Projekte


Zukunft der Banken

Die Innovationsprojekte der Commerzbank

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.
CIO Stephan Müller hat 400 Millionen Euro aus dem Etat gespart. Jetzt will die IT wieder innovativ werden. Der IT-Chef berichtet über seine Projekte.
Stephan Müller ist CIO der Commerzbank.
Stephan Müller ist CIO der Commerzbank.
Foto: Commerzbank

Stephan Müller ist seit 2012 CIO der Commerzbank. 400 Millionen haben er und seine Kollegen seitdem aus dem IT-Budget geschwitzt. Jetzt wollen sie wieder innovativ werden. In welchen Bereichen, darüber sprach CIO-Chefredakteur Horst Ellermann mit dem Bereichsvorstand.

Herr Müller, Sparprogramme sind langweilig. Trotzdem kurz die Frage: Sind Sie mit ihrem fertig?

2013 gab es noch Nachbereitungen, aber im Wesentlichen haben wir jetzt alles umgesetzt. Das war eine schwierige Zeit, denn wir mussten auch an das Thema Stellenabbau ran. Wir haben die Zahl der externen Mitarbeiter um rund zwei Drittel reduziert, der interne Stellenabbau fiel deutlich geringer aus.

Was waren sonst noch Nachbereitungen?

Wir haben Right-Sizing betrieben. Wenn Sie zwei Banken zusammenlegen, dimensionieren Sie die IT im Zweifel einen Tick zu groß. Niemand will schließlich an CPU-Zeiten scheitern.

400 Millionen Euro gespart

Sie haben 400 Millionen Euro eingespart. So etwas lähmt den Erfindergeist. Wie wollen Sie jetzt wieder mit Innovationen anfangen?

Hätten wir die 400 Millionen nicht geschafft, hätten wir auch keine neuen Innovationsprojekte aufsetzen können - wie zum Beispiel unser Future Lab für das Privatkundengeschäft. Da denken jetzt zum Teil bis zu 20 Mitarbeiter nur über Innovationen nach. Und dahinter gibt es natürlich noch jede Menge Mitarbeiter, die die Ideen spezifizieren, die Releases umsetzen und programmieren.

Photo-TAN, Videoberatung und die erste App

Welche Innovationen finden Sie besonders spannend?

Am dankbarsten sind die ProjekteProjekte, bei denen auch der Kunde sieht, dass bei uns etwas passiert. Da denke ich vor allem an die Photo-TAN, die wir zusammen mit Forschern der Cambridge University entwickelt haben. Ich denke aber auch an neue Filialen mit Videoberatung und Videokasse oder an unser neues Online-Portal. Alles zu Projekte auf CIO.de

Fangen wir hinten an: Was hat sich online getan?

Wir haben zum Beispiel im Januar unser neues Online-Portal gestartet. 80 Prozent der Kunden, die das neue Portal zum ersten Mal genutzt haben, sind direkt dort geblieben. Das ist ein sehr guter Wert. Das hatten wir im ersten Schritt gar nicht erwartet. Und wir haben im Mai die erste App eingeführt, die eigens für TabletsTablets entwickelt wurde. Alles zu Tablets auf CIO.de

Die entscheidenden Front-Ends sind wahrscheinlich mobil, oder?

Wenn im Hintergrund das Online-Banking sitzt, können Sie relativ schnell verschiedene Apps oben draufsatteln. Wir können mittlerweile in zwei Monaten Apps umsetzen. Und die sind gut: Unsere Tablet-App ist auf Platz eins der Downloads gelandet. Mir persönlich gefällt die Tablet-App jetzt sogar etwas besser als die Website auf dem Computer.

Ist das eine native App?

Überwiegend ja. Technisch gesehen wäre uns eine reine Umsetzung in html5 aufgrund der Plattformunabhängigkeit lieber gewesen, aber in der Bedienbarkeit müssen Sie dabei derzeit noch zu große Abstriche machen. Unter Kostengesichtspunkten muss man sich das schon ganz genau überlegen, welche Endgeräte man bedienen will. Man kann alles machen, aber das kostet eben.

