Kleine Niederlassungen
Die Angst vor dem Outsourcing
"Man hat uns lediglich mitgeteilt, dass die komplette Infrastruktur ausgelagert werde, und dass jeder Mitarbeiter das zu unterstützen habe!" Das berichtet ein Manager, der für ein großes Unternehmen tätig ist - allerdings in der Niederlassung eines nicht besonders großen Landes.
Der US-Berater Gartner präsentiert dieses Zitat in seinem Papier "Engage early to survive when your small entity becomes part of a big outsourcingoutsourcing deal". Tenor: Unternehmen müssen große Outsourcing-Projekte zentralisieren, dürfen aber ihre "kleinen" Standorte nicht vernachlässigen. Alles zu Outsourcing auf CIO.de
Gartner will die Verantwortung dafür aber nicht allein den Entscheidern in der Zentrale geben. Die Manager in den kleineren Niederlassungen seien gefordert, sich aktiv zu informieren und gegebenenfalls ihre Forderungen zu stellen.
Die Sorgen kleiner Niederlassungen
Nach Beobachtung von Gartner hegen kleinere Standorte bei großen Outsourcing-Deals vor allem diese Befürchtungen:
Nicht berücksichtigt zu werden: Ihre spezifischen Erfordernisse könnten untergehen.
Zu wenig Customisierung: Unternehmensweite StandardisierungStandardisierung könnte dazu führen, dass kleine Niederlassung die nötige Customisierung nicht mehr erhalten. Alles zu Standardisierung auf CIO.de
Irrelevant zu werden: Die Angst vor der Bedeutungslosigkeit kann eine komplette Niederlassung demotivieren.
Keinen Zugang zum Dienstleister zu haben: Werden Service Provider zentral gemangt, fürchten abgelegene Unternehmensbereiche, keinen direkten Kontakt zum Provider zu haben.
Steigende Kosten: Ziel großer Auslagerungs-Projekte ist üblicherweise das Senken von Kosten. In der Summe sollte das auch eintreten, allerdings können die Kosten gerade für Standorte in Niedriglohn-Ländern auch steigen.
Verlust an Agilität: Zentralisierung kann Entscheidungswege verlängern. Kleine Standorte befürchten den Verlust ihrer Agilität.
Verschlechterung der Kundenbeziehungen: Kleine Niederlassungen, die sich über die Jahre auf ihren spezifischen Markt mit seinen Kunden eingestellt haben, fürchten um diesen Vorteil, wenn sie sich übergreifenden Standards anpassen müssen.
Die Befürchtung der Langsamkeit: Weil bloß ein kleiner Standort, kommt Support bei uns zuletzt an, so eine weitere Sorge.
Wie berechtigt solche Gedanken sind, lässt sich laut Gartner durchaus mit Beispielen belegen. So habe eine Schweizer Bank beschlossen, die Infrastruktur weltweit einem einzigen Dienstleister zu übergeben. Es zeigte sich jedoch, dass das geplante Governance-Modell auf die Region Asia/Pazifik nicht anzuwenden war.
Das Geschäft funktioniert dort sehr viel agiler als in Europa und den USA. Weil die Bank die dortigen Niederlassungen früh genug in den Outsourcing-Prozess einbezogen hatte, konnten rechtzeitig die nötigen Korrekturen vorgenommen werden.
