Consultant-News


Infrastruktur 3.0

Deutsche Bahn Netz verpasst der IT einen Masterplan

Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Ewald hält nicht viel davon, Lösungen komplett selbst zu entwickeln, die am Markt bereits in hinreichender Qualität verfügbar sind: "Wenn man die technischen Plattformen selbst baut, muss man neben den fachlichen Innovationszyklen zur Sicherung der geschäftlichen Erneuerungskraft auch noch die technischen berücksichtigen", lautet seine Begründung. Und doch bleibt man zwangsläufig immer hinten dran, so möchte man ergänzen. Statt zu entwickeln wird also von der Stange gekauft: "Und was dann noch zur geschäftlichen InnovationInnovation fehlt, bauen wir individuell." Alles zu Innovation auf CIO.de

Mitten in der Finanzkrise

Der Zeitpunkt für den großen Umbau hätte allerdings kaum ungünstiger sein können: Im September 2008, als sich Ewald gerade die ersten konkreten Gedanken über die neue IT-In-frastruktur der DB Netz AGDB Netz AG machte, meldete die Investment-Bank Lehman Brothers Insolvenz an - und damit wurde die weltweite Finanzkrise evident. Kein gutes Klima für Innovationen! Top-500-Firmenprofil für DB Netz AG

Zum Glück stand es für die DB Netz AG - auf allen Hierarchieebenen - außer Frage, dass die IT-Infrastruktur zur Sicherung der Geschäftsfähigkeit dringend notwendig war. "Mein Projektbudget hat sich in den vergangenen sechs Jahren daher schon stark vergrößert", bekennt der CIO, "insgesamt wohl um durchschnittlich 30 Prozent pro Jahr."

Finanzierung über Leuchtturmprojekte

Die für die neue Infrastruktur notwendigen Investitionen wurden auf ein knappes Dutzend "Leuchtturmprojekte" verteilt. Dabei handelt es sich durchweg um Ersatzinvestitionen, die ohnehin anstanden: "Damit konnten wir Aufbau und Betrieb des IT-Baukastens finanzieren", berichtet der CIO. Zur Industrialisierung der Fahrplanprozesse beispielsweise ist eine neue, integrierte Infrastruktur unabdingbar. Daher ist es langfristig wohl richtig, gleich Strukturen zu schaffen, die sich auch für andere Anwendungen nutzen lassen.

Selbstredend erfordert ein solches Vorgehen sorgfältige und langfristige Investitionsplanung. Auch das dafür unerlässliche Vertrauen musste sich Ewald erst einmal verschaffen. Das tat er, indem er die Leistungsfähigkeit seiner Organisation auf den Prüfstand stellte und nachwies, dass er das höhere Budget nicht etwa benötigte, um eventuelle Ineffizienzen zu überdecken.

Hinzu kam, dass sich der IT-Chef traute, ein "Wertversprechen" abzugeben: "Wenn die neue Infrastruktur steht und die vorgesehenen Prozesse eingehalten werden (beispielsweise eine Aris-konforme Modellierung der abzubildenden Geschäftsabläufe), werden die neuen Anwendungsprojekte nicht nur viel zügiger fertiggestellt, sondern auch noch deutlich preisgünstiger ausfallen."

Mittlerweile ist ein Großteil des IT-Masterplans abgeschlossen: Das Domänenmodell wurde 2010 fertiggestellt, 2011 folgte der Bebauungsplan, und seit Ende 2012 verfügt die DB Netz AG über einen IT-Baukasten, der digitale Bausteine für die ProjekteProjekte bereitstellt - bereits für viele der mehr als 20 Inbetriebnahmen im Jahr, wie Ewald verrät. Erste Anwendungsprojekte wurden also auf dieser Basis bereits abgeschlossen. Im übernächsten Jahr soll der IT-Masterplan dann nahezu komplett stehen. Alles zu Projekte auf CIO.de

Dass sein Wertversprechen keine Worthülse ist, konnte Ewald auch schon nachweisen - anhand des Projekts zur "Anbindung der Trassenbestellung an die europäischen Nachbarländer". Nach Angaben des CIO verkürzte sich die Projektlaufzeit dank der neuen Struktur auf fast die Hälfte der sonst üblichen Zeit; die Entwicklungskosten betrugen letztlich nur 60 Prozent der früher zu veranschlagenden Aufwände; der Projektumfang ließ sich gleichzeitig um 40 Prozent erweitern; die Reaktionszeit im Änderungsfall war ebenfalls deutlich kürzer als in vorangegangen Projekten. Damit wäre wohl der Nachweis erbracht, dass der IT-Masterplan beziehungsweise die darauf aufbauende Infrastruktur eine tragfähige Grundlage für die Digitalisierung des Geschäfts bildet.

Zur Startseite