die großen Plattformen viel Geld. Penning nennt die folgenden Zahlen: Netflix gebe sieben bis acht Milliarden Dollar pro Jahr für Content aus. Bei RTL sind es laut seinen Angaben eine bis 1,2 Milliarden. ProSieben investiere ungefähr genauso viel. Bei den Öffentlich-Rechtlichen liege die Investitionssumme zwischen 2,5 und drei Milliarden Euro pro Jahr.
Was bedeutet das für die IT der Medienunternehmen? "90 Prozent des Internet-Traffics, den wir aktuell erzeugen, ist bereits audiovisueller Content", sagt Penning. Netflix habe aktuell knapp zehn Millionen Accounts in Deutschland, bei RTLs Streaming-Portal TVNOW seien es mehr als zwei Millionen, Tendenz steigend. Der Distributionsweg für diese Art von Content funktioniert künftig nur noch mit einer leistungsstarken IT, ist sich der CIO sicher: "On Demand wird der Standard".