- Die zehn teuersten Outsourcing-Fehler
Eine interne Studie von ISG (Information Service Group) hat die 10 „teuersten“ Fehler im Rahmen globaler Transformationen zusammengestellt und mögliche „Lessons Learned“ für andere Projekte in dem „ISG IT-Infrastructure Transformation Fahrplan“ zusammengefasst. Dies beinhaltet den gesamten Verlauf einer Transformation, inklusive möglicher Sourcing-Transaktionen. - Der Vertrag
Beistell-Leistungen aller Parteien müssen im Vertrag im Detail dokumentiert sein und über die gesamte Transformation laufend gemessen werden – auch ein fertiger Outsourcing-Vertrag wird weiter verhandelt! - Change-Management
Das zukünftige Betriebsmodell und die Vision der Transformation (Future Mode of Operation – FMO) wird in der Organisation nicht ausreichend durch Change Management verankert und bringt Widerstand auf allen Mitarbeiterebenen. - Vorteile darstellen
Benefits der Transformation verschwinden schnell aus dem Bewusstsein der Stakeholder und werden am Ende nicht mehr der Transformation zugeordnet – sehr wohl aber die Fehler in der Service Delivery. - Schlechte Verzahnung
Parallele Projekte und Linienarbeit sind nur unzureichend mit der Transformation verzahnt und verschwenden damit unnötig Ressourcen, Budget und Zeitpläne. Risiken werden nur selten ganzheitlich und eher pro Initiative gemessen, während das Business zeitgleich alle Transformations- und Linien-Initiativen mit den gleichen Mitarbeitern bearbeitet. - Die Übergabe der Transformation in den Betrieb
Oftmals fehlt der Betriebsorganisation die Nähe zum Projekt und die Übergabe erfolgt zu schnell. Viele offene Punkte bleiben für die Mitarbeiter im Betrieb ungeklärt, was zu Konflikten führen kann. - Partnerschaften
Jegliche kommerziellen Verhandlungen gilt es durch das Vertrags-Management vom operativen Projektgeschäft zu trennen. Projektteams sollten sich auf die Erfüllung der Projektziele konzentrieren und Empfehlungen abgeben. Das Vertrags-Management kümmert sich hingegen um die kommerziellen Aspekte, bei denen auch einmal mit härteren Bandagen gekämpft werden darf. - Alte Verträge und Services (Ramp Down)
Oft gerät in der Transformations-Aktivität die fristgerechte Kündigung bestehender Verträge in Vergessenheit und Services werden nicht entsprechend heruntergefahren. Wird dieses Thema vernachlässigt, rechnet sich möglicherweise das Projekt nicht mehr. - Unklare Governance und Entscheidungswege
Nur wenn das Thema klar beschrieben und entsprechend in der Kunden- und Providerorganisation gelebt wird, kann die Transformation mit realistischen Zeitplänen durchgeführt werden, sonst entstehen, neben einer Verzögerung, zusätzliche nicht steuerbare Abhängigkeiten. - Andere Länder, andere Sitten
Was in Deutschland gut ist, muss in den USA oder Spanien noch lange nicht funktionieren. Viele Unternehmen vernachlässigen bei der Einführung globaler Services immer noch die Gegebenheiten lokaler Märkte. So zum Beispiel regulatorische Anforderungen, unterschiedliche Kulturen oder auch spezielle rechtliche Herausforderungen. - Standardisierung
Am Anfang steht ein Standard. Wieviel wird davon aber am Ende eingehalten oder doch den Anforderungen des lokalen Business zu Gunsten verworfen? Globale Business Case bauen in der Regel auf Standards – fehlende Governance verhindert an vielen Stellen noch heute bis zu 20 Prozent höhere Standardisierung durch globale Transformationen.
Drei Ratschläge für Niederlassung und Zentrale
Die Berater wollen es denn auch nicht bei der Aufzählung dieser Befürchtungen belassen. Sie sehen alle lokalen Entscheider in der Bringschuld. Konkret heißt das Dreierlei:
Kleine Niederlassungen müssen unternehmensweiten Outsourcing-Projekten zumindest neutral gegenüberstehen und sich aktiv informieren. Mit Blick auf die Zentrale fordert Gartner, dass die dortigen Entscheider Daten darüber einholen, wie jeder einzelne Unternehmensbereich betroffen sein wird.
Aufgabe der kleinen Standorte ist es, das Minimum ihrer lokalen betrieblichen und geschäftlichen Anforderungen zu definieren. Die Zentrale wiederum muss frühzeitig entscheiden, welche Freiheitsgrade sie zulässt.
Manager der kleinen Niederlassungen sollten feststellen, in welchen Bereichen ein unternehmensweites Auslagerungs-Projekt ihnen Vorteile bringt, und wie sich das in die Outsourcing-Strategie einbinden lässt. Auf der anderen Seite muss auch die Zentrale darauf achten, lokale Change-Initiativen unterstützen.
Eines muss den Managern kleinerer Standorte klar sein, so Gartner: Ist ein unternehmensübergreifendes Outsourcing-Abkommen beschlossen, wird es umgesetzt - ob mit oder ohne sie.