Wie Millennials arbeiten
Die neue Diktatur der Offenheit
Hier zeigt sich eine Diskrepanz zwischen der aktuellen Diskussion um anonyme Bewerbungen und der Mediennutzung sehr junger Leute. Sexuelle Präferenzen, Hobbys - sie finden nicht, dass das keiner wissen darf. Dazu Zukunftsforscher und Blogger Stowe Boyd: "Totale Offenheit wird Privatheit ersetzen. Privatheit wird altmodisch, so als ob jemand mit Hut und Handschuhen in die Kirche geht."
Die Studie betont die Vorteile dieser propagierten Offenheit - nicht nur für den Nachwuchs. So berichtet ein New Yorker Professor, er habe in Blogs von seiner Erkrankung an Prostatakrebs berichtet und sehr viel Ermutigung und wertvolle Tipps bekommen. Die Potenzmittel-Werbungen habe er eben in Kauf genommen.
Immerhin: Die Studienautoren lassen auch Nathaniel James von Mozilla zu Wort kommen. Er glaubt, dass die übernächste Generation - also nach den Millennials - wieder etwas zurückhaltender sein wird. Niemand solle irgendwann überrascht sein, wenn seinen Kindern Suff-Bilder der Eltern peinlich sind, sagt James.
Nicht jeder will die totale Offenheit
Das knüpft an eine Studie der Nielsen Company an, die im Auftrag von MTV und Volkswagen junge Web-Nutzer aus zehn Industrieländern befragt hat. Deren Resultate lesen sich differenzierter als die Pew-Studie. Nielsen kam zu dem Schluss, dass zwölf Prozent der Befragten als sogenannte Nobuddies nie in sozialen Netzwerken engagiert waren oder nach schlechten Erfahrungen wieder ausgestiegen sind. Schutz der Privatsphäre ist diesen jungen Menschen wichtig. Weitere 17 Prozent bezeichnet Nielsen als Skipits, die social Networks skeptisch gegenüber stehen.
Auch bei Nielsen bleiben Zweifler jedoch in der Unterzahl. Der Pew Charitable Trust bezeichnet die Millennials als erste ständig vernetzte Generation der Geschichte. Susan Crawford von der Universität Michigan, eine zeitweilige Mitarbeiterin von US-Präsident Barack Obama, sagt: "Wer nicht digital ist, verpasst entscheidende Chancen in Bildung und Wirtschaft."