Welche Systeme müssen wir in Zukunft unterstützen?

Viele. Wir testen zum Beispiel gerade Smartwatches.

"Ich habe html5 noch nicht aufgegeben"

Was raten Sie einem Unternehmen, das mit seinen mobilen Websites nicht leading edge sein muss?

Ich habe html5 noch nicht aufgegeben. Wer keine besonderen Geräte-Features nutzen will, für den sollte das eigentlich reichen.

Als zweite Innovation nannten Sie eben die neuen Filialen. Was genau ist an denen neu?

Zunächst: Wir müssen weg von der alten Denke, bei der es auf der einen Seite das Filialgeschäft gibt und auf der anderen Seite das Digitalbanking. Es geht hier nicht um Entweder-oder. Die Kunden wollen einfach beides. Wir verbinden deshalb Online- und das Filialgeschäft. Und wenn beides auf derselben Plattform läuft, müssen wir Änderungen an den Beratungs-Tools in der Filiale nicht zusätzlich vornehmen.

Mit welchen Innovationen wollen Sie beide Welten zusammenbekommen?

Unser Vorbild sind die Apple-Shops, in denen der Berater zu Ihnen kommt. Da geht man dann gerne rein. Die Videokasse bietet persönlichen Service auch außerhalb der Öffnungszeiten, zum Beispiel am Wochenende. Wenn ein Kunde in die Filiale geht, dann ja häufig nur an den Geldautomaten, wo ihn die Berater gar nicht erreichen. Wir testen gerade, den Selbstbedienungsbereich stärker in die Filiale zu integrieren.

Funktioniert das?

Wir haben vier Pilotfilialen in Stuttgart und Berlin eröffnet. 2015 werden die Ergebnisse ausgewertet.

Was können Sie denen aus IT-Sicht Gutes tun?

Wir testen auch die Giro- und Kreditkarte sofort zum Mitnehmen. Die Kreditkarte ist bereits nach zwei Stunden, die Girokarte am nächsten Werktag einsetzbar. Das überrascht viele Kunden, da die Karte sonst erst viel später per Post ankommt und sie dann noch einmal auf die PIN warten müssen.

Skepsis bei NFC und Bitcoins

Gibt es noch andere Technologien, die im Bankensektor für positive Überraschungen sorgen? Wird NFC, also Near Field Communication, den Markt noch mal aufmischen?

Ich sehe das mit großer Skepsis. Die Technologie als solche ist okay. Aber das Gefühl, dass mir jemand Daten abzieht, ohne dass ich es merke, das ist nicht gut. Die Sicherheit der Kundendaten hat bei uns einfach höchste Priorität.

Also keine Chance für NFC?

Ich vergleiche das mal mit der Geldkarte. Da fehlt auch die überzeugende App.

Und Mobile Payment?

Sie meinen Bitcoins und andere - auch da bin ich skeptisch. Für Handelsplattformen kann es interessant sein, solche Mobile-Payment-Lösungen zu etablieren oder auch selbst zu entwickeln, weil der Kunde so insgesamt ein schönes Einkaufsgefühl bekommt. Aber der Bezahlvorgang an sich ist ja nicht das Tolle am Einkauf. Als Bank können Sie da generell nicht gut punkten. Und als einzelne Bank kommen Sie schon gar nicht mehr in Markt rein.

Könnte ein deutsches Bankenkonsortium eine eigene Mobile Payment Lösung etablieren?

Auf jeden Fall benötigen Sie eine kritische Masse, und dafür sind Kooperationsansätze unabdingbar.

Unternehmensdaten der Commerzbank

Unternehmen

Commerzbank

Bilanzsumme

574 Mrd. Euro

Standort

Frankfurt

Mitarbeiter

rund 52.000

CIO

Stephan Müller

IT-Mitarbeiter

3500

IT-Budget

ca. 1,2 Mrd. Euro